Frauen-Handball EM 2018: Raus aus der Nische
Bei der Handball-EM wollen die deutschen Frauen mit einem neuformierten Team an die Weltspitze. Erster Gegner ist Titelfavorit Norwegen.
„Es muss das Ziel des größten Handball-Nationalverbandes sein, in der Weltspitze vertreten zu sein“, sagt Henk Groener. Erfolg ist der Schlüssel, um aus dem Schatten der Männer zu treten, und selbst das ist keine Garantie. Der Niederländer Groener ist seit Beginn des Jahres Trainer der deutschen Frauen und gibt von Samstag an zum ersten Mal mit einem neuformierten Team eine Zwischenbilanz ab. „Wir haben Fortschritte gemacht“, sagt Groener. Am vergangenen Wochenende konnte man das bei einem gut besetzten Testturnier in Spanien sehen. Das Ergebnis: zwei knappe Niederlagen und ein Sieg.
Trainer: „Sehr viel Talent in Deutschland vorhanden“
Üben und testen ist wichtig für die deutschen Frauen und das Kräftemessen der 16 besten Mannschaften des Kontinentes wird auch zu einer Phase der Entwicklung gehören. Groener hat die Mannschaft seit seinem Amtsantritt kräftig umgekrempelt, nur sechs Spielerinnen sind in Frankreich dabei, die vor einem Jahr schon im Team standen. „Man kann schwerlich sagen, wie die Mannschaft bei der Drucksituation eines Turniers reagieren wird, viele erleben das zum ersten Mal“, sagt Groener, der die niederländischen Frauen in der Weltspitze etablierte. Bei der WM 2015 gewannen sie die Silbermedaille – und beim DHB wünschen sich die Verantwortlichen jetzt einen ähnlichen Werdegang.
„Es ist sehr viel Talent in Deutschland vorhanden“, macht der Frauen-Bundestrainer Hoffnung – allerdings auf die Zukunft, nicht schon auf die Gegenwart. In den sogenannten Elitekader, der mit Hilfe von Fördermaßnahmen den besten Nachwuchsspielern den Weg in die Weltspitze erleichtern soll, nahm der DHB zuletzt zehn weibliche und nur noch sechs männliche Talente auf. Offensichtlich ist die Substanz vorhanden, mit dem Groener arbeiten kann. „Es ist eine Frage der Zeit, daraus etwas aufzubauen und es zu verbinden“, erklärt der Bundestrainer. „Kontinuierliche Arbeit“ sei nötig, die in Deutschland inzwischen auch geleistet wird, die Bundesliga-Klubs professionalisieren langsam ihre Strukturen, um den Frauen-Handball nachhaltig entwickeln zu können. Doch das ist ein Prozess, der gerade erst begonnen hat.
Keine leichte Aufgabe
Ein Jahr nach dem Scheitern bei der Heim-WM im Achtelfinale scheint es nahezu ausgeschlossen, schon in Frankreich ernsthaft bei der Vergabe der Medaillen mitmischen zu können. Vielmehr steht die DHB-Auswahl vor der anspruchsvollen Aufgabe, die Vorrunde zu überstehen. Dort treffen die Deutschen auf Titelverteidiger Norwegen, den EM-Fünften Rumänien und den WM-Viertelfinalisten Tschechien – sie alle landeten bei der WM vor Deutschland. Groener muss mit seiner Mannschaft mindestens Dritter in der Gruppe werden, um in die Hauptrunde zu gelangen.
Der Turnierauftakt gegen Norwegen am Samstag ist dabei so etwas wie eine unlösbare Aufgabe, denn die Norwegerinnen dominierten in den vergangenen Jahren ihre Sportart. Weltmeister 2015, Olympiadritter 2016, Europameister 2016 und Vizeweltmeister 2017, da sie vor einem Jahr das Finale der WM in Deutschland gegen Frankreich verloren. Dennoch ist Norwegen die Mannschaft, die es zu schlagen gilt, um Europameister zu werden. Bei den vergangenen acht(!) kontinentalen Meisterschaften standen die Norwegerinnen immer im Endspiel, sieben Mal gewannen sie es.
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