Folgen der Finanzkrise: Seefahrt bringt Not
Die HSH Nordbank macht auch in diesem Jahr Miese. Grund ist die kriselnde Schifffahrtsbranche. Die Linke vermutet hinter dem abgespeckten Quartalsbericht eine Verschleierungstaktik.
HAMBURG taz | Die Schifffahrtskrise macht der HSH Nordbank immer schwerer zu schaffen. Zwar verbuchte die Bank in den ersten drei Quartalen des Jahres 2012 mit 25 Millionen Euro ein deutlich geringeres Minus als im ersten Dreivierteljahr 2011. Da hatte das Minus 269 Millionen Euro betragen. Doch das Gesamtjahr könnte trotzdem schlechter ausfallen als 2011.
Grund dafür sind vor allem die vielen Schiffskredite, die die weitgehend Hamburg und Schleswig-Holstein gehörende Bank in ihren Büchern stehen hat. Mit zunehmender Dauer der Schifffahrtskrise drohen diese Kredite einer nach dem andern zu platzen. Zwei Posten haben die HSH Nordbank von Januar bis September 2012 viel Geld gekostet: Kursverluste bei der Beschaffung der Dollars in denen die Schiffsfinanzierung abgewickelt wird und die Erhöhung der Risikovorsorge für möglicherweise platzende Schiffskredite um rund 460 Millionen Euro.
Und die Lage wird nicht besser werden. Die Bank geht „angesichts deutlich eingetrübter Erwartungen in einzelnen Märkten, insbesondere in der Schifffahrt, in den kommenden Monaten von erhöhtem Vorsorgebedarf für Kreditrisiken aus, der sich im Konzernergebnis niederschlagen wird“, heißt es im Bericht zum dritten Quartal.
Konzernfehlbetrag: Die HSH Nordbank hat 2012 in den ersten neun Monaten 25 Millionen Euro Verlust gemacht. Das sind 244 Millionen Euro weniger als im gleichen Vorjahreszeitraum.
Entwicklung: Wohin die Reise geht zeigen allerdings die Warnungen des Vorstands, dass weitere Rückstellungen für gefährdete Schiffskredite nötig sein werden. Das zeigt sich schon, wenn man das dritte Quartal 2012 für sich betrachtet: Hier machte die Bank einen Verlust von 95 Millionen Euro, der die vorangegangenen Quartalsgewinne auffraß.
Umbau zu einer Bank für Unternehmer: Das Neugeschäft verdoppelte sich auf 4,5 Milliarden Euro, bei einer Bilanzsumme von 136 Millionen.
Sorgen macht Bänkern und Eigentümern der hohe Bestand an Schiffskrediten: Fast 30 Milliarden Euro hat die Nordbank hierfür verliehen. Angesichts der schlechten Fracht- und Charterraten wird der Anteil der Schiffsfinanzierungen, der sich durch Stundung der Kredite durch die Krise retten lässt, immer kleiner. Zumal die Bank selbst davon ausgeht, dass die Branchenkrise erst in einem oder anderthalb Jahren ihren Tiefpunkt erreicht haben wird.
Viele Anteilseigner weigern sich, Geld in notleidende Schiffsfonds nachzuschießen, das heißt Schiffe zu finanzieren, die dauernd Verluste einfahren. Nach Angaben der Deutschen Fondsresearch sind derzeit 266 Schiffsfonds von Insolvenz bedroht und werden saniert. Im vergangenen Jahr waren es noch 197. Die meisten Schiffe konnten durch einen Verkauf vor der Insolvenz gerettet werden. Das heißt aber in der Regel, dass die Kreditgeber draufzahlen müssen.
Angesichts der Lage versucht die HSH Nordbank zu sparen. Unter anderem am Umfang ihres Quartalsberichts, den sie von 100 auf 15 Seiten abgespeckt haben. Das hat das Misstrauen der Linken in der Hamburgischen Bürgerschaft wachgerufen. „Man muss sich wirklich fragen, ob die tatsächliche Situation der Bank nicht verschleiert werden soll“, sagte der Abgeordnete Norbert Hackbusch. Im Gegensatz zum amerikanischen ist die Bank nach deutschem Recht aber nicht verpflichtet, ausführliche Quartalsberichte zu veröffentlichen. Die HSH habe schon Anfang 2012 beschlossen, nur noch den Jahres- und den Halbjahresbericht ausführlich zu gestalten, sagt Banksprecher Rune Hoffmann. „Das ist einzig und allein dem Kostendruck geschuldet.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen