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Französische ParlamentswahlMacron setzt auf die neue Generation

Die Bewegung des künftigen französischen Staatschefs Emmanuel Macron setzt bei der Parlamentswahl im Juni auf zahlreiche Politik-Neulinge.

Die Jury hatte mehr als 19.000 Bewerbungen erhalten. Seit dem Sonntag seien, so Ferrand, noch „tausende“ neu eingegangen Foto: reuters

Paris taz | Bei einer Pressekonferenz hat die Bewegung des zukünftigen Staatspräsidenten Emmanuel Macron, „La République en Marche“ (REM), eine Liste der Kandidaten publiziert, mit der sie Mitte Juni eine Parlamentsmehrheit anstrebt. Zu diesem Zweck sollten ursprünglich Kandidatinnen und Kandidaten in allen 577 Wahlkreisen der Republik nominiert werden. Denn nach dem Willen des designierten Präsidenten soll die Erneuerung der Nationalversammlung am 11. und 18. Juni auch zu einem großen politischen Frühlingsputz werden.

Jetzt stehen erst 428 Kandidaturen fest, deren Namen und Profil die Medien am Donnerstag in einer Pressekonferenz mitgeteilt bekamen. In der überwiegenden Mehrheit sind es in der Öffentlichkeit unbekannte Namen und neue Gesichter.

REM-Generalsekretär Richard Ferrand, ein Ex-Sozialist aus der Bretagne, gab dazu auch eine Übersicht in Zahlen: Die Kriterien der Selektion seien strikt befolgt worden, deshalb die Geschlechterparität: 214 Frauen und 214 Männer. Mehr als die Hälfte der 428 Kandidatinnen und Kandidaten hätten noch nie ein politisches Mandat innegehabt. Nur 5 Prozent dieser Nominierten sind bisherige Abgeordnete.

Damit will Macron sein Versprechen halten, die diskreditierten Praktiken von Berufspolitikern durch sehr bürgernahe VolksvertreterInnen zu ersetzen. Vorbedingung war, dass die Nominierten einen einwandfreien Ruf haben und Qualitäten aus einem erfolgreichen Berufsleben oder gesellschaftlichen Aktivitäten mitbringen, die dem Image der Bewegung entsprechen.

Die Jury hatte seit Macrons Appell im Januar mehr als 19.000 Bewerbungen erhalten, und allein seit Sonntag seien, so Ferrand, noch „Tausende“ neu eingegangen. Dieser enorme Andrang erklärt es nur zum Teil, warum am Donnerstag eine Liste mit 577 Namen publiziert wurde. Ein paar Plätze werden offenbar noch für „Spätberufene“ freigehalten. In zahlreichen Wahlkreisen, etwa in den Überseedepartements, sei noch keine definitive Selektion möglich gewesen.

In einigen Fällen wird die Jury aber absichtlich passen: Der frühere sozialistische Premierminister Manuel Valls, der in dieser Woche die Sozialistische Partei für „tot“ erklärt hatte und ankündigte, er wolle für REM in die Nationalversammlung gewählt werden, wird zwar nicht als REM-Kandidat nominiert (da er laut Ferrand mit mehr als drei Mandaten das Kriterium der Erneuerung nicht erfülle), da aber in seinem Wahlkreis in Evry auch kein REM-Gegenkandidat aufgestellt wird, hat er gute Aussichten, sich als „Unabhängiger“ wählen zu lassen, um dann später der REM-Fraktion beizutreten.

In den Genuss eines solchen Etikettenschwindels sollen dem Vernehmen nach auch andere prominente Politiker kommen, so namentlich konservative Ex-Minister von Les Républicains wie Bruno Le Maire und Nathalie Kosciusko-Morizet.

Jeder Fehler würde sich rächen

Noch fast 150 Plätze bleiben vor dem Ablauf der Frist am 19. Mai zu vergeben. Das lässt auch den Opportunisten, die man in Frankreich die „Bekehrten der 25. Stunde“ nennt, noch eine letzte Chance. Vor allem die Interessierten aus dem bürgerlichen Lager wollten anscheinend im Voraus wissen, wen Macron als Regierungschef vorgesehen habe. Diese Katze aber will dieser bisher nicht aus dem Sack lassen.

