piwik no script img

Französischer Präsidentschaftskandidat10.000 Euro wegen Volksverhetzung

Der rechtsextreme Éric Zemmour ist zu einer Buße verurteilt worden. Er bezeichnete minderjährige Migranten als „Diebe, Mörder und Vergewaltiger“.

Kann gut hetzen: Eric Zemmour, hier bei einer Wahlkampfveranstaltung im Dezember 2021 in Villepinte Foto: Christian Hartmann/reuters

Paris afp | Der rechtsextreme französische Präsidentschaftskandidat Eric Zemmour muss wegen Volksverhetzung 10.000 Euro Strafe zahlen. Ein Pariser Gericht gab das Urteil am Montag in Abwesenheit des Politikers bekannt. Zemmour hatte minderjährige Migranten in einer Fernsehdebatte als „Diebe, Mörder und Vergewaltiger“ verunglimpft.

„Die Grenzen der Meinungsfreiheit sind überschritten“, hatte Staatsanwältin Manon Adam während der Gerichtsverhandlung betont. Es sei kein sprachlicher Ausrutscher gewesen, denn er habe diese Aussage auch noch bekräftigt. Sie hatte dem provokanten Politiker „kriegerische Sprache“ und „Verallgemeinerungen“ vorgeworfen, „typische Mittel des Rassismus“.

„Sie haben hier nichts zu suchen, sie sind Diebe, Mörder, Vergewaltiger, das ist alles, was sie sind“, hatte Zemmour in einer TV-Debatte im September 2020 über minderjährige Migranten gesagt. „Man muss sie zurückschicken, und sie sollten gar nicht erst herkommen“, hatte er betont.

Auf den Einwand der Moderatorin, dass das wohl nicht alle minderjährigen Flüchtlinge betreffe, sagte Zemmour: „Alle. Sie haben hier nichts zu suchen. (…) Das ist eine permanente Invasion.“

Sein Anwalt Olivier Pardo hatte betont, dass in einer solchen Sendung „schlagfertige Antworten“ die Regel seien. „Eric Zemmour ist kein bisschen rassistisch“, sagte Pardo. Er beschreibe nur die Realität „auf seine Art, manchmal etwas brutal“. Er habe die These entwickeln wollen, dass Einwanderung nicht nötig sei.

Eric Zemmour ist kein bisschen rassistisch

Zemmours Anwalt Olivier Pardo

Unter den etwa 30 Nebenklägern waren antirassistische Organisationen, aber auch mehrere Vertreter französischer Départements, die sich um minderjährige Migranten kümmern.

Zemmour hat bereits etwa 15 Verfahren hinter sich. In zwei Fällen wurde er wegen Volksverhetzung rechtskräftig verurteilt. Der aus einer algerisch-jüdischen Familie stammende ehemalige Journalist liegt in Umfragen derzeit mit 15 Prozent knapp hinter der rechtspopulistischen Kandidatin Marine Le Pen und der rechtskonservativen Valérie Pécresse, die je auf 16 Prozent kommen.

Laut einer am Montag veröffentlichten Umfrage des Instituts Katar halten 64 Prozent der Befragten Zemmour für einen Vertreter der „nationalistischen und fremdenfeindlichen rechtsextremen Bewegung“. Etwa 62 Prozent halten ihn für eine „Gefahr für die Demokratie“. Für jeden fünften hingegen steht Zemmour für eine „patriotische Rechte, die traditionelle Werte verteidigt“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Lächerliches Strafmaß

    So begrüßenswert es ist, solchen justiziablen Invektiven wie die von Zemmour regelmäßig abgesonderten gerichtlich entgegenzutreten, um so unverständlicher ist das lächerliche Strafmaß, das solche Leute wie er mit ihren milliardenschweren Fan-Clubs aus der Haute Bourgeoisie und der Noblesse financière locker aus der Portokasse bezahlen.

    Daß es sich bei ihm um die bürgerliche Variante der xenophoben Rechten handelt, dessen Geist bis weit in die politische Mitte der Gesellschaft reicht, würde auch erklären, warum bislang noch niemand, mit Ausnahme der Kommunisten, auf die Idee gekommen ist, die Präsidentschafts-Kandidatur Zemmours dadurch zu behindern, bei seinem langen Kerbholz rassistischer Ausfälle das juristische Instrument des Entzugs des passiven Wahlrechts aus der Versenkung zu holen. Dahinter könnte sich aber auch das wahltaktische Kalkül der Macronisten und der Post-Gaullisten „Les Républicains“ verbergen, mit Zemmours Kandidatur die xenophobe Rechte zu spalten und so Macron womöglich eine peinliche Stichwahl wie 2017 zu ersparen. Den Umfragen zufolge könnte das Manöver funktionieren, sicherlich nicht zum Schaden Frankreichs.