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Fördergeld-Affäre der Berliner CDUAnzeige ist raus

Die Fördergeld-Affäre der Berliner CDU könnte bald von der Staatsanwaltschaft untersucht werden. Anwalt stellt Strafanzeige gegen Chialo und Goiny.

Bald auf dem Weg zum Gericht? Der ehemaliger Kultursenator Joe Chialo steht im Verdacht, Gelder veruntreut zu haben Foto: picture alliance/dpa/Fabian Sommer

Aus Berlin

Anselm Mathieu

Der Druck auf die Berliner CDU steigt: Bald könnte sich die Generalstaatsanwaltschaft Berlin in die Fördergeldaffäre um die fragwürdige Vergabe von Mitteln zur Antisemitismusbekämpfung einschalten – der Rechtsanwalt Moheb Shafaqyar hat Strafanzeige gegen die Christdemokraten Joe Chialo, Christian Goiny und alle weiteren Mitverantwortlichen wegen des Verdachts auf Untreue gestellt. Linke und Grüne im Abgeordnetenhaus sind bereits dabei, einen Untersuchungsausschuss einzurichten. Auch der Landesrechnungshof wurde schon gebeten, die Angelegenheit zu untersuchen.

Es bestehe „dringender Anfangsverdacht einer Straftat“, heißt es in der Strafanzeige von Shafaqyar, die der taz vorliegt. Weiter ist von „vorsätzlicher Umgehung rechtsstaatlicher Kontrollmechanismen“ die Rede, die das Vertrauen der Bür­ge­r*in­nen in die Integrität ihrer gewählten Vertreter erschüttere. Dass mutmaßlich Mittel veruntreut wurden, „die dem wichtigen Kampf gegen Antisemitismus gewidmet waren“, stelle außerdem eine „besondere moralische Verfehlung dar“.

Kuriose Fördermittelvergabe

Der frühere Kultursenator Joe Chialo soll während seiner Amtszeit Druck auf seine Verwaltung ausgeübt haben, trotz teils massiver Bedenken bestimmten Projekten ohne angemessene Prüfung Gelder zuzuweisen, die für den Kampf gegen Antisemitismus gedacht sein sollten. Auch Chialos Nachfolgerin, die parteilose Kultursenatorin Sarah Wedl-Wilson, hat sich wohl auf diese Weise über geltende Normen hinweggesetzt. Die Liste von zu fördernden Projekten soll unter anderem von Christian Goiny, dem haushaltspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion, zusammengestellt worden sein.

Goiny muss sein Mandat und seine Ämter niederlegen

Moheb Shafaqyar, Rechtsanwalt

Wie die taz und der Tagesspiegel bereits berichteten, wecken auch einige der Projekte selbst Zweifel bezüglich der Ernsthaftigkeit ihrer Antisemitismusarbeit und ihres Umgangs mit den erhaltenen Geldern. Unter ihnen finden sich die Immobilienfirma „FaBlhaft“, die 39.000 Euro erhalten haben soll, und ein Projekt namens „Mosaik G.C.B.“, auf dessen Website kaum mehr als einige KI-generierte Bilder im Filmposter-Stil zu finden sind. Mosaik G.C.B. wurden rund 90.000 Euro bewilligt. Auf taz-Nachfrage erklärt der als Geschäftsführer verzeichnete Mark Pinhasov, eine Animations-Serie namens „Jojo and Simha: Exploring Berlin“ befinde sich noch in den ersten Schritten der Produktion.

Noch mehr Fragen wirft der Umstand auf, dass Pinhasovs Name bei gleich drei der geförderten Projekte auftaucht. Seine Kollegin Maral Salmassi vom „Zera Institute“, das wiederum stattliche 390.000 Euro Förderung erhalten hat, sitzt zufällig mit Christian Goiny im Vorstand der CDU Lichterfelde. Mit dem Mann also, von dem die Liste der zu fördernden Projekte erst gekommen sein soll.

Staatsanwaltschaft am Zug

Von der Generalstaatsanwaltschaft erwartet sich Rechtsanwalt Shafaqyar, dass sie sich gerade bei Po­li­ti­ke­r*in­nen in hohen Ämtern „nicht zurückhält“, erklärt er im Gespräch mit der taz. Er hofft, dass schnell Beweise gesichert und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Auch von der CDU fordert Shafaqyar Konsequenzen: „Goiny muss sein Mandat und seine Ämter niederlegen“, findet er.

Was die mit den Fördermitteln bedachten Projekte zu erwarten haben, kann er noch nicht einschätzen. Sollte sich jedoch eine Rechtswidrigkeit der Förderungen herausstellen, müssten die Förderungen aufgehoben und die Projekte mindestens zu einer Rückzahlung der Mittel aufgefordert werden, so Shafaqyar.

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