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FrauenboxenNach dem Durchbruch

Ex-Weltmeisterin Regina Halmich boxt wieder gegen Stefan Raab. Früher machte das ihren Sport bekannt. Heute droht der Rückfall zum Kirmesboxen.

2001 traf Regina Halmich zum ersten Mal auf Stefan Raab, genauer: auf seine Nase Foto: Vennenbernd/dpa

Als Regina Halmich zum ersten Mal im Boxring auf den TV-Entertainer Stefan Raab traf, war sie amtierende Profi-Weltmeisterin. Das war 2001, vor 23 Jahren. Doch kaum jemand kannte damals die Frau, die im Jahr 1994 die erste Deutsche mit einer Profiboxlizenz war. Niedrige Börsen, keine Fernsehübertragung. Frauenboxen galt als Sportart minderer Güte.

In diesem ersten Kampf gegen Stefan Raab, den der TV-Sender Pro7 vermarktete, gab es für den Entertainer einen Nasenbruch, für Halmich war es der Durchbruch. Nach sieben Jahren hartem Kampf im Berufsboxen war es ausgerechnet die Rückkehr der renommierten Weltmeisterin ins halbseidene Milieu, die Halmich die bislang verwehrte Popularität verschaffte.

Unmittelbar danach wurde sie erstmals Hauptkämpferin im ZDF, das heißt: Sie war diejenige, deren Kampf live übertragen wurde. Die Paradoxie, dass die Weltmeisterin erst Anerkennung fand, als sie sich einmal als Kirmesboxerin zeigte, war Halmich immer bewusst. Aber, so sagte sie damals, „ich habe gelernt, zu akzeptieren, dass die Menschen auf solche Formen der Unterhaltung stehen“. Heute sagt sie, diesem Showkampf habe sie ihre Bekanntheit zu verdanken – „selbst in Kreisen, die nichts mit Boxen am Hut haben“.

Ihren letzten Kampf als Profiboxerin, im November 2007 sahen 8,8 Millionen ZDF-Zuschauer. Doch im März 2007, als das Ende ihrer Profikarriere bereits feststand, trat sie noch einmal gegen Stefan Raab in den Ring. Anders als 2001 war es diesmal ein Punktsieg, kein K. o., aber dieser zweite Raab-Kampf diente ja vor allem dazu, ihre Karriere nach dem Profisport vorzubereiten.

Die Paradoxie, dass die seriöse Boxerin erst anerkannt wurde, als sie sich als Kirmesboxerin zeigte, war Halmich bewusst

Ein paar kurze TV-Auftritte folgten, einmal war sie Kandidatin bei „Let’s dance“ von RTL. Aber so oft wie ihr boxerisch wesentlich erfolgloserer Berufskollege Axel Schulz war sie nicht im Fernsehen. Mit Vorträgen und Moderationen verdient sie Geld, ihre Kampfbörsen hat sie gut angelegt. „Ich bin nach meinem Karriereende beim Boxen eine gut verdienende Unternehmerin geworden“, verriet sie jüngst.

Es geht nur um Raabs Comeback

Nun wartet wieder ein Zahltag auf Halmich, 17 Jahre nach ihrem Karrierende. In Düsseldorf tritt sie wieder zum Kirmesboxen gegen Stefan Raab an. Diesmal auf RTL, und diesmal soll es nicht Halmich zur Anerkennung bringen, sondern dem aus dem Ruhestand zurückkehrenden 57-jährigem Fernsehstar das Comeback ermöglichen. „Der Kampf ist Raabs Ass im Ärmel, ein Markteintritt für ‚Raab‘-Entertainment“, schreibt die Zeit über die Pläne des TV-Unternehmers, der eine nach sich selbst benannte Produktionsfirma gegründet hat. Von „Millionenverträgen“, die mit Raabs Firma ausgehandelt wurden, berichtet die Bild-Zeitung.

