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Fondsmanager über Glyphosat-Urteile„Wir hoffen auf die Berufung“

Die Investmentfonds des Managers Markus Manns halten ein Prozent der Bayer-Aktien. Er warnt davor, die Urteile wegen Krebs durch Glyphosat überzubewerten.

„Eines der meist gehassten Unternehmen“: Bayer-Tochterfirma Monsanto Foto: dpa
Jost Maurin
Interview von Jost Maurin

taz: Herr Manns, ein kalifornisches Gericht hat den Chemiekonzern Bayer zu 80 Millionen Dollar Schadenersatz verurteilt. Das Pestizid Glyphosat seiner US-Tochter Monsanto hat den Geschworenen zufolge bedeutend zur Krebserkrankung des Klägers Edwin Hardeman beigetragen. Es ist das zweite Urteil dieser Art. Verkaufen Ihre Fonds nun Bayer-Aktien?

Markus Manns: Das kann ich nicht sagen, weil das wie eine Anlageempfehlung aufgefasst werden könnte, die wir aus rechtlichen Gründen nicht geben dürfen. Nur so viel: Wir hätten uns eine andere Entscheidung gewünscht. Aber ich warne davor, die beiden Urteile überzuinterpretieren. Das Berufungsgericht kippt viele Urteile entweder ganz oder reduziert die Schadenersatzzahlungen deutlich.

Warum?

Am Berufungsgericht entscheiden nur drei professionelle Richter. Da ist zu hoffen, dass die sich mehr die wissenschaftliche Seite anschauen, während Geschworene oft durch Anwälte emotional beeinflusst werden.

Im Interview: Markus Manns

Markus Manns, 53, Portfoliomanager bei der Frankfurter Fonds­gesellschaft Union Invest­ment. Diese hält 1 Prozent der Bayer-Aktien.

Was sagen Sie zu Bayers Behauptung, das Urteil werde nicht andere Prozesse beeinflussen?

Das ist schwer vorstellbar, weil die künftigen Geschworenen im Hinterkopf haben werden, dass Bayer schon zweimal schuldig gesprochen worden ist. Außerdem liegen bei dem Vorsitzenden Richter im aktuellen Verfahren 700 weitere Fälle, und er hatte den Prozess zu einem Musterverfahren erklärt. Aber richtig ist: Kalifornien ist dafür bekannt, dass viele Geschworenengerichte sehr stark pro Kläger sind. Der nächste Prozess findet auch in Kalifornien statt. Dann geht es aber nach Ohio.

Schadenersatz wegen Glyphosat

Urteil gegen Bayer

Die Jury habe Monsanto die Botschaft geschickt, „dass es sein Geschäftsgebaren ändern muss“, sagten Anwältinnen von Kläger Edwin Hardeman am Mittwoch. Gerade hatte ein Gericht in San Francisco die US-Tochterfirma des Bayer-Konzerns zu 80 Millionen Dollar Schadenersatz verurteilt. Das Unternehmen müsse dafür haften, dass sein Pestizid Roundup mit dem Wirkstoff Glyphosat Hardemans Krebs mitverursacht habe. Er hatte es jahrelang auf seinem Grundstück gespritzt.

Straf-SchadenersatzMonsanto hatte den Geschworenen zufolge fahrlässigerweise nicht genügend vor dem Risiko gewarnt. 75 Millionen Dollar der zugesprochenen Summe sind deshalb ein Straf-Schadenersatz. Die Anklage berief sich auf Tier- und Zellversuche sowie Studien, die Menschen mit und ohne Glyphosat-Kontakt verglichen. Bayer erklärte jedoch, bei Hardeman gebe es andere Risikofaktoren wie sein hohes Alter und eine Hepatitis-Erkrankung.

Aktienkurs fällt

Bayer kündigte Berufung gegen das Urteil an – so wie nach dem ersten verlorenen Glyphosat-Prozess im August. Dennoch fiel der Bayer-Aktienkurs am Donnerstag um bis zu 3,3 Prozent auf ein 7-Jahres-Tief von 54,48 Euro.

Wird das ähnlich wie bei der Tabakindustrie ausgehen: jahrelang Risiken leugnen, dann doch Mil­liarden zahlen?

Das glaube ich nicht. Bei Tabak würde niemand leugnen, dass er Lungenkrebs auslöst. Bei Glyphosat gibt es keinerlei Beweise, dass es Krebs verursacht. Auch alle staatlichen Organisationen haben die Unbedenklichkeit bescheinigt.

