: Fluppenlobby
Nun hat sie wieder Streß, die Tabaklobby in Bonn. Sollte der Gesetzentwurf heute im Bundestag durchkommen, wäre ein Rauchverbot am Arbeitsplatz und in öffentlichen Räumen fällig. Da wundert es wenig, daß die Vertreter der Tabakindustrie in den vergangenen Wochen ordentlich rangeklotzt haben. Galt es doch, die Bundestagsabgeordneten davon zu überzeugen, daß ein Rauchverbot ganz und gar unnötig sei.
Nach Angaben von Axel Heim, Vertreter des Verbandes der Cigarettenindustrie (vdc), haben Lobbyisten des Verbandes in den letzten Wochen mindestens mit der Hälfte der Abgeordneten geredet, um sie von der Überflüssigkeit des Nichtraucherschutzgesetzes zu überzeugen. Das sei ein mühseliges Geschäft, denn die Grundregel des Lobbyismus laute: Sprich immer nur unter vier Augen. Da die Abstimmung im Bundestag freigegeben ist, habe sich die Arbeit für die Tabaklobbyisten „potenziert“.
Der vdc hatte Anfang Januar im Wirtschaftsausschuß ein Gutachten vorgelegt, wonach ein Nichtraucherschutzgesetz jährlich bis zu 33 Milliarden Mark kosten würde. Wirtschaftspolitiker der CDU wie Gunnar Uldall und Ulrich Petzold sowie Jürgen Möllemann von der FDP waren empört: Das Nichtraucherschutzgesetz sei „unzumutbar“, eine Gefahr für den Standort Deutschland.
Die Initiatoren des Nichtraucherschutzgesetzes waren überrascht. Seit Monaten werde das Gesetz diskutiert und erst in der Endphase „dieses Gefälligkeitsgutachten“ aus dem Hut gezaubert, erklärte der Abgeordnete Roland Sauer (CDU), Mitinitiator des Gesetzes. Sauer und Kollegen vermuten hinter dem Gutachten „eine konzertierte Aktion“ zwischen Abgeordneten der Unionsfraktion und der Raucherlobby: die der Tabakindustrie nahestehenden Abgeordneten hätten den Wirtschaftsausschuß einberufen, und die Tabaklobby habe rechtzeitig ein raucherfreundliches Gutachten erarbeiten lassen.
Die Mühen der Lobbyisten scheinen sich zu lohnen. Gegen das Nichtraucherschutzgesetz haben sich bereits der Deutsche Städte- und Gemeindebund, Wirtschafts- und Industrieverbände und – mit Vorsicht zwar – sogar die Betriebskrankenkassen ausgesprochen. Das Gesetz bedeute schlicht „Überregulierung“. Der vdc und Freunde zählen jetzt auf den Gegenantrag des CDU- Abgeordneten von Stetten. Die Chancen stehen also nicht schlecht für die Raucherlobby. Schließlich sponsert die Zigarettenindustrie Jahr für Jahr Parteitage und Parteizeitungen. Marktführer Philip Morris überweist CDU und SPD jährlich 20.000 Mark, FDP und CSU bekommen noch 10.000 Mark. Uta Andresen
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