Boxerisch also noch unbedeutender als die ersten zwei Kämpfe der beiden, könnte man vermuten. Doch indem Halmich dieses Mal nicht als Repräsentantin des Profisports in den Ring tritt, droht der Kampf insgesamt, das Frauenboxen zurückzuwerfen. Raab selbst kam gar nicht auf die Idee, eine der aktiven Profiboxerinnen in Deutschland zu fragen. Nina Meinke aus Berlin etwa, die am 21. September einen Titelkampf hat, oder Christina Hammer aus Dortmund, die Ex-Weltmeisterin, die sich derzeit wieder an die Weltspitze heranboxt.

Kurz gesagt: Wenn die 46-jährige Halmich gegen Stefan Raab boxt, hat das Frauenboxen gar keine Chance, sich als Sport zu präsentieren und durch gute Leistung sich Respekt zu erkämpfen. Es droht – medial zumindest – ein neuer Ausschluss, eine neue Form des Lächerlichmachens.

Frauen boxen schon so lange wie Männer. Aus dem 18. Jahrhundert sind Kampfberichte überliefert, da boxen Frauen gegen Frauen und manchmal gegen Männer. Gerade ethnische und religiöse Minderheiten nutzten die Vorformen des Sports. Mit der Etablierung des organisierten Sports wurden Frauen aus den Boxringen vertrieben: zu gefährlich, nicht feminin, die Gebärfähigkeit beeinträchtigend – keine Behauptung war zu dumm. 1921 wurde es in Deutschland für Amateurinnen, 1925 für Profis ganz offiziell verboten. Frauen, die doch boxen wollten, wurden auf Rummelplätze und in Varietés gedrängt.

Regina Halmich sagt heute: „Jetzt bin ich keine Weltmeisterin mehr und auch nicht mehr aktiv, jetzt bin ich eine Privatperson. Und als diese steige ich auch in den Ring.“ Das Problem dabei: Halmich gilt weiterhin als das Gesicht des professionellen deutschen Frauenboxens. So droht dieser Kampf den Sport, den sie früher betrieb, auf den Rummel zu führen.

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11 Kommentare

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  • Das war eben eine Freizeitsport- Fernseh-Show Veranstaltung, nicht mehr und nicht weniger. Wenn da eine amtierende Deutsche Meisterin in derselben Gewichtsklasse wie Halmich angetreten wäre, dann hätte die Visagistin von Raab ganz schön viel mehr Arbeit gehabt. Ausserdem--Die Einschaltquote sagt alles. den Mist will man halt sehen...

  • Das alles war doch nur eine rießige PR-Aktion von RTL um Abos für RTL+ zu verkaufen. Lock die Menschen mit viel Geld und alle die noch nicht gewonnen haben schaun zu, wie's geht und wie und ob man gewinnen kann. Eine Million zieht schon.

  • "Wenn die 46-jährige Halmich gegen Stefan Raab boxt, hat das Frauenboxen gar keine Chance, sich als Sport zu präsentieren und durch gute Leistung sich Respekt zu erkämpfen"

    Mal ne ernstgemeinte Gegenfrage. Wenn ihr das für ne Kirmesveranstaltung haltet und schädlich für das Frauenboxen. Warum finde ich das dann hier unter der Rubrik "Sport"? Und nicht adort, für was der Event gedacht ist. Ganz banale Samstagabendunterhaltung.

  • Ich habe weder den ersten Kampf gesehen, noch werde ich mir den zweiten angucken. Fällt für mich in die Kategorie Dschungelcamp und hat mit Sport nichts am Hut.



    Frau Halmich wird vom Autor in Genderhaft genommen, dass sie ja als Frau auch immer den Frauenboxsport vertritt. Nein, auch eine Frau kann wenn sie (höchstwahrscheinlich für viel Geld) bei so einem Trashformat mitmachen will als eigenständige Person dran teilnehmen #Selbstbestimmung

  • Der einzige Boxkampf, den ich mir angucke.

  • Das war von Anfang an Kirmesboxen. Eine Weltmeisterin die nicht in der Lage war, einen nicht besonders sportlichen Moderator auszuknocken war doch auch schon Laienschauspiel.

