Frauenanteil auf Podien: Wenn Männer die Welt erklären

Wenn öffentlich diskutiert wird, sind die Akteure meist männlich. Darauf weist das Projekt „50 Prozent“ hin – Alternativen inklusive.

Ein Aufkleber fordert 50 Prozent Männer, 50 Prozent Frauen

„50 Prozent heißt die Hälfte“, heißt es auf der Webseite des Projekts. Nicht Zwei Drittel oder gar Drei Viertel. Foto: dpa

BERLIN taz | Vielleicht haben Frauen einfach nicht so viel Kluges zu sagen. Der Eindruck könnte jedenfalls aufkommen, wenn man auf die Podien zufällig ausgewählter Talkshows, Konferenzen oder anderer öffentlicher Veranstaltungen schaut. Männer, Männer, Männer. Aber Moment: Vielleicht haben wir ein strukturelles Problem. Vielleicht gibt es sie doch, die Expertinnen – sie werden bloß nicht eingeladen. Wie ungleich die Verteilung auf vielen Podien ist, zeigt jetzt das Projekt „50 Prozent“.

Kein schönes Bild. Dargestellt in vielen kleinen Diagrammen lässt es sich nicht mehr übersehen: Auf dem Nationalen IT-Gipfel redeten Mitte November 83 Prozent Männer. Auf der Data Natives, einer Konferenz zu datenbasierter Technologie, sprachen 29 Männer und 3 Frauen. Bei einer Veranstaltung der NRW-Landesvertretung zu Digitalisierung gab es überhaupt keine Frauen auf dem Podium.

Nun wollen wir nicht unfair sein. Auf einer Messe zu Frauen in der Arbeitswelt, da gab es Frauen. Und zwar fast ausschließlich: von 48 Redenden waren 42 weiblich. Frauenthemen, ja, damit kennen Frauen sich aus. Mit Netzkram und Computern und so eher nicht. Es ist die selbe alte Leier wie bei der Frauenquote: Wir wollen ja, aber wir finden einfach keine qualifizierte Frau.

So einfach ist es nicht. Und so einfach machen es sich auch die Macherinnen der Seite nicht. Sie wollen nicht nur eine Wall of Shame und einen kleinen Shitstorm hier und da. Stattdessen bieten sie Auswege aus dem alten Trott, in dem Männer uns die Welt erklären. Wer will, kann sich direkt weiterleiten lassen auf die Seite Speakerinnen.org.

Kein Anspruch auf Vollständigkeit

Dort haben sich Expertinnen zu allen denkbaren Themen versammelt, mitsamt Kontaktdaten. Die Expertinnen können sich selbst ein Profil auf der Seite anlegen. Allein in der Rubrik „Internet & Medien“ finden sich derzeit 490 Speakerinnen. Wer da nicht fündig wird, der will nicht. „Keine Ausreden mehr für Panels ohne Frauen“, das ist das Ziel der Speakerinnen-Liste.

Auch die 50-Prozent-Seite setzt auf die Community, die Veranstaltungen einträgt und die Geschlechterverteilung auf dem Podium auszählt. Dadurch ist das Bild natürlich beeinflusst. Es landen vor allem die Negativbeispiele in der Auflistung. Schlecht muss das nicht sein. Die Seite soll sensibilisieren, auf ein Problem aufmerksam machen – und kein bundesweiter Veranstaltungskalender sein.

Ein nettes Detail: Falls vorhanden, sind jeweils die Twitter-Accounts der Veranstalter angegeben. Wer sich also wundert, warum schon wieder nur Männer Kluges sagen dürfen, kann direkt nachfragen. Daran, dass es keine passenden Frauen gibt, kann es ja nicht liegen.

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