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Forsa-UmfrageSchulstress setzt Kindern zu

Jedes zweite Kind ist von der Schule gestresst, ergab eine Umfrage des Forsa-Institus. Die größten Stressauslöser sind offenbar ein zunehmender Leistungsdruck und die Angst vor schlechten Noten.

Anti-Stress-Training kann Schülern helfen, besser mit schwierigen Situationen umzugehen. Bild: dpa

HAMBURG dpa | Auch Kinder leiden unter Leistungsdruck und Stress. Jedes zweite Kind ist von der Schule gestresst, jedes neunte steht sogar schon stark unter Druck, ergab eine am Mittwoch in Hamburg verbreitete Auswertung der Techniker Krankenkasse (TK). Das Meinungsforschungsinstitut Forsa hatte dafür 1000 Eltern befragt. Die größten Stressauslöser sind demnach ein zunehmender Leistungsdruck und die Angst vor schlechten Noten, worunter jeder vierte Schüler leidet. Jeden Fünften stresst zudem, dass er sich von seinen Lehrern ungerecht behandelt fühlt und dass der Schultag zu lang ist.

Statistisch gesehen sitzen laut TK-Umfrage in jeder Klasse mit 30 Schülern zwei bis drei Kinder, die morgens vor der Schule unter Bauch- oder Kopfschmerzen leiden, Mädchen häufiger als Jungen. "Kinder reagieren ganz unterschiedlich, wenn sie unter Druck geraten. Neben Kopf- und Bauchschmerzen schlafen viele auch schlecht oder sie haben keinen Appetit mehr. Andere Kinder sind aufgedreht und zappelig oder ziehen sich zurück", sagte TK-Psychologe York Scheller. Oft stecken hinter Schulangst auch Probleme mit Klassenkameraden. So zeige die Umfrage, dass jedes achte Kind unter Mobbing durch seine Mitschüler leidet und sich ausgegrenzt fühlt.

"Wenn sich ein Kind zurückzieht, ist es wichtig, dass seine Eltern sich Zeit nehmen, zuhören und ihm das Gefühl geben, dass sie es ernst nehmen", sagt der Psychologe. Am besten könnten Eltern mit ihren Kindern in einer ruhigen Minute ins Gespräch kommen – vielleicht vor dem Einschlafen oder bei einem Spaziergang am Wochenende. Zusätzlich rät Scheller dazu, für einen stabilen Tagesrhythmus zu sorgen mit regelmäßigen gesunden Mahlzeiten, festen Hausaufgabenzeiten und Einschlafritualen. Das erleichtere stressgefährdeten Kindern den Alltag. Außerdem brauchen sie ausreichend Ruhepausen und gerade die Kleineren genügend Zeit zum Toben.

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8 Kommentare

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  • R
    Roland

    Kann man sich dann noch über Amokläufer wundern ?

    Es wird höchste Zeit, mit dieser ewigen Notengeberei aufzuhören. Die Noten sind in der letzten Konsequenz nichts anders als ein Ausdruck des persönlichen Verhältnisses zwischen Schüler und Lehrer.

  • KF
    Komitee für internationale kleinschreibung

    Wenn sich die kultusministerkonferenz nicht vollends zum totengräber der deutschen schul- und bildungslandschaft machen will, sollten sich die damen und herren kultusminister/innen mal die frage stellen, wie die versäumnisse, dummheiten und irrtümer, also die schäden, die ihre arrogante organisation während der vergangenen jahrzehnte verursacht hat, repariert werden könnten, und zwar so, dass ein wirklicher fortschritt dabei herauskäme.

     

    Neben der seit 40 jahren überfälligen überwindung bzw. kompletten abschaffung der "hauptschule" sollte die internationale kleinschreibung der substantive (ausnahme: satzanfänge und eigennamen), die es weltweit nur noch im deutschen sprachraum gibt, erste priorität sein.

