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Folgen der Ukraine-KriseObama macht Polen froh

Barack Obama will die Truppen in Ostmitteleuropa aufstocken und insgesamt eine Milliarde Dollar investieren. Die Nachricht kommt in Warschau gut an.

Lächelnder Pole: Obama mit Polens Premierminister Donald Tusk. Bild: reuters

WARSCHAU taz | Damit hatte in Polen kaum jemand gerechnet: Die USA wollen ihre Militärpräsenz in Europa mit rund einer Milliarde Dollar ausbauen. Dies kündigte US-Präsident Barack Obama gleich zu Beginn seines Besuchs in Warschau an.

Seit Monaten verfolgen die Polen mit größter Aufmerksamkeit und Sorge, wie Moskau das Nachbarland Ukraine mit einem unerklärten Krieg überzieht. Viele Polen fürchten, dass „prorussischen Separatisten“ in russischen Uniformen ohne Hoheitsabzeichen in Kürze auch bei ihnen auftauchen und ihr Land ins Chaos stürzen könnten. Wer in der Nato würde dann helfen?

Als Polen und die baltischen Republiken die Nato vor einigen Wochen um Unterstützung baten, waren die Reaktionen der Westeuropäer eher reserviert. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier lehnte eine verstärkte Präsenz deutscher Soldaten in Polen explizit ab. Das kam dort ausgesprochen negativ an. Unverständlich ist vielen Polen auch die langsame Sanktionspolitik der Europäer. Der nach wie vor verlässlichste Partner scheinen da die USA zu sein.

Barack Obama sicherte den ostmitteleuropäischen Nato-Staaten nun angesichts der Ukrainekrise zu, dass die USA für ihre Sicherheit garantierten und ihr Truppenkontingent in der Region aufstocken wollten. Zur Finanzierung werde er den Kongress um die Genehmigung von einer Milliarde Dollar (730 Millionen Euro) bitten. „Das wird ein starkes Signal des Engagements für die Sicherheit der Bündnispartner sein“, sagte er nach einem Treffen mit Polens Staatspräsident Bronislaw Komorowski in Warschau.

Für Komorowski war die Klarstellung wichtig, „dass es keine Nato-Staaten zweiter Kategorie gebe, denen jemand von außen – konkret Russland – sagt, ob dort amerikanische Truppen stationiert werden können oder nicht“. Seit April sind schon 600 US-Soldaten in den vier östlichsten Nato-Staaten stationiert. Außenminister Radoslaw Sikorski forderte nach einem Treffen mit seinem US-Kollegen John Kerry erneut eine Aufstockung dieses Kontingents.

Zudem pochte Obama auf höhere Verteidigungsausgaben der europäischen Nato-Partner. Viele europäische Regierungen hätten ihre Wehretats über die Jahre zurückgefahren, kritisierte er. „Das muss sich ändern.“ Jeder der 28 Nato-Mitgliedstaaten müsse in puncto Verteidigung seinen „fairen Anteil“ leisten.

Auf dem Treffen der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel begrüßte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen die Bereitschaft der USA, sich in den östlichen Nato-Staaten stärker zu engagieren. Einmal mehr forderte er von den übrigen Nato-Partnern ein Aufstockung ihres Militärbudgets. Deutschland kündigte an, ihre Militärpräsenz im polnischen Stettin zu verstärken. Derzeit sind dort 180 Soldaten stationiert.

Am Mittwoch trifft Obama in Warschau auch mit dem neu gewählten ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko zusammen. „Ich will von ihm hören, was die Ukraine braucht“, sagte Obama.

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3 Kommentare

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  • "Unverständlich ist vielen Polen auch die langsame Sanktionspolitik der Europäer. Der nach wie vor verlässlichste Partner scheinen da die USA zu sein. "

     

    Die USA sind der verlässlichere Partner, das scheint nicht nur so. Insbesondere die friedensbesoffenen Deutschen weigern sich zu realisieren dass Politik immer noch mit der Waffe gemacht wird. Wer sich weigert da mitzumachen gibt seine politischen Gestaltungsmöglichkeiten gleich mit ab. Das ist scheiße, so läuft es gegenüber faschistoiden Staaten mit expansiver Außenpolitik aber leider. Oder, wie Mao so schön sagte: "Die politische Macht kommt aus den Gewehrläufen." Wir sind doppelt machtlos, einmal als Volk (weil unsere Obrigkeit uns das Recht vorenthält, uns zu bewaffnen), einmal als Staat (weil unsere Armee total unterrüstet und nichtmal zur wirksamen Landesverteidigung fähig ist).

    • @muh:

      Ihre Weltsicht ist seit hundert Jahren überholt . Und seit 1991 nur noch bescheuert .

  • Liebe Taz-Leser,

    wenn man die letzten Tage diese Zeitung durchschaut, könnte man auf den Gedanken kommen, in der Ukraine speziell in der Ostukraine herrscht Friede, Freude, Eierkuchen.

    Beim Lesen der anderen Mainstreampresse finde ich zu diesem Thema auch nichts.

    Man muss schon gut recherchieren als politisch Interressierter um etwas zu finden, dann erschrickt man aber, denn dass Morden nach der Wahl ist noch schlimmer als vor der Wahl durch die ukrainische Armee und der Nationalgarde ohne irgendwelche Rücksichtnahme auf die Zivilbevölkerung.Ich hatte gedacht, nach dem 02.05. in Odessa(auch total ignoriert von der TAZ) kann es nicht schlimmer kommen, aber da irrte ich mich leider. Wäre dies ein halbes Jahr früher passiert auf dem Maidan, gäbe es UNO-Eingaben, Flugverbotszonen und Luftangriffe als Reaktion der EU, USA und NATO auf diese Völkerrechtsverletzungen.Aber jetzt sterben die Richtigen, dass ist nicht weiter schlimm, so könnte man die Politik des Westens z.Z. verstehen.

    Vor einem halben Jahr hatte ich mal überlegt, die TAZ finanziell mit zu unterstützen, aber z.Z. fällt einem das kostenlose Lesen schon schwer.

    SG Mengel