Die Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation hält Glyphosat aber für „wahrscheinlich krebserregend“. Sie gilt als besonders unabhängig von der Industrie, während Behörden sich vor allem auf Studien der Hersteller stützen. Gibt es wirklich keinerlei Beweise?

Okay, wissenschaftlich muss man wohl formulieren: „geringe“ Beweise. Nach der Bewertung der Krebsforschungsagentur gab es die sehr große Agricultural Health Study in den USA, die keinen Zusammenhang mit der betroffenen Krebsart feststellte. Diese Studie wurde von der Krebsforschungsagentur nicht berücksichtigt, weil die zu spät gekommen ist.

Im Hardeman-Prozess haben Experten ausgesagt, dass die Studie mangelhaft sei.

Sie werden immer ein paar Wissenschaftler finden, die anderer Meinung sind.

Wie viel könnte Bayer die Glyphosathaftung kosten?

Im schlimmsten Fall könnten die pleitegehen. Das halte ich aber für vollkommen unrealistisch. Aus früheren Fällen wissen wir, dass bei einem Vergleich so um die 5 Milliarden Dollar herauskommen könnten. Sollten es deutlich über 10 Milliarden werden, dann hätte Bayer für die Übernahme von Monsanto zu viel Geld ausgegeben.

Sind Sie überrascht über die Urteile?

Ja, wir hatten gehofft, dass auf Basis der Studien die Entscheidung nicht so eindeutig ausfällt beziehungsweise Bayer möglicherweise auch den einen oder anderen Prozess gewinnt.

Haben Sie vor der Monsanto-Übernahme gewarnt?

Nein. Die industrielle Logik der Fusion besteht auf jeden Fall: Saatgut von Monsanto und Pflanzenschutz von Bayer verbinden. Hätte Bayer Monsanto nicht gekauft, dann würden sie viel schlechter dastehen, weil sie im Agrarbereich eben nur noch Pflanzenschutz hätten, während die Konkurrenz um sie herum immer größer wird. Aber wir haben nicht gesagt: „Wow, das war der beste Deal ever!“ Bayer hat sich mit dem Deal a) diese ganzen Schadenersatzrisiken und b) die Reputationsrisiken eingekauft, weil Monsanto eines der meist gehassten Unternehmen ist, und das färbt auch auf Bayer ab. Man kann sicherlich fragen, ob Monsanto das ideale Ziel war oder ob man sich nicht eines der anderen Unternehmen hätte vorher anschauen sollen, die dann von anderen gekauft worden sind.

Wie gehen Sie mit dem Reputationsverlust um?

In unserem Nachhaltigkeitsfonds ist Bayer nicht enthalten. Wir werden uns auch auf der Bayer-Hauptversammlung kritisch äußern.

Muss Bayer-Vorstandschef Werner Baumann an Rücktritt denken?

Das ist deutlich zu früh. Bayer hat einige operative Baustellen. Der Bereich Consumer Health läuft nicht rund. Wir haben Produktionsengpässe und Ärger mit der US-Arzneimittelbehörde FDA im Pharma­bereich. Wir müssen die Pipeline neuer Produktentwicklungen auffüllen. Das sind drei Sachen, wo ich operative Fortschritte erwarte. Das ist für mich genauso wichtig wie die ersten Glyphosat-Prozesse.

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10 Kommentare

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  • Kleines Update zu Transparentbemühungen in Sachen Bayer-Monsanto hierzulande:



    fragdenstaat.de/ak...urheberrecht-2019/

  • Zitatanfang:

    Glysophat enthält auch Dioxin.

    Zitatende

    So schwierig ist es eigentlich nicht Glyphosat zu schreiben ...

    Und die Aussage mit dem Dioxin passt zur Ignoranz der Glyphosatschreibweise.

  • Haha.. ein "Superinterview" eeh !!!



    ..ein Investmentbanker dem es nur um Profit geht, der auf juristische Interpretationen hofft, das die BAYER Pestizidproduktion , hier: ROUNDUP ..



    juristisch `reingewaschen´wird von Vorwürfen,



    Krebskrankheiten zu erzeugen !!!



    Profit über Gesundheit ist das !



    Es bleibt zu Hoffen, das eine richtige Lawine von Verboten die Pestizidindustrie erfasst ! Die Praxis von MONSANTO, patentierte Samen zu verkaufen, die den Gebrauch von ROUNDUP erzwingen.. hat viele Bauern in den Ruin getrieben (siehe in Indien..) und ganze Regionen vergiftet!



