Forderungen nach Böllerverbot: Die Politik muss handeln

Silvester ohne Knaller ist so wohltuend, wie sich 2021 zeigte – trotzdem wurde dieses Jahr wieder deutlich mehr geböllert. Es braucht ein Verbot.

Feuerwerksreste liegen auf der Straße

Vom Böllern bleibt nix außer dreckiger Luft Foto: dpa

Es mag ein subjektiver Eindruck sein, aber selten in den letzten zehn Jahren wurde ein Jahreswechsel in Berlin so zugeböllert wie dieser. Feuerwerk war oft schon am ersten Verkaufstag vergriffen; an Silvester begann das großflächige Knallen bereits am frühen Abend. Dazu kam es erneut zu heftigen Angriffen auf Feuerwehr und Polizei. Das zeigt: Die Evolution in zivilisatorischer Hinsicht verläuft nicht geradlinig – und das Ende der privaten Böllerei kommt nicht von allein.

Wer noch Beweise brauchte, dass ein Jahreswechsel ohne Feuerwerk auch schön und dazu viel angenehmer ist für die meisten Be­woh­ne­r*in­nen dieser Stadt (die Tiere sind hier explizit eingeschlossen), bekam diese 2020 und 2021. Das bundesweite Verkaufsverbot von Raketen und Co. aufgrund der Pandemie hatte geradezu wohltuende Auswirkungen und zeigte zudem: Wenn der Druck groß genug ist, dann handelt die Politik, selbst wenn die Maßnahme unpopulär ist.

Der Druck war eigentlich auch in diesem Jahr hoch: Die Krankenhäuser sind nach wie vor voll, die Rettungsdienste oft überlastet. Und doch hat sich der Bund nicht zu einem Verkaufsverbot – dem einzig wirkungsvollen Mittel zur Einschränkung der Böllerei – durchringen können. Schlimmer noch: Man hat nicht mal laut darüber nachgedacht, wohl weil im Falle dieses Falles die Verhindererpartei der Ampel, die FDP, es abgelehnt hätte.

Argumente reichen nicht – leider

Vielleicht hegten die Böllergegner in anderen Parteien die leise Hoffnung, dass die meisten Menschen erkannt hätten, dass ein Silvester ohne Krach genauso fulminant sein kann. Doch selbst wenn das so wäre: Die übliche Anzahl unverbesserlicher Knalltüten sorgte für den seit Jahren bekannten Radau. Dass sich jene Klientel jemals überzeugen lässt durch Argumente – etwa Warnungen wie „Böllern gefährdet die Gesundheit“ wie auf Zigarettenpackungen – ist unwahrscheinlich.

Im Jahr eins nach dem Böllerverbot sehen sich nun Umweltverbände, Grüne und die Polizeigewerkschaft GdP in ihrer Forderung nach dieser restriktiven Maßnahme bestätigt. Und sie haben recht: Die Böllerbarbarei zu beenden funktioniert offensichtlich nicht ohne Verbot. Nach diesem Jahreswechsel ist es höchste Zeit, dass die Politik dies endlich eingesteht. Nur ein paar Verbotszonen zusätzlich einzurichten, wie es die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey jetzt fordert, ist reine Symbolpolitik und wird wenig ändern.

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Jahrgang 1974, war bis Juni 2023 Leiter der Berlin-Redaktion der taz. Zuvor war er viele Jahre Chef vom Dienst in dieser Redaktion. Er lebt seit 1998 in Berlin und hat Politikwissenschaft an der Freien Universität studiert.

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