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Foodwatch kritisiert EtikettenschwindelDie "Landlust-Tee"-Lüge

Hinter Werbung mit ländlichem Idyll verbirgt sich häufig ein billiges Industrieprodukt, kritisiert Foodwatch. Die Organisation spricht von staatlich legitimierter Verbrauchertäuschung.

Heimat, Herd und Gemütlichkeit: das Logo von Teekanne. Bild: dpa

Der Städter hat Sehnsucht. Nach der ländlichen Idylle. Das zeigt nicht zuletzt auch das bombastische Interesse am Magazin Landlust (Auflage 900.000 Exemplare). Also werden die urbanen Supermärkte immer öfter vollgepackt mit Produkten, die namentlich aus dem Grünen stammen sollen: Landgurken, Landkekse, Landwürste, Landnudeln.

Der Verbraucher, werbewirksam angefüttert von der Landlust-Utopie, wähnt sich geschmacklich zwischen Garten und Feld. Folgender Slogan passt da doch prima ins Bild: "Entdecken Sie den ursprünglichen Genuss vertrauter Früchte, die noch in Ruhe heranreifen können."

Leider, lieber Landträumer, steckt dahinter ein "besonders dreister Fall von Etikettenschwindel", findet die Organisation Foodwatch. Die Verbraucherschützer warnen vor Werbung, die vermeintliche Ursprünglichkeit verspreche, hinter der aber nur "ganz normale Industrieware" stecke. Bei der zitierten Harmoniephrase handelt es sich um die Werbung für das Teekanne-Heißgetränk "Landlust Mirabelle & Birne". Im Beutel stecken aber vor allem Äpfel, Hibiskus und Hagebutte.

Der Rest sind saftige Aromastoffe. Weil die besonders wertvoll sind, kosten dann 100 Gramm Tee mehr als 4 Euro. Der Hersteller argumentiert dazu ganz logisch, dass eine für das vollmundige Aroma ausreichende Menge getrockneter Birnen und Mirabellen leider nicht in den Beutel passen würde. Dennoch strahlen einen auf der Packung die vermeintlichen Hauptzutaten an. Das dürfen die Teemacher allerdings auch.

Laut der Lebensmittelbuch-Kommission des Bundesernährungsministeriums muss auf der Packung lediglich die "Geschmacksrichtung" beschrieben werden. Ein Teufelskreis. Gibt es einen Ausweg aus der Endstation Landlust? Die taz rät: Kaufen Sie Ihren Tee direkt beim Bauern.

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5 Kommentare

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  • Z
    zugehfrau

    @Sonny. DIE (!) Hausfrau ist harmoniesüchtig und es mangelt IHR(!) an einem klar analysierenden Verstand.

    An Letzterem herrscht ganz klar bei IHNEN Mangel.

  • W
    wurstbrot

    "Die taz rät: Kaufen Sie Ihren Tee direkt beim Bauern."

     

    Genau, bekanntlich hat ja der dümmste Bauer die dicksten Teesäcke (wenn es beim Industrietee daran scheitert, dass die für den Geschmack benötigte Menge an Früchten nicht in einen herkömmlichen Beutel passt).

     

    Zur Zubereitung mittels Teesack empfehle "ich": den Teesack zur Zubereitung in eine 300l Zinkwanne zu legen;)

  • S
    Sonny

    @MrGreen:

    Leider sind viele einkaufende HausfrauenErs enorm harmoniesüchtig. Auch beim Einkauf. Nennen Sie's Zweckoptimismus. Jedenfalls verfügen viele nicht über Ihren messerscharf analysierenden Verstand. Der wäre geradezu kontraproduktiv, wenn sie einer Familie ein gemütliches Heim machen wollen.

     

    Die schlauen Werbestrategen kalkulieren natürlich mit dem Harmoniebedürfnis und können sich andererseits immer rausreden, die Verpackungstexte wären gesetzeskonform.

     

    Helfen könnte, wenn die Einzelhändler die Gegenaufklärung in Form entlarvender Fotos der realen Produktionsbedingungen den idyllisierenden Verpackungsbildchen entgegen setzen würden. Dass das passieren wird, glaube ich kaum.

     

    Das Ende vom Lied ist absehbar: Die HausfrauenErs werden mit ihrem Unverstand noch die ganze Welt in einen großen Lidl verwandeln. Immerhin, kann keiner nachher sagen, MrGreen hätte nicht frühzeitig erkannt und gewarnt.

  • M
    MrGreen

    Welcher mündige Verbraucher glaubt heute noch ernsthaft, dass industriell produzierte Lebensmittel von Großmütterchen per Hand eingetütet werden, die Kuh im Stall nebenan von Opa noch mit der Hand gemolken wird und die fünf Hühner auf dem Hof vergnügt von den Enkelkindern gefüttert werden?

     

    Ist der ach so böse getäuschte Verbraucher nicht mehr in der Lage die Zutatenliste seiner Nahrungsmittel vor dem Kauf zu lesen? Sind wir Verbraucher wahrhaftig so verblödet und degeneriert, dass wir uns von bunten Bildchen auf schneeweißem Papier so schnell in die Irre leiten lassen?

     

    Soll uns Vater Staat wirklich vor Lebensmittel-Marketing schützen, damit wir Verbraucher unseren Kopf wieder abschalten können, und uns wieder voll und ganz dem eigenen neuen iPhone widmen können? Ein viel perfideres Marketing-Produkt. Allerdings ohne Zutatenliste ...

  • R
    Rumschnecke

    Dann trinkt man den Rum eben ohne Tee.