Flüchtlingsrettung im Mittelmeer: Auch künftig kein „Sophia“-Einsatz

Die EU-Operation im Mittelmeer wird vorerst nicht wieder aufgenommen. Die EU-Staaten können sich nicht auf die Verteilung Geretteter einigen.

Seenotretter und Gerettete

Bekommen keine militärische Unterstützung der EU: Seenotretter der SOS Mediterranee Foto: Renata Brito / ap

Die EU-Anti-Schlepper-Mission „Sophia“ im zentralen Mittelmeer wird vorerst nicht wieder aufgenommen. Bei einem Treffen in Zagreb konnten sich die EU-Innenminister nicht auf die Voraussetzungen für eine Verlängerung einigen. Die Welt berichtet, vor allem Österreich und Italien lehnten einen Neustart der „Sophia“-Operation ab. Auch Griechenland und Ungarn hätten Bedenken gezeigt. Für die Wiederbelebung von „Sophia“ wäre eine einstimmige Entscheidung notwendig gewesen.

Grund für die Ablehnung ist, dass die EU-Staaten sich nicht auf ein System zur Verteilung Geretteter einigen konnten. Der „Sophia“-Einsatz hatte ab 2015 zehntausende Flüchtlinge aus Seenot gerettet und nach Europa gebracht. So müsste bei einem Neustart auch die Flüchtlingsaufnahme und -verteilung geklärt werden. Insbesondere osteuropäische Länder lehnen beides bisher kategorisch ab.

Mehrere Politiker hatten sich zuvor für die Wiederbelebung der Militärmission ausgesprochen, darunter auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD). Deutschland sei bereit zur Aufnahme von Migranten, die von Schiffen einer neuaufgelegten EU-Marinemission „Sophia“ gerettet werden, hatte Seehofer am Freitag in Zagreb gesagt.

Er sei bereit, die vor fünf Monaten getroffene Einigung zur Verteilung aus Seenot Geretteter auf eine neue „Sophia“-Mission auszuweiten. „Alles, was die Staatengemeinschaft tun kann, um den Frieden zu sichern, ist gut, und deshalb hat es meine Unterstützung.“ Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatte kürzlich erklärt, die EU wolle „Sophia“ mit Fokus auf ein seit Jahren gültiges Waffenembargo gegen Libyen neu auflegen.

An der Rettung von 35.200 Menschen beteiligt

Die EU hatte die offiziell EUNAVFOR MED Sophia genannte Militärmission mit Beteiligung der Bundeswehr 2015 gestartet, um gegen die Schlepper in Libyen vorzugehen. Zunächst sollten vor allem Informationen über sie, etwa per Drohne, gesammelt werden. Zudem sollte die Zahl der Toten auf dem Meer reduziert werden, indem die Rettungsleitstellen die Möglichkeit bekommen, die „Sophia“-Schiffe bei Bedarf für Rettungseinsätze anzufordern. Von Januar 2016 bis Juni 2018 waren die „Sophia“-Schiffe nach einer Zählung der Internationalen Organisation für Migration an der Rettung von 35.200 Menschen beteiligt, das war etwa ein Zehntel der Rettungen in dieser Zeit im zentralen Mittelmeer insgesamt.

Die EU versuchte stets, die Mission als „Rettungseinsatz“ darzustellen, obwohl dies nicht die primäre Aufgabe war. Der Name „Sophia“ stammt von einem Mädchen, das an Bord eines der Militärschiffe von einer geretteten Mutter geboren wurde. Seit einer Erweiterung des Mandats im Mai 2016 sollte die Mission auch auf den Aufbau einer libyschen Küstenwache vorantreiben und diese ausbilden.

Gleichzeitig sollte das Waffenembargo gegen Libyen überwacht werden. Ursprünglich geplant war noch eine dritte Phase. In der sollte – per Zustimmung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen – auch die Zerstörung der Infrastruktur von Schleusern und deren Booten auf libyschem Territorium möglich sein. Doch dazu kam es nicht.

Libyen lehnte jeden Einsatz auf seinem Territorium ab. Und Italien verweigerte unter der Lega-Regierung von Matteo Salvini, dass Gerettete von den „Sophia“-Schiffen weiter in italienische Häfen gebracht werden. Daraufhin wurde die Mission 2019 ausgesetzt. Seit April 2019 beschränkt sich die Mission auf die Ausbildung der libyschen Küstenwache.

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