Fluggesellschaft Air Berlin: Fakten vergeblich bestritten
Air Berlin zog nach einem taz-Bericht über unbesetzte Sitze am Notausgang vor Gericht – ohne Erfolg. Nun soll sich die Praxis ändern.
Trotzdem änderte Air Berlin nach dem Bericht nicht etwa die fragwürdige Praxis – etwa indem wie bei anderen Fluglinien Passagiere vor Beginn des Flugs umgesetzt werden, wenn die Plätze am Notausgang nicht verkauft worden sind. Stattdessen zog das Unternehmen im September gegen die taz vor Gericht und verlangte, die Vorwürfe zu unterlassen.
In der Begründung behauptete das Unternehmen, das LBA habe die Praxis überhaupt nicht kritisiert. Wenige Tage später fiel dem Unternehmen dann offenbar auf, dass es aussichtslos war, die Fakten zu bestreiten – schließlich hatte sich die Behörde gegenüber der taz schriftlich geäußert. Ohne weitere Angabe von Gründen nahm die von Air Berlin beauftrage Anwaltskanzlei den Antrag auf eine einstweilige Verfügung zurück. Nach einer Gegenklage der taz übernahm Air Berlin im November auch die kompletten Kosten des Rechtsstreits.
In der Sache bewegte sich die Airline jedoch immer noch nicht. Noch Ende November erklärte Unternehmenssprecherin Janine Mollenhauer auf taz-Anfrage erneut, Air Berlin lägen seitens des Luftfahrtbundesamtes „keine Aussagen vor, wonach hinsichtlich unserer Praxis der Sitzplatzvergabe an Notausgängen Sicherheitsbedenken bestehen“. Die Aussagen des Amts gegenüber der taz, dass sich die Forderung nach besetzten Notausgängen aus den Bauvorschriften ergebe, beeindruckte Air Berlin offenbar nicht.
Luftfahrtbundesamt wiederholt Forderung in Rundschreiben
Doch auf Dauer wird das Unternehmen die Kritik des Luftfahrtbundesamts nicht ignorieren können. Denn inzwischen hat die Behörde ihre Forderung in einem offiziellen Rundschreiben an alle Luftfahrtunternehmen wiederholt und konkretisiert. Es sei „unerlässlich, dass alle vorhandenen Notausgänge/Notausstiege durch geeignete eingewiesene Personen besetzt sind“, heißt es darin unmissverständlich.
Das könnten entweder Flugbegleiter oder Passagiere sein. Die Besetzung der Notausgänge sei „vor jedem Flug sicherzustellen“, schreibt das Amt. Ein Verfahren dafür müsse, „falls nicht bereits geschehen“, im Betriebshandbuch beschrieben und dem Luftfahrtbundesamt vorgelegt werden.
Ob die finanziell angeschlagene Fluggesellschaft Air Berlin dieser sicherheitsrelevanten Vorgabe nun nachkommt oder auch dagegen mit rechtlichen Schritten vorgeht, ist offen. Eine „umfassende rechtliche Bewertung des LBA-Rundschreibens sowie der zugrunde liegenden Rechtsvorschriften und gegebenenfalls auch die Prüfung entsprechender operativer Maßnahmen“ sei „noch nicht abgeschlossen“, teilte Air Berlin auf taz-Anfrage mit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Experten warnen vor Trump-Zöllen
Höhere Inflation und abhängiger von den USA
Die Brennelementefabrik und Rosatom
Soll Lingen Außenstelle von Moskaus Atomindustrie werden?
Klimagipfel in Baku
Nachhaltige Tierhaltung ist eine Illusion