    Und das Leben im Boden: Insekten und Würmer ( die Nahrung vieler Vögel usw) verträgt ROUNDUP nicht!

  • Man sollte erst wissen, wem der Union Investment in Frankfurt gehört für die Herr Markus Manns dient, um dann den Informationsgehalt zu werten, wie etwa der Info / Aussage:



    „Aber ich warne davor, die beiden Urteile überzuinterpretieren. Das Berufungsgericht kippt viele Urteile entweder ganz oder reduziert die Schadenersatzzahlungen deutlich.“

    Vor der Fusion zwischen Monsanto und dem Chemiekonzern Bayer, waren ja schließlich die Schadenersatzansprüche die heute inzwischen in gerichtlichen Urteilen festgestellt sind, bekannt. Ich glaube diese Geschichte schlicht nicht, dass ein Heer von Top-Qualifizierter Wirtschaftsprüfer, Juristen und Unternehmensmanager die Risiken die in Monsanto steckten, völlig falsch bewertet haben. Ich halte das für eine totale Legende.

    Das einzige was jetzt den 10taudenden Arbeitern bei Bayer hilft, ist der Staatsanwalt. Die Fusion sollte wegen arglistiger Täuschung angefochten werden und Monsanto - nach der Rückabwicklung der Fusion - dorthin geschickt werden, wo es hingehört, in die Insolvenz, in die Mülltonne.

    Immer diese fantastischen Geschichten, von ahnungslosen Wirtschaftsprüfern, Juristen und Unternehmensmanagern. Wie schon zur Bankenkriese, wurden diese Helfershelfer verschont, die Bürger haben die Rechnung bezahlt. Wenn der Staat nicht will oder in der Lage ist, hier endlich mal harte abschreckende Haftstrafen durchzusetzen, wird das ewig so weiter gehen, dass am Schluss des Tages, der dumme Michl die Rechnungen zahlt.



    Schluss damit!

    • @Nico Frank:

      "…wird das ewig so weiter gehen, dass am Schluss des Tages, der dumme Michl die Rechnungen zahlt. "



      Es ·w i r d· ganz genau so weitergehen, denn genau das ist ja so gewollt. Eigentlich ganz einfach… Die Konsequenz wäre einfach: diese Vollpfosten einfach nicht mehr wählen – alles ·e i n e· Sauce.

  • 6G
    64984 (Profil gelöscht)

    Wieso bietet eigentlich die taz so jemandem eine Plattform, um zu sagen, dass Glyphosat eigentlich ganz harmlos ist?

    Ausgewogenheit kann es ja wohl nicht sein, denn sonst hätte die taz auch mal ein Interview mit den Anwälten der Opfer bringen müssen

    • Jost Maurin , Autor des Artikels, Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
      @64984 (Profil gelöscht):

      Auch die Gegenseite kommt in der taz zu Wort - sogar sehr häufig.

  • Und dann kommt Agent Orange, Glysophat ist ja nur Agent Orange light.



    Glysophat enthält auch Dioxin.



    Wie perfide und skrupellos muß man sein Windelhöschen damit zu kondaminieren im Wissen um die Folgen, und nicht nur die.



    Und dann nur den Aktienkurs im Kopf, die einzige Sorge der Chemie und Giftmafia , ach nein der Aktionäre und Bayer Monsanto.



    Ich hoffe auf den klaren Blick der amerikanischen Richter, damit dieses böse Spiel bald ein Ende hat.

    • @Sofia Dütsch:

      Nein. Gar nicht. Überhaupt nicht. Glyphosate ist ein Phosphonat mit einer langen C-Kette.



      Agent Orange war ein Gemisch aus mehreren Chlororganischen Substanzen mit aromatischen Ringen.

      Glyphosate ist genauso Agent Orange light wie ein Damenschuh eine Quastenflosser light ist.

  • " Wie viel könnte Bayer die Glyphosathaftung kosten? · · Im schlimmsten Fall könnten die pleitegehen."



    Das werden die auch. Außer, ja außer, die Regierung erklärt diesen Geldgier-Laden als "systemrelevant" und too big to fail – dann sind wir dran, diese geldgierigen Idioten zu "bezahlen" – sprich die Rechnung ääh Entschädigungssummen zu zahlen. So wird's kommen, denn 😇 90 % der Bevölkerung sind ja shareholder und die müssen vor den Folgen ihrer gierigen Abzocke "geschützt werden" – ist doch klar. 😇 Ironie Ende.



    Wie blöd sind wir eigentlich?!



    13.08.2018:



    www.taz.de/Kursstu...S-Urteil/!5524782/