Folgen des Ukrainekriegs in Bangladesch: Lebensmittelpreise fast verdoppelt
Stark steigende Lebensmittelpreise setzen der Bevölkerung zu. Jetzt soll ein staatliches Subventionsprogramm zur Stabilität beitragen.
Innerhalb von zwei Wochen haben sich in Dhaka die Preise für Lebensmittel zum Teil verdoppelt, sagen Bewohner:innen. Zunächst wurde das Speiseöl plötzlich teurer. Aber das ist nicht so ungewöhnlich vor dem Fastenmonat Ramadan, der in diesem Jahr am 2. April beginnt.
Doch auch für Gemüse, Linsen und Fleisch muss nun viel tiefer in die Geldbörse gegriffen werden. Die starke Verteuerung führte zu Protesten, die Regierung lenkte schnell ein.
Für die nächsten sechs Wochen sollen deshalb Grundnahrungsmittel für bis zu 10 Millionen Familien zu vergünstigten Preisen angeboten werden. Das soll für Stabilität sorgen. Eine weitere Erleichterung soll durch die Senkung der Mehrwertsteuer und der Einfuhrzölle folgen.
Regierung verweist auf gestiegene Rohölpreise
Tapan Kanti Ghosh, Staatssekretär im Handelsministerium, verweist auf die gestiegenen Rohölpreise und damit höhere Transportpreise als Ursache. Diese wirkten sich auch auf die weltweiten Warenpreise aus, sagte er der Nachrichtenagentur AFP. Damit verweist er letztlich auf den Krieg in der Ukraine als Grund für die massiven Preisanstiege.
Allerdings verzeichnet auch das Nachbarland Indien einen ähnlichen Anstieg der Kraftstoffpreise – aber dort blieben die Preissteigerungen ansonsten gemäßigt.
Tatsächlich seien die Kosten für Reis, Eier und Zucker in Bangladesch deutlich schneller gestiegen als im weltweiten Vergleich, errechnet die Denkfabrik Centre for Policy Dialogue (CPD) in Bangladesch.
Laut CPD-Mitarbeiter Towfiqul Islam Khan sind die Preise für Grundnahrungsmittel in Bangladesch derzeit sogar höher als auf dem Weltmarkt. Doch liegt der monatliche Durchschnittsverdienst vieler Arbeitnehmer:innen in Bangladesch im unteren mittleren Rahmen. Zu erklären sei das möglicherweise durch Manipulationen und mangelnde Wirtschaftsleistung, sagt Khan der Dhaka Tribune.
Schon die Covid-Pandemie ließ die Kaufkraft sinken
Die wesentlich höheren Ausgaben belasten nun vor allem die unteren und mittleren Einkommen der knapp 170 Millionen starken Bevölkerung. Ihre Kaufkraft sei schon durch die Pandemie zurückgegangen, so Khan.
Die Inflation der Lebensmittelpreise von Oktober 2021 bis Januar 2022 beziffert CPD auf gut 5 Prozent – doch reicht ein einfacher Vergleich der aktuellen Preise, um zu sehen, dass das nicht der Realität entspricht.
Bangladesch galt lange als eines der ärmsten Länder in Südasien. In seinem 50-jährigen Bestehen machte das Land allerdings große Schritte. Der Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung hat sich verbessert, die Wirtschaft wuchs, vor allem bei Dienstleistungen und in der Bekleidungsindustrie. Mittlerweile ist das Pro-Kopf-Einkommen statistisch gesehen in Bangladesch höher als im benachbarten Indien.
Vor dem Angriff auf die Ukraine importierte Russland aus Bangladesch Waren im Wert von 550 Millionen Dollar, vor allem Bekleidung. Russlands Exporte nach Bangladesch betrugen 480 Millionen Dollar und bestanden vor allem aus Weizen und Getreide.
„Bangladesch bekommt die Auswirkungen des Krieges zwischen Russland und der Ukraine bereits in vielerlei Hinsicht zu spüren“, sagt CPD-Direktorin Fahmida Khatun. Sie rechnet mit einem Rückgang der Exporte und höheren Importrechnungen. Sie empfiehlt, die Subventionen wichtiger Güter für mehere Monate fortzusetzen.
Russland baut Atomkraftwerk in Bangladesch
Zu Monatsbeginn hatte sich Bangladesch bei der Abstimmung in der UN-Generalversammlung über eine Verurteilung des russischen Angriffs auf die Ukraine enthalten. Seit 2018 baut die staatliche russische Atombehörde Rosatom 200 Kilometer nordwestlich von Dhaka Bangladeschs erstes Atomkraftwerk Ruppur (RNPP).
Das mit 12,65 Milliarden Dollar veranschlagte und zu 90 Prozent mit russischen Krediten finanzierte 2,4-Gigawatt-Projekt am Fluss Padma sollte eigentlich 2025 fertig werden. Es könnte aber jetzt womöglich wegen Auswirkungen internationaler Sanktionen gegen Russland zu Verzögerungen kommen.
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