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Französischer Minister über Boris Johnson„Er hat viele Briten belogen“

Der französische Außenminister hat seinen neuen britischen Amtskollegen als Lügner bezeichnet. Johnson stehe nun mit dem Rücken zur Wand.

Da kommt viel heiße Luft raus: Boris Johnson mit Vuvuzela Foto: ap

London ap | Die Ernennung von Brexit-Vorkämpfer Boris Johnson zum britischen Außenminister hat in Europa für Kritik und Unmut gesorgt. Der französische Außenminister Jean-Marc Ayrault bezeichnete seinen neuen Amtskollegen in einem Radiointerview am Donnerstag als Lügner.

Die Leute hätten gesehen, welchen Stil Johnson während des Wahlkampfes vor dem Brexit-Votum an den Tag gelegt habe, sagte Ayrault dem Radiosender Europe-1. Johnson habe viele Briten belogen, fügte er hinzu.

Die neue britische Premierministerin Theresa May hatte kurz nach dem Machtwechsel am Mittwochabend die Ernenung Johnsons zum Chefdiplomaten bekannt gegeben. Ayrault sagte voraus, dass dieser nun einen schwierigen Weg vor sich habe. „Er steht jetzt mit dem Rücken zur Wand (…) und muss seine Beziehung zu Europa klären“, sagte er.

Der ehemalige Londoner Bürgermeister hatte mit diversen Bemerkungen viele vor den Kopf gestoßen, unter anderem mit der Aussage, die Versuche der EU, einen Superstaat zu schaffen, ähnelten dem Streben Adolf Hitlers nach einer Unterwerfung Europas.

Bei den wegweisenden Verhandlungen über den Ausstieg aus der Europäischen Union dürfte Johnson indes eher eine Nebenrolle spielen: May schuf dafür eigens den Posten des Brexit-Ministers, den der langjährige Ausstiegs-Befürworter David Davis übernommen hat. Die Briten hatten sich in dem Referendum vom 23. Juni mit knapper Mehrheit für einen Ausstieg aus der EU ausgesprochen.

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5 Kommentare

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  • Einigen europäischen Politikern scheint der Hut zu brennen. Sie scheinen vergessen zu haben, dass sie nicht mehr nur über einen gewissen Johnson reden, sondern über den Außenminister Ihrer Majestät. Über ihn zu schimpfen, heißt über das Land zu schimpfen. Schließlich hat er sich nicht selbst ernannt, sondern genießt das Vertrauen der Premierministerin und darüber auch der Queen.

     

    Selbst Briten, die J. nicht mögen, sind leicht not amused, wenn es um Spott über ihr Land geht. Darunter fallen auch die ständigen Erklärungen, dass die Briten zu dumm zum wählen sind.

     

    Vor ein paar Jahren war ein solcher Umgang in Europa undenkbar. Das ist erst von der Mutti und ihrem Sparbüchsenwächter eingeführt worden…

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Schon mal britische Zeitungen, insbesondere "The Sun", gelesen? Was die über andere Länder und ihre Politiker so verzapfen?

       

      Dagegen ist die Blödzeitung der reinste Streichelzoo!

      • @Spitzbube:

        Ich sprach von Politikern. Nicht von Zeitungen.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Ich kann mich Ihren Worten nur anschließen.

       

      Generell empfinde ich es als extrem anmaßend, in welch niederträchtiger Weise Brexit-Befürworter inklusive ihrer Millionen Wähler diffamiert werden. Besonders delikat ist hierbei, dass dieses Geschäft vorrangig von Politikern betrieben wird, die in der Vergangenheit oft genug ihre eigene Wählerschaft nach Strich und Faden über den Tisch gezogen haben. Offensichtlich ist deren Enttäuschung darüber maßlos, dass eine Bevölkerung in ihrer Mehrheit den alles übertönenden EU-Jubelarien nicht mehr Folge leistet, sondern ganz einfach „No“ sagt. Und für dieses „No“ gibt es ja, völlig unabhängig von Johnsons Stellungnahmen, etliche schwerwiegende Gründe, die jeder erkennen muss, der einen einigermaßen nüchternen und differenzierenden Blick auf die Realität der EU-Politik wirft.

       

      Hinzu kommt Folgendes: Wenn man sich die heutigen Reaktionen auch deutscher Politiker anhört, hat man fast den Eindruck, als ob die britische Regierung in Zukunft ihre Kabinettsliste zur Genehmigung in Berlin vorlegen müsse.

       

      Wie Sie es in ihrem Kommentar bereits konstatieren, warum_denkt_keiner_nach:

       

      „Vor ein paar Jahren war ein solcher Umgang in Europa undenkbar. Das ist erst von der Mutti und ihrem Sparbüchsenwächter eingeführt worden…“

       

      Abgesehen von solchen rüden Gepflogenheitsformen äußert sich hier auch ein Machtanspruch über ganz Europa, der an schlimme Zeiten erinnert.

      • @Urmel:

        "Abgesehen von solchen rüden Gepflogenheitsformen äußert sich hier auch ein Machtanspruch über ganz Europa, der an schlimme Zeiten erinnert."

         

        Völlig richtig. Interessant ist auch, dass einige führende Grüne bei solchen Dingen immer vorn mit dabei sind.