Er wird nach der Amtsübergabe zuerst eine Übergangsregierung ernennen, die definitive Zusammensetzung und die Person des Premierministers muss den Ergebnissen der Parlamentswahlen Rechnung tragen: eine Figur aus den eigenen Reihen im Fall einer absoluten Mehrheit, ein Kompromiss im Fall einer Koalition oder ein Vertreter der Opposition für eine „Kohabitation“, falls REM wider Erwarten in der Minderheit sein sollte. Von der Parlamentswahl hängt alles für Macrons Handlungsspielraum ab. Jeder Fehler bei der Auswahl seiner Kandidaten würde sich sofort rächen. Die von ihm ausrangierten Parteien warten nur darauf.

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7 Kommentare

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  • 8G
    82236 (Profil gelöscht)

    Neuster Skandal um Mélenchon; Er hat keine Wahlempfehlung für die Eurovision ausgegeben.

  • Ich habe eine Frage zu Macron:

    Wodurch werden eigentlich die REM- Kandidaten für die bevorstehende Wahl zur Nationalversammlung legitimiert? Gibt es da irgendeinen demokratischen Prozess, oder werden sie "ernannt" - und wenn ja: von wem?

    Ich finde diese Frage sehr wesentlich, weil sie ein demokratisches Grundverständnis berührt.

    Wenn es "Ernennungen" sein sollten, was ich nicht weiss, dann wäre dies sehr undemokratisch und - ja, populistisch. Bevor ich Macron ernsthaft als politische Alternative verstehen kann, brauche ich da Klarheit.

    Wer kann mir eine Antwort geben?

  • Auf den ersten Blick ein interessanter Versuch, die verkrusteten Herrschaftsstrukturen in Frankreich auszuhebeln. Erinnert ein bisschen an den Slogan, mit denen die ersten Alternativen in Deutschland kandidierten: "...jetzt wählen wir uns selbst.." Es stellen sich aber Fragen: Wer ist die auswählende 'Jury' und nach welchen Kriterien wurden Kandidaten ausgesucht? Programmatisches erscheint nebensächlich - damit erhält Macron eine Whitecard. Seine Devise lautet: Hauptsache Neu und anders! Das aber klingt eher nach Marketing und Produktwerbung, wo sind inhaltliche Debatten. Klingt so ein bisschen wie die EU-Demos, die die inhaltliche Tiefe von 'Raider heißt jetzt Twixx' haben.

    • @Philippe Ressing:

      Da haben Sie völlig Recht.

  • Mal sehen, ob es den anderen gelungen ist, ein paar Fake-Kandidaten einzuschmuggeln.

  • Irrtum. Manuel Valls: abgelehnt.

  • 8G
    82236 (Profil gelöscht)

    Bei der Aufstellung kommt noch ein entscheidendes Kriterium hinzu: Wer bekommt die aussichtsreichsten Wahlkreise? Die REM hat sich zwar noch nie zu Wahlen gestellt, aber anhand der Ergebnisse aus dem ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen kann man herausfinden, in welchen Wahlkreisen Macron am besten abgeschnitten hat und hochrechnen wieviel Abgeordnete die REM bekommen kann. Jeder Wahlkreis wird diesmal hart umkämpft sein und eine ansolute Mehrheit liegt wohl für keinen diesmal drinn. Früher konnte eine Partei mit 1/3 der Wählerstimmen im ersten Wahlgang, die absolute Mehrheit bei den Stichwahlen im zweiten Wahlgang holen. Der Traum ist jetzt aus, weil in den meisten Wahlkreisen jetzt mindestens drei Kandidaten ins Rennen gehen und demnach eine relative Mehrheit ausreicht, um den Wahlkreis zu gewinnen. Davon wird vor allem der Front National profitieren, weil es schwieriger sein wird, eine Republikanische Front aufzustellen, wo alle Kandidaten sich hinter einem Gegenkandidaten zum Front National versammeln, denn es gilt diesmal, jeder für sich und keiner für alle.