Flüssiggas-Herstellung in den USA: Für Gasexporte Luft verpesten
Eine US-Firma will Grenzwerte für krebserregende Gase aussetzen lassen. Sie begründen das mit den steigenden Exporten nach Europa.

Ein Tanker mit Flüssiggas vor dem Hafen von Boston, Massachusetts, USA Foto: Steve Dunwell/imago
BERLIN taz | In den USA versucht der Flüssiggas-Produzent Cheniere Energy, Umweltschutzmaßnahmen mit Verweis auf die geplanten Flüssiggas-Importe nach Europa aussetzen zu lassen. Das berichtet die US-amerikanische Nachrichtenseite Inside Climate News.
Die Richtlinie der US-amerikanischen Umweltbehörde EPA betrifft Turbinen, die Erdgas verflüssigen und es so verschiffbar machen. Während dieses Vorgangs werden die Gase Formaldehyd und Benzol frei, die beim Menschen krebserregend wirken. Um das Krebsrisiko zu verringern, begrenzt die EPA-Richtlinie den Ausstoß der Gase.
Die Grenzwerte existieren eigentlich seit 2004, wurden aber von der EPA bis März dieses Jahres ausgesetzt. Nun müssen die Flüssiggas-Hersteller innerhalb von sechs Monaten nachweisen, dass ihre Turbinen die Verschmutzungsgrenzwerte einhalten. Die Industrie hält das für zu kurzfristig, um die Technik dementsprechend umzurüsten. Umweltschützer*innen entgegnen, dass Richtlinie und Frist spätestens seit 2007 bekannt gewesen seien.
Die Auseinandersetzung spielt sich vor dem Hintergrund größerer Flüssiggas-Exporte aus den USA in die Europäische Union ab. Chenieres Anwältin Brittany Pemberton schrieb der EPA, die Umweltschutzregelung treffe die Flüssiggas-Industrie zu einem Zeitpunkt, da die USA eine wichtige Rolle in der Energieversorgung Europas zu spielen haben.
Diese wichtige Rolle haben EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und US-Präsident Joe Biden Ende März vereinbart. Bis mindestens 2030 werde die EU jährlich 50 Milliarden Kubikmeter Flüssiggas importieren. Das entspricht etwa einem Drittel des europäischen Imports von russischem Gas. Biden und die Kommission betonen in ihrem Statement auch, dass die wachsende Flüssiggas-Nachfrage „in Einklang mit unseren gemeinsamen Netto-null-Emissionszielen“ stehen soll. Aufgrund der steigenden Exporterwartungen werden in den USA aktuell 27 Flüssiggas-Terminals gebaut oder erweitert, die allein bis zu 117 Millionen Ton CO2 ausstoßen können.
Die Sprecherin für Energie und Klima der Grünen-Fraktion, Ingrid Nestle, sagte der taz, dass Deutschland kurzfristig Flüssiggas brauche, das aber weder in Deutschland noch in den Exportländern dazu führen dürfe, Umweltstandards zu ignorieren. Deswegen sei es gut, dass die USA unter Biden wieder Emissionsgrenzwerte eingeführt haben. Das Bundeswirtschaftsministerium hat sich bis Redaktionsschluss gegenüber der taz nicht geäußert. Auch die Frage, ob Umweltschutzmaßnahmen in Kaufverträge mit den USA einfließen könnten, ließ es unbeantwortet.
Leser*innenkommentare
Hans Hase
"Bis mindestens 2030 werde die EU jährlich 50 Milliarden Kubikmeter Flüssiggas importieren"...
Nope.
83 mio. m3 Flüssiggas / a
Das entspricht 50 Mrd. m3 gasförmigem Gases / a.
1 m3 LNG (flüssiges Gas) = ca. 600 m3 gasförmiges Gas.
Was wir benötigen ist Energie. Joule oder kWh.
Das wird real importiert.
Daraus leitet sich dann u.A. das Volumen ab.
1 m3 LNG aus US-Shale hat einen Heizwert von 21600 Megajoule.
Insofern werden 1.8 mio Terajoule (TJ) importiert werden.
Der derzeitige aus RUS importierte Nettobedarf Deutschlands (exklusive der über Deutschkand an Drittländer exportierten Mengen) liegt bei 1.2 mio TJ /a.
= 55.5 mio m3 LNG / a bzw. 33.3 Mrd. m3 gasförmiges Gas / a.
Daraus leitet sich auch direkt der Bedarf an Importkapazität ab.
4 x FSRU = 4 x 8 bis 9 Mrd. = 32 bis 36 Mrd. m3 / a Regasifikationskapazität in das deutsche Gasnetz.
Energiebedarf / Heizwert / Volumen
Bafa-Tabelle hilft
Sonnenhaus
"Deswegen sei es gut, dass die USA unter Biden wieder Emissionsgrenzwerte eingeführt haben."
Die "neuen" Grenzwerte gelten doch aber bereits seit 2007.
Zumindest ist das Verhalten der Industrie nicht neu. Auf Kosten der Natur und der Gesundheit der Menschen möglichst viel Geld machen.
Daher ist Gas eben keine Brückentechnologie. Denn bis die Brücke Überflüssig wird, hat sie uns und unsere Umwelt zerstört.
Christian Ziems
Grün sei dank