    Auf diese weise ließen sich die überbordenden kosten, die derzeit für den deutschunterricht aufgewendet werden müssen, um zig millionen euro reduzieren. Deutsch wäre für "in- und ausländer" leichter zu erlernen, und es könnten andere - etwa musische - fächer mit mehr stellen besetzt werden.

     

    Die einführung und anwendung der internationalen kleinschreibung setzt allerdings eine breite basis fortschrittlichen denkens voraus, die bereitschaft zur progressiven veränderung in der gesellschaft, sowie die beispielhafte courage vor allem der printmedien in der Bundesrepublik Deutschland.

     

    Komitee für internationale kleinschreibung

     

    Ruhrpolis, 3. März 2010

  • B
    Baum

    Meine Mutter ist Lehrerin und sie sagt, der Stress kommt nicht aus der Schule sonder aus der Familie und aus der restlichen Umwelt.

     

    Schule soll ja anspruchsvoll sein, aber man braucht eben genug Energie, um damit fertig zu werden. Wenn die Kinder das nicht mehr schaffen, schiebt man es auf den Leistungsdruck und will das das Niveau senken. Andersherum wird ein Schuh draus. Kinder in die Ganztagsschule mit individueller Betreuung, Freizeitprogramm (z.B. in Zusammenarbeit mit Vereinen und Musikschulen), schönen Kantinen usw., damit die Kinder sich entspannt auf die Aufgaben konzentrieren können. Die Aufgaben sollen dann aber auch ruhig anspruchsvoll sein.

  • A
    Angstschleuder

    Und in Bayern wird ein depressiver Gymnasiast dank 8-jährigen Gymnasiums bald keine Zeit mehr für eine Psychotherapie haben...

  • DW
    Der Wahrheit

    So ist das in einer leistungsorentierten Gesellschaft. Leistung, Leistung, Leistung. Abitur in 12 Jahren, Studium in 6 Semestern, Klausurenfülle wie noch nie, und bei schlechter Leistung gibts aufn Deckel. Und dann wundert man sich, dass Industriekrankheiten ihre Hochkonjunktur haben. So ist das eben.

  • DD
    Druck der Gesellschaft

    Das Problem wird hier herrlich verharmlost, denn wie sollen Eltern und Kinder dem Druck standhalten, den die Gesellschaft mit dem nunmal herrschenden Leistungsprinzip ausübt?! Jeder gilt in Deutschland nur etwas, wenn er gute bis sehr gute Leistungen bringt, Verlierer oder Schwächere müssen halt selbst sehen, wie sie zurecht kommen. Dazu kommt, dass einerseits beide Eltern voll arbeiten sollen, die Kinder "gefälligst" von der Krippe über den Kiga bis zur Nachmittagsbetreuung(+"Hobbies")zum Supernachwuchs gedrillt werden soll, und dann wird aufgerufen, doch mal "in einer ruhigen Minute"(wann, nachts um 12?!)sich für die Kinder Zeit zu nehmen. Widerspruch par excellence. Es geht NICHT Beides, Leistung und Ruhe, sich kümmern und gleichzeitig in der heutigen Zeit noch evtl. mehrere Jobs unter einen Hut zu bringen. Das Leistungsprinzip muss anders definiert und angewandt werden, Lehrkräfte und Unterrichtspläne besser organisiert. Und es ist kein Wunder, dass der Druck immer stärker wird, das soziale Klima wird ja auch immer kälter, jeder ist sich selbst der Nächste.

  • T
    Tanja

    Und was machen Kinder, deren Eltern sich einen Dreck für sie und ihre Probleme interessieren? Das ist dann wohl persönliches Pech, ja?

  • L
    Lempel

    interessant, dass es hierfür eine Studie braucht- ist das nicht schon immer so gewesen? Ausser vielleicht in der Waldorfschule... Aber im Ernst, wie hoch ist denn der %-Anteil von Schülern (heutzutage und in der Geschichte), die ungestresst, fröhlich und gern in die Schule gehen?? Vielleicht 2% oder 0.2? Wohl eher letzeres.