Frauenfußball-Bundesliga gegen DFB: Klubs lassen Muskeln spielen
Das geplante Joint Venture der Klubs mit dem DFB wackelt. Der Frauenfußball tut gut daran, sich nicht mehr auf den DFB zu verlassen.
Die 14 Vereine der 1. Frauen-Bundesliga möchten den DFB nicht mehr dabeihaben, wenn sie sich am Mittwoch, 10. Dezember, formal neu ordnen. So einhellig und deutlich die Aussagen der Club-Verantwortlichen, so schmallippig reagierte der Verband. Womöglich hat man sich verhoben, ausgerechnet in der Woche der Feierlichkeiten über den EM-Zuschlag.
Alle 14 Klubs sendeten ihre Pressemeldungen am Donnerstag binnen weniger Minuten aus, der Inhalt nicht deckungsgleich, aber ähnlich. Man habe „in einem Klima großen Vertrauens zusammengearbeitet“, so der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern München, Jan-Christian Dreesen. Die geplante Gründung des neuen Verbandes, der Frauen-Bundesliga FBL e. V., sei ein wichtiger Professionalisierungsschritt, weil die Klubs „damit einstimmig ihren Willen zum Ausdruck bringen, sich gemeinschaftlich stärker zu professionalisieren“, heißt es von Axel Hellmann, Vorstandssprecher Eintracht Frankfurt. Ralf Kellermann, Direktor Frauenfußball des VfL Wolfsburg, betont: „Umso enttäuschender ist es, dass zentrale Vereinbarungen mit dem DFB aus unserer Sicht nicht ausreichend berücksichtigt wurden.“
Es geht um Geld und es geht um Macht, genauer: Stimmmehrheiten. Demnach soll der DFB diesbezüglich nochmals an bereits getroffenen Abmachungen rütteln wollen. Bezüglich der Finanzierung war man auf Klubseite wenig angetan von der Kommunikation: Im Vorfeld des Bundestages Anfang November hatte der alte und neue DFB-Präsident Bernd Neuendorf die rund 100 Millionen Euro öffentlichkeitswirksam eingesetzt, die der DFB in den Frauenfußball investieren wolle. Ein bisschen klang das nach einseitiger Rettungstat vonseiten des DFB.
Die Summe beeindruckt, fließen soll sie allerdings über einen Zeitraum von acht Jahren, in dem die Vereine ihrerseits laut Hellmann 300 bis 700 Millionen investieren werden. Nur einer der Gründe, warum manch Vereinsverantwortlicher in den Gesprächen der Klubs immer mal wieder die Frage stellte, ob man den Weg nicht ohne den DFB gehen wolle.
Gründung geplatzt
An der generellen Einigkeit änderte das nichts. Es gab eine Mehrheit dafür, als FBL e. V. ein Joint Venture mit dem DFB zu gründen: die FBL GmbH. Weshalb der DFB nach den jüngsten Meldungen der Klubs förmlich darauf hinwies, eine Beteiligung am Ligaverband sei ohnehin nie geplant gewesen. Inhaltlich ist das richtig. Fürs Erste geplatzt ist die Gründung des Joint Venture in einem Rutsch mit dem FBL und gefolgt von gemeinsamen Statements am 10. Dezember aber eben schon. Diese Gründung hatte Neuendorf selbst beim DFB-Bundestag angekündigt.
Apropos DFB-Bundestag, dort wurden für Verband und Joint Venture bereits die Weichen gestellt durch Satzungsänderungen, die den FBL e. V. zum DFB-Mitglied machen. Allerdings zunächst ohne Stimmrecht – auch ein Thema, mit dem nicht alle Klubs glücklich waren, sich aber fügten im Dienste der Sache. Die da wäre, dem Frauenfußball in Deutschland speziell auf Ligaebene derart auf die Sprünge zu helfen, dass dieser international nicht komplett den Anschluss verpasst. An den Plänen wird mittlerweile seit drei Jahren gewerkelt.
Es scheint den DFB nun kalt zu erwischen, dass die Vereine Muskeln zeigen, nachdem es zuvor das Bekenntnis zur Zusammenarbeit gegeben hatte. Schaut man in die wechselhafte Historie von Verband und Frauen, möchte man den Klubs aber zu ihrem deutlichen Schritt gratulieren und raten, dabei zu bleiben. Finanzen und Machtgerangel haben das Wachstum des Fußballs der Frauen im DFB schon in der Vergangenheit aufgehalten, nicht nur, weil der Verband ihnen in seinen Vereinen von 1955 bis 1970 das Fußballspiel verboten hatte.
Die 15 verlorenen Jahre wurden ebenso wenig aufgearbeitet, wie Spielerinnen, auf deren Schultern spätere Generationen stehen, Anerkennung erfahren haben. Bis heute wird in der Erzählung des Verbandes zum Frauenfußball suggeriert, dieser existiere erst seit 1970. Die Förderung von Frauen im Verband wird gern beschworen, sinkende Quoten beispielsweise im Präsidium aber mit Achselzucken quittiert, gerade so, als habe man nichts damit zu tun.
Frauen im Fußball ebenso wie der Frauenfußball tun gut daran, sich auf den DFB nicht zu verlassen. Neu ist hingegen, dass immer mehr Männerlizenzvereine mit ihren Frauen in der 1. Liga spielen und so Eigeninteressen haben. Die sie nicht mit ausgefahrenen Ellenbogen vertreten, sondern im Einklang mit den kleineren Klubs. Das verschiebt Kräfteverhältnisse. Zwar wäre man auch in dieser Einigkeit interessiert am gemeinsamen Weg mit dem DFB. Abhängig ist man aber nicht mehr davon. Die Zeiten haben sich geändert.
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