  • "Heute droht der Rückfall zum Kirmesboxen"



    Wohl wahr. Jegliches Raabs hes Entertainment ist exakt auf diesem Prinzip aufgebaut. Was als "origineller Wettbewerb" von H. Raab bis jetzt angeboten aka "für jede Menge Geld an das Unterschicht-TV verhökert" wurde, appelierte immer an die niederen menschlichen Instinkte. "hoffentlich fliegt er aus der Kurve, hoffentlich tut er sich weh, hoffentlich fließt Blut" plus infantiler Pipi-Kaka Humor und Klamauk.

    Gruß



    Fritz

  • Der Autor des Artikels hat leider eine etwas kurze Sicht auf das Spektakel. Er reduziert das Event auf das Frauenboxen und scheint gar nicht erst in Erwägung zu ziehen, dass Raab und Halmich medial zusammengehören. Dass Raab daran anschließen möchte, klingt nur logisch.



    Frau H. sagt selbst, und das wird vom Autor auch zitiert, dass sie sich nicht als Repräsentantin des Sports sieht. Das muss auch der Autor akzeptieren können und könnte in seiner Erwartung von Sportsgedanken hinzum Comeback Gedanken Raabs, einfach mal die Unterhaltung in den Mittelpunkt stellen.

    Manchmal ist ein Sportevent, ein Comback, ein mediales Ereignis usw. einfach nur Unterhaltung und keine meinungsbildene Maßnahme, politisches Statement o.ä.

    • @Sanni:

      …anschließe mich 🥊🥊

      Sach ich doch - 🎡 Rummelboxen a 📺 -



      🥊🥊 -

      kurz - “Wer‘s mach - mach‘s ja mögen -



      Wer‘s aber nich mach - der mach‘s ja wohl auch nich!“ Gellewelle -



      Mit Sport - hett sonn Hokuspokus nix ze donn •



      Seriös? - Bester - Diiiee Lachnummer - 😂 - Newahr



      Normal Schonn - mach ich den Ommo Grupe 🎩 •

      unterm——- So geht das —-



      Als ich unlängst um Rechtsrat angegangen neben nem Loddlhut* zu sitzen kam. Sagte ich “kiik an - Loddelhut!“ “Ja. Mein Vater war Catcher in Dortmund & mit dreizehn brachte er mir bei - wiede einen umhaust - ohne daßde was siehst!“

      So geht das - das ist die gleiche Liga! Woll

      *Zuhälterhut - kreisrund eingedellt - 🙀🥳

      Na Mahlzeit

  • Kirmesboxen? Danach kommt - Rummelboxen! But.

    Alles hat seine Zeit! Woll



    Im 19 Jhd. gabs auf Kirmes & Rummel 🎡



    Mehr 💨- sls als Boxbuden! Ja!! 👏



    Ein begnadeter lübscher Kunst💨er (Name?)



    Durfte vor SM Willem II. das 🇩🇪 lied 💨en



    André Heller setzte dem mit dem Palast der Winde



    Ein Denkmal im Luna Luna Park zB Hamburg Moorwiese -



    www.alamy.de/hambu...mage491484860.html



    (Mein damals Jüngster fiel schallend lachend von einer Salvatore Dalí Stellwand!;))



    de.wikipedia.org/wiki/Luna_Luna_(Kunst)



    “Kann den Pupsen Kunst?“ fragt naturellement distinguiert der Spiegel



    www.spiegel.de/kul...-0000-000013526051

    kurz - War höbt wie lacht! Rummel 🎡 boxen heet dat!



    (Ps Boxen seriös? Ah geh! - Na ok. Hier! Ein deutscher Boxer - 🥊🥊



    de.wikipedia.org/w...in_deutscher_Boxer



    &



    www.spiegel.de/kul...graf-a-838208.html



    &



    www.youtube.com/re...ry=norbert+grupe+s

  • Was für ein Quark, stand Raab doch für innovative Ideen im Unterhaltungs-TV, das, was früher einmal ganz witzig war- die Kampfplautze wird vermöbelt, nachdem sie vorher auf dicke Hose gemacht hat- ist 23 Jahre später irgendwie nur noch stinklangweilig. Man kann nur hoffen, dass sich niemand ernsthaft verletzt, anschauen werde ich mir den Unsinn nicht.