Forderungen an EU-Kommission: Biobauern wollen Mini-Ökoreform
Der Bio-Branchenverband will einen Neustart für die Regeln der Ökolebensmittel. Der Verhandlungsführer des EU-Parlaments findet das unrealistisch.
Gemeinsam mit Niedersachsen, das derzeit die Agrarministerkonferenz der Länder leitet, verlangte die Organisation, die Kommission müsse ihren Entwurf einer weitgehend neuen Ökoverordnung zurückziehen. Am 31. Mai sollte die letzte Verhandlungsrunde von EU-Kommission, -Parlament und den Mitgliedstaaten über den Text stattfinden. Doch sie wurde wegen immer noch zu großer Differenzen abgesagt.
Bionahrungsmittel werden natur- und tierfreundlicher erzeugt als konventionelle. Doch immer wieder gibt es Kritik wegen Betrugsfällen oder weil auch die Ökotierhaltung verbesserungsfähig ist. Mit ihrem 2014 vorgelegten Verordnungsentwurf wollte die EU-Kommission nach eigenen Angaben erreichen, dass das Vertrauen der Verbraucher in die Branche erhalten bleibt. Er sieht unter anderem vor, einen eigenen, besonders niedrigen Pestizidgrenzwert für Bioprodukte einzuführen.
BÖLW-Vorstandsmitglied Elke Röder lobte zwar, dass der Pestizidgrenzwert vom Tisch sei. Aber nun werde diskutiert, dass jeder Verdacht auf eine Belastung den Behörden gemeldet werden müsse – egal, wie hoch oder relevant die Mengen seien. „Dann werden die Behörden nicht mehr zu den entscheidenden Dingen kommen.“ Stefan Dreesmann, Ökoreferent im niedersächsischen Agrarministerium, kritisierte, der Kommissionsentwurf enthalte viele neue „unbestimmte Rechtsbegriffe“. Das würde dazu führen, dass die einzelnen EU-Staaten die Regeln noch unterschiedlicher interpretieren als bisher.
Konventionelle Samen nur noch bis 2035
Stattdessen, so der BÖLW, solle die Kommission lieber vorschlagen, dass ein Verdacht auf Unregelmäßigkeiten bei Bioware binnen zwei Monaten geklärt werden muss. Denn bisher würden sich solche Untersuchungen oft zu lange hinziehen und die Lebensmittel unterdessen schon verbraucht. Auch die immer wieder kritisierte Geflügelhaltung brauche neue Regeln. Zum Beispiel solle die Zahl der Tiere an einem Standort begrenzt, der vorgeschriebene Platz im Auslauf näher am Stall zur Verfügung gestellt werden. Um regionale Kreisläufe zu fördern, müsse definiert werden, wie groß das Gebiet ist, aus der das Futter kommen darf.
Der Verhandlungsführer des Parlaments, der Grüne Martin Häusling, argumentiert jedoch, es sei „völlig unrealistisch“, dass die Kommission neue Vorschläge unterbreitet, nachdem sie ihren derzeitigen Entwurf zurückgezogen hat. Laut EU-Recht kann nur die Brüsseler Behörde Gesetzesinitiativen einbringen. „Wenn das alles scheitert, ist das Thema politisch verbrannt“, sagte Häusling der taz. Agrarkommissar Phil Hogan habe bereits deutlich gemacht, dass er die Sache dann nicht mehr anpacken werde.
Dann würden auch Fortschritte gegenüber der jetzigen Rechtslage verloren gehen, auf die sich die EU in den Verhandlungen bereits geeinigt habe. Demnach müssten Importe aus Drittstaaten „im Prinzip“ die gleichen Regeln erfüllen wie in der EU produzierte Ware. Derzeit gebe es einen „unfairen Wettbewerb“, weil für Bauern etwa in der Ukraine laxere Standards gelten würden. Ein Vorteil sei auch, dass alle Mitgliedsländer Datenbanken über die Verfügbarkeit von Ökosaatgut einrichten müssten. Ziel ist demnach, dass konventionelle Samen nur noch bis 2035 genutzt werden dürfen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?