Flughafenmurks in Berlin: Möglich, aber komisch

Die Justizverwaltung unter Senator Dirk Behrendt (Grüne) stellt ein Rechtsgutachten zur Offenhaltung des Flughafens Tegel vor.

Soll er auf bleiben? Oder besser geschlossen werden? Fragen über Fragen Foto: dpa

Was genau bedeutet das Wörtchen „ausgeschlossen“? So viel wie „unmöglich“? Oder doch eher „komplett abwegig“? Solche Fragen taten sich am Mittwoch bei der Vorstellung eines Rechtsgutachtens auf. Mit dem wollte die Justizverwaltung unter Senator Dirk Behrendt (Grüne) stellvertretend für den Senat ein für allemal Klarheit in der Frage schaffen, ob die Offenhaltung des Flughafens Tegel rechtlich möglich ist – oder eben nicht.

Rechtsanwalt Reiner Geulen, der das Gutachten erstellt hatte und präsentierte, wand sich dann aber doch bei den Nachfragen der Journalisten. Und obwohl schon auf Seite 5 von 33 seines Gutachtens klipp und klar steht, der Weiterbetrieb sei „ausgeschlossen“, musste er einräumen, dass die formal korrekte Antwort anders lauten müsse, nämlich: „Ja, es ist grundsätzlich möglich, Tegel offen zu halten.“

Allein der Versuch jedoch, so der altgediente Verwaltungsrechtler, der einst als Anwalt der „Bombodrom“-Gegner in Brandenburg einen großen Erfolg feierte, sei dermaßen absurd – um das zu tun, „müsste man schon ein sehr komischer Senat sein“. Beim Planungsrecht lägen die Hürden extrem hoch, hinzu kämen praktisch unüberwindbare Anforderungen bei den immissionschutzrechtlichen, sprich: Lärmschutz-Aspekten. Ein Widerruf des Widerrufs der Tegel-Betriebsgenehmigung trete den Minderheiten- und Vertrauensschutz der Tegel-Anwohner mit Füßen. Den Initiatoren des Volksbegehrens attestierte Geulen ein „Defizit an rechtsstaatlichem Verständnis“.

Mehrere „K.-o.-Punkte“ sprechen für Geulen gegen den Wunsch nach einer Tegel-Offenhaltung – allen voran das abgeschlossene Planungsverfahren für den Luftverkehr in der Region. Hier gebe es ein „enges Junktim“ zwischen dem Schicksal der beiden Flughäfen BER und TXL. Genau genommen sei Tegel bereits seit 2004 geschlossen, nur die Bedingung der BER-Inbetriebnahme stehe noch aus.

Anwohnerklagen

Sollte der Senat sich dazu versteigen, den Widerruf zu widerrufen, rechnet der Jurist mit Anwohnerklagen und Verfahren, die sich bis zu fünf Jahren hinziehen könnten. Eröffne aber in dieser Zeitspanne der BER, trete die Tegel-Schließung automatisch in Kraft: „Dann ist für TXL alles aus.“

Im unwahrscheinlichen, vielleicht aber nicht undenkbaren Fall, dass der BER auch in fünf Jahren noch seiner Fertigstellung harren sollte, entstünde dagegen ein ganz anderes Problem: Tegel bliebe – vielleicht – auf, dafür wäre nun die Planfeststellung und somit die Eröffnung des BER gefährdet.

Geulens Fazit: „Der Senat hat keine nach menschlichem Ermessen realistische Möglichkeit, Tegel offenzuhalten.“ Die TXL-Befürworter dürften das dennoch als erneuten Beweis dafür interpretieren, dass „unrealistisch“ eben nicht „unmöglich“ ist – auch wenn es jeglicher Vernunft widerspricht.

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