Folgen von „Sandy“: Die Ostküste räumt auf
Die Lage in den vom Hurrikan „Sandy“ verwüsteten Bundesstaaten bleibt angespannt. Mitt Romney nimmt seinen Wahlkampf trotzdem wieder auf.
WASHINGTON taz | Während die US-Hauptstadt Washington schon am Dienstagnachmittag mit der Wiedereröffnung des öffentlichen Nahverkehrs zum Alltag zurückkehrte, stellt sich die Lage nach Durchzug des Hurrikans „Sandy“ insbesondere in New York und in den Bundesstaaten New Jersey und West Virginia völlig anders dar.
Fast sieben Millionen Haushalte entlang der Ostküste der USA haben nach wie vor keinen Strom, auch in den Bundesstaaten Connecticut, Maine, New Hampshire, Ohio, Pennsylvania, Virginia und anderen.
Große Teile der New Yorker U-Bahn stehen noch immer unter Wasser, über zwei Millionen New Yorker sind noch ohne Strom, die Zahl der Toten ist nach Angaben von Bürgermeister Michael Bloomberg auf 22 gestiegen.
Ab Mittwoch sollte der öffentliche Nahverkehr mit Bussen wieder aufgenommen werden. Den Ausfall der U-Bahn, die täglich rund 5 Millionen Passagiere befördert, kann das nicht ausgleichen. Bloomberg sagte am Dienstag, es werde mindestens noch einige Tage dauern, bis die Stromversorgung wiederhergestellt sei, und es sei nicht absehbar, wann die U-Bahn wieder fahren könne. Die Schulen blieben auch am Mittwoch geschlossen. Die Flughäfen Newark und JFK sollten am Mittwoch den Betrieb wieder aufnehmen.
Republikaner lobt Obama
Im Bundesstaat West Virginia zeigt sich derzeit die andere Seite von „Sandy“: Bereits jetzt liegen dort zwischen 60 Zentimeter und 1 Meter Schnee – und es schneit weiter. Über 300.000 Menschen sind dort ohne Strom, und wo die Versorgung wiederhergestellt oder nicht zusammengebrochen ist, verursacht der Schneefall neue Ausfälle.
Präsident Barack Obama wollte am Mittwoch New Jersey besuchen, um sich mit dem republikanischen Gouverneur Chris Christie ein Bild von der Lage zu machen. Dort stehen noch einige Ortschaften unter Wasser, der Zugverkehr sollte am Mittwoch zum Teil wieder aufgenommen werden. Jedoch sind zahlreiche Schienenwege, mindestens 65 Lokomotiven und rund 250 Waggons stark beschädigt.
Bereits am Dienstag hatte sich Christie – noch beim republikanischen Parteitag im Sommer einer der schärfsten Redner gegen Obama und dessen big government – für die hervorragende Zusammenarbeit mit der Bundesregierung bedankt: „Die Regierung, der Präsident und FEMA-Chef Craig Fugate haben sich bislang herausragend verhalten.“
Romney wieder im Wahlkampfmodus
Herausforderer Mitt Romney hingegen, der noch am Dienstag eine Wahlkampfveranstaltung im Swing State Ohio zu einer Nothilfeveranstaltung umgewidmet hatte, nahm am Mittwoch seinen Wahlkampf mit Kundgebungen in Florida wieder auf.
In den US-Medien wurden Romneys frühere Äußerungen zur Bundesfinanzierung der Katastrophenhilfeorganisation FEMA zu einem beliebten Thema. Bei einer republikanischen Vorwahldebatte hatte er gesagt: „Immer wenn es die Möglichkeit gibt, der Bundesregierung etwas wegzunehmen und es an die Bundesstaaten zurückzugeben, ist das der richtige Weg. Und wenn man es an den Privatsektor geben kann, umso besser.“
Nicht nur liberale Kommentatoren wie die Huffington-Post-Herausgeberin Ariana Huffington weisen darauf hin, dass Naturkatastrophen deutlich machen, warum eine handlungsfähige Regierung wertvoll ist. Romney versuchte am Dienstag, Reporterfragen zu dem Thema auszuweichen; aus seinem Team heißt es nur, die Bundesstaaten sollten „die Ressourcen und die Hilfestellung bekommen, um mit Katastrophen umgehen zu können“ – was viele als neuen opportunistischen Positionswechsel interpretieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt