Forschung zu Pestizidrückständen: Kühe mit Unkrautvernichter im Urin
Forscher finden Unkrautvernichtungsmittel in den Ausscheidungen von Milchkühen. Was bedeutet das für den Menschen?
BERLIN taz | Das weltweit meist genutzte Unkrautvernichtungsmittel, Glyphosat, findet sich auch im Urin von Milchkühen. Ein Forscherteam der Universität Leipzig hat das Pestizid in allen 240 untersuchten Kühen von acht konventionellen Bauernhöfen in Dänemark nachgewiesen.
Laut der Studie haben zudem Blutuntersuchungen der Tiere gezeigt, dass bei erhöhten Glyphosat-Mengen im Urin verstärkt Schäden an Muskelzellen feststellbar seien. Diese Wechselwirkung zwischen Pestiziddosis und Blutwert zeige, „dass Glyphosat giftig für den normalen Stoffwechsel von Milchkühen ist“.
Die Studie belegt keine mögliche Gefahr für den Menschen, weil weder die Milch noch das Fleisch untersucht wurden. Die Analyse könnte aber neue Argumente gegen gentechnisch veränderte Pflanzen liefern, die widerstandsfähig gegen Glyphosat sind. Umweltschützer sehen in dem Mittel eine Gefahr für die Artenvielfalt.
Monika Krüger, Professorin und Fachtierärztin für Mikrobiologie, und die anderen Autoren des Artikels in der Fachzeitschrift Journal of Environmental & Analytical Toxicology weisen darauf hin, dass Nutztiere wie die untersuchten Hochleistungs-Milchkühe zum Beispiel mit Glyphosat kontaminiertes Soja- und Maisfutter fressen. Besonders hoch seien die Pestizid-Rückstände in herbizidresistenten Gentech-Pflanzen oder bei konventionellen Pflanzen, wenn sie kurz vor der Ernte mit Glyphosat bespritzt werden.
Keine Kontrollgruppe von Kühen
Allerdings teilen die Autoren nicht mit, wie viel potenziell belastetes Kraftfutter und wie viel unverdächtige Gräser die Kühe bekommen haben. Es ist also unklar, welche Pestizidmengen die Tiere zu sich genommen haben.
Dies kritisiert das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). „Auch fehlt eine Kontrollgruppe, die Futter ohne Glyphosat-Rückstände erhalten hat“, erklärt das Amt. Deshalb sei nicht auszuschließen, dass sich die Blutwerte der Kühe aus anderen Gründen als der – im Übrigen sehr niedrigen – Glyphosatbelastung verändert haben.
Überhaupt hält es das BfR für unsicher, welchen „Krankheitswert“ die gemessenen Blutparameter haben. Diese lagen über „Referenzwerten“, die die Autoren „hinsichtlich ihrer Herkunft“ nicht näher definiert hätten.
Umweltschützer wird das wohl nicht überzeugen: Sie werfen dem BfR vor, voreingenommen zu sein, da es maßgeblich an der Zulassung von Glyphosat in der Europäischen Union beteiligt ist.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär