Football-Quarterback Drew Brees: Spießiger Superstar
Eine Äußerung des Footballprofis Drew Brees ist Sinnbild für die Ignoranz privilegierter Weißer beim Thema Rassismus. Nun zeigt er Einsicht.
Drew Brees ist 41 Jahre alt und Football-Profi. Er ist einer der besten Quarterbacks in der Geschichte der National Football League. Dort passt er die Bälle für die New Orleans Saints. 2006 hat er den Super Bowl gewonnen und die Meisterschaft in die vom Hurrikan „Katrina“ zerstörte Stadt geholt. Wer ihm auf Instagram folgt, dem gewährt er Einblicke in sein Privatleben mit seiner Frau Brittany und den vier Kindern. Er inszeniert sich als der perfekte Familienvater und dürfte – auch weil er über 240 Millionen US-Dollar in seiner Karriere verdient hat – Vorbild vieler sportbegeisterter Jungs sein.
So wie er sein Leben auf Social Media zeigt, ist es von einer an Perfektion grenzenden Normalität geprägt, die man getrost als öde bezeichnen kann. Es gab keinen Grund, über ihn zu reden. In diesen Tagen jedoch spricht das ganze Land über den spießigen Superstar.
Er ist zum Sinnbild geworden für die Ignoranz privilegierter Weißer den Anliegen der Schwarzen Community in den USA gegenüber, als er vor einer Woche in einem Interview auf Yahoo!sports sagte: „Ich werde es nie akzeptieren, wenn jemand die Flagge der Vereinigten Staaten verächtlich behandelt.“ Während nach dem Mord an George Floyd im ganzen Land über rassistische Polizeigewalt diskutiert wurde, war dies seine Antwort auf die Frage, was er von der Protestform hält, die der ehemalige NFL-Profi Colin Kaepernick gegen eben diese Gewalt etabliert hat. Es geht um die Kniebeuge, zu der Profis angesetzt hatten, während vor einem Spiel die Nationalhymne abgespielt und die Flagge gehisst wurde.
Kotzende Emojis von Teamkollegen
Das Statement erntete in den sozialen Medien einen gewaltigen Shitstorm. Etliche seiner Mitspieler äußerten sich entsetzt. Saints-Receiver Michael Thomas nahm den Pass seines Quarterbacks auf seine Weise an und postete auf Twitter ein kotzendes Emoticon. Ein anderer Teamkamerad, Malcolm Jenkins, erklärte in einem Instagram-Video mit gebrochener Stimme, dass Brees selbst Teil des Problems ist, wenn er nicht verstehe, worum es bei den Protesten gehe. So wie das ganze Land derzeit gespalten ist, ging schnell ein Riss durch das Team.
Brees reagierte mit einer Entschuldigung, gab sich einsichtig und schien nun endlich verstanden zu haben, dass die Proteste, nichts mit einer Entehrung der US-Flagge zu tun haben. „Ich möchte Teil der Lösung sein“, sagte er. Und: „Ich bin euer Verbündeter.“ Bei seinem Team soll er sich entschuldigt haben und dass er einen Fan weniger hat, seit er US-Präsident Donald Trump in einem offenen Brief seine neue Weltsicht kundgetan hat, dürfte ihm klar sein.
Brees hat sich in die Defensive begeben. Ob man ihm seine neuen Einsichten abnimmt, wird sich zeigen. Die Zeit des breitbrüstigen Auftretens der weißen Vorzeigepatrioten in der NFL könnte zu Ende gehen. Dafür spricht nicht nur Brees’ Zurückrudern. Liga-Chef Roger Goodell meinte am Wochenende, die NFL habe einen Fehler gemacht, als man sich weigerte Kaepernick zuzuhören. Es tut sich etwas.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Autounfälle
Das Tötungsprivileg