Frauen erobern die Skischanzen: Der Traum vom Fliegen
Tatsache: Am Sonntag, den 19. März 2023, fand der erste offizielle Frauen-Skiflugwettkampf statt. Und zwar gleich mit einem 226-Meter-Weltrekord.
Nicht zwei Sprünge, sondern zwei Flüge waren es – und zwar über 226 und über 223,5 Meter -, mit denen Ema Klinec Sportgeschichte geschrieben hat. Die 24-jährige Slowenin gewann am Sonntag im norwegischen Vikersund den ersten offiziell lizenzierten Frauen-Skiflug-Wettkampf der Geschichte. Ganz nebenbei markieren ihre 226 Meter auch einen neuen Weltrekord. Platz zwei und drei des historischen Wettkampfs erreichten Silje Opseth aus Norwegen und Yuki Ito aus Japan. Die deutsche Katharina Althaus wurde Vierte.
Skiflug unterscheidet sich vom Skisprung vor allem durch die Weite. Ab einer besonderen Schanzengröße (mindestens 185 Meter) und einem K-Punkt von 145 Metern – früher galt der als kritischer Punkt, über den man nicht ohne Gefahr hinwegspringen könne – wird aus dem Skispringen das Skifliegen.
Katharina Althaus ist dreifache Weltmeisterin im Skisprung. Nach ihren Flügen auf 194 und 190 Metern auf der riesigen Anlage, die zu Recht in Norwegen Monsterbakken heißt, sagte sie: „Die 200 ist so ein Kindheitstraum. Den will ich mir schon noch erfüllen.“ Beim Probedurchgang in Vikersund hatte sie noch 198,5 Meter geschafft. Weit weg sind die 200 Meter nicht mehr.
In der Gesamtwertung der zehn Tage dauernden Raw-Air-Tournee, deren Schlusspunkt das Fliegen in Vikersund darstellte, belegte Althaus letztlich Platz zwei, den Gesamtsieg machte Ema Klinec für sich klar.
Formal betrachtet, haben sich die Sportlerinnen mit dem Skiflug-Wettbewerb die letzte Disziplin des nordischen Wintersports erobert, die Frauen bislang verschlossen war, auch wenn in den Anfangsjahren des Skispringens selbstverständlich Frauen mit von den Schanzen sprangen. Erlaubt hat der Weltverband FIS das allerdings erst in der Saison 2003/04 und auch da mit einschränkenden Regeln, etwa einem verlängerten Anlauf. Die erste Skisprung-WM der Frauen gab es erst 2009, von der Großschanze durften sie erst 2021 bei einer WM springen. Nun also der Skiflug, und entsprechend oft macht das Wortspiel von der erreichten „Schanzengleichheit“ die Runde.
Doch neben die formale Gleichheit tritt die unterschiedliche finanzielle Ausstattung und mediale Aufmerksamkeit. Beim größten Skisprungevent, der Vierschanzentournee um die Jahreswende, sind Frauen bislang immer noch nicht zugelassen, auch wenn das schon des Öfteren in Aussicht gestellt wurde.
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