: Frauenhaus ohne Bleibe
■ PDS-Bürgermeister von Marzahn kündigte Mietvertrag
Das 4. Autonome Frauenhaus hat am Montag überraschend eine Kündigung seiner Räume erhalten. Dem Projekt ging per Boten „kommentarlos“ eine von Bezirksbürgermeister Harald Butler (PDS) persönlich unterzeichnete Kündigung zum Jahresende zu, teilte eine Mitarbeiterin gestern mit. Damit drohe den Zuflucht suchenden Frauen und deren Kindern nach Ablauf des Jahres der Rausschmiß.
Die Einrichtung sei schon vor einiger Zeit darüber informiert worden, daß das Bezirksamt die Räumlichkeiten selbst nutzen wolle, sagte die Mitarbeiterin. Dort soll künftig das Jugendamt untergebracht werden. Doch sei auch zugesichert worden, daß ausreichend Zeit für die Suche nach einem geeigneten neuen Objekt zur Verfügung stehen werde. Erst vor kurzem habe die Marzahner Gleichstellungsbeauftragte von der Bezirksverordnetenversammlung den Auftrag erhalten, ein geeignetes Haus ausfindig zu machen.
Bislang sei der Bezirk nicht in der Lage gewesen, ein geeignetes Ausweichobjekt anzubieten. Das Angebot, ein Gebäude in einem Gewerbegebiet zu beziehen, hatten sowohl die Senatsverwaltung als auch die Mitarbeiterinnen des Frauenhauses abgelehnt.
In der überbezirklichen Einrichtung in Marzahn werden derzeit 60 Frauen und Kinder betreut. Seit seiner Gründung im Jahr 1990 hat das Frauenhaus, das nach der Wende vom Bezirk selbst ins Leben gerufen und im Januar 1992 in die Trägerschaft eines Frauenvereins übergeben wurde, mehr als 2.000 mißhandelten Frauen und deren Kindern vorübergehend Unterschlupf gewährt.
Die Mitarbeiterinnen des Frauenhauses appellierten an den Bürgermeister, entweder ein geeignetes Ausweichobjekt zur Verfügung zu stellen oder die Kündigung zurückzunehmen. Gleichzeitig wenden sie sich an die Öffentlichkeit mit der Bitte um Hilfe bei der Suche nach einem neuen Haus. Sie sind dankbar für jeden Hinweis auf Objekte ab etwa 1.000 Quadratmeter Fläche im Ostteil der Stadt.
Hinweise können schriftlich an den Verein zum Schutz physisch bedrohter Frauen und ihrer Kinder, Tasdorfer Straße 24, 10365 Berlin, gegeben werden.
PDS-Bürgermeister Butler war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Für den Abend war ein Gespräch über das Frauenhaus angeberaumt. taz/ADN
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