Forderung nach gezielter Bekämpfung: Antisemitismus kein Ausländerproblem

Vertreter verschiedener NGOs verlangen die Umsetzung der Resolution des Bundestages, den Antisemitismus gezielter zu bekämpfen. Unter anderem soll ein Expertengremium kommen.

... und reicht offenbar bis in die Mitte der Gesellschaft. Bild: dpa

BERLIN taz | Vertreter verschiedener NGOs versuchten am Donnertag mit einer Stellungnahme, Druck auf die Bundesregierung auszuüben, damit diese den Antisemitismus in Deutschland gezielter als bisher bekämpfe. Nachdem der Bundestag bereits im November 2008 eine überparteiliche Resolution zur Bekämpfung des Antisemitismus in Deutschland verfasst hatte, steht die Umsetzung der darin aufgestellten Forderungen bis heute aus.

Neben der Berufung eines zwölfköpfigen Expertengremiums für Antisemitismusfragen geht es vor allem um eine dauerhafte Finanzierung von Modellprojekten und eine bessere Ausbildung von Multiplikatoren.

Thomas Heppener, Vorsitzender des Anne Frank Zentrums, wies darauf hin, dass Prävention in Schulen hauptsächlich über den historischen Antisemitismus vermittelt werde und moderne Formen der Judenfeindlichkeit außer Acht lasse. Lehrer, Geistliche und Sozialarbeiter müssten daher stärker für neue Ausprägungen sensibilisiert werden. Das zuständige Innenministerium verwies in einer Stellungnahme auf die besondere Sorgfalt, die bei der Wahl eines handlungsfähigen Expertengremiums geboten sei. Eine Konstituierung sei jedoch noch in der laufenden Legislaturperiode geplant.

Nachdem sich die Regierung zum 70. Jahrestag der Reichspogromnacht im vergangenen Herbst zu der Resolution durchgerungen habe, sei es "sehr, sehr peinlich", dass die Umsetzung der darin geforderten Maßnahmen nun schon fast ein Jahr auf sich warten lasse, meinte Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung.

Deidre Berger vom American Jewish Committee wies darauf hin, dass für die gleichbleibend hohe Anzahl von antisemitisch motivierten Straftaten nicht allein historische Motive eine Rolle spielten, auch verharmlosende Vergleiche von Diktaturen mit dem Holocaust seien zunehmend ein Problem.

Kahane warnte davor, antisemitische Tendenzen ausschließlich muslimischen oder migrantischen Mitbürgern zuzuschreiben. Das Problem reiche bis in die Mitte der Gesellschaft, es sei daher "Unrecht, Antisemitismus zum Ausländerproblem zu machen", so Kahane. Auch eine Delegation des Problems an die rechtsextreme Szene müsse unbedingt vermieden werden.

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