Flüchtlingspolitik der Berliner Linkspartei: „Auch wenn das drei Prozent kostet“
Der Spitzenkandidat der Linken, Klaus Lederer, will Flüchtlinge weiter willkommen heißen, selbst wenn die Partei Stimmen verliert. Heftige Schelte für Berliner Senat.
Berlin taz | Klaus Lederer, Landesvorsitzender der Linkspartei, hat die Flüchtlingspolitik des Berliner Senats scharf kritisiert. Es gebe eine Kumulation vieler Probleme „und deshalb funktioniert im Kern gar nichts“, sagte Lederer im Polittalk „Brinkmann & Asmuth“ auf tv.berlin. Verantwortlich dafür seien nicht nur der Leiter des Landesamt für Gesundheit und Soziales, Franz Allert, sowie Sozialsenator Mario Czaja (CDU), sondern auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD).
Bei dem monatlichen Polittalk streiten der tv.berlin-Moderator Peter Brinkmann und der taz-Redakteur Gereon Asmuth mit jeweils einem Gast über aktuelle Probleme der Berliner Landespolitik.
Schon in den Sendungen der vergangenen Monate hatten die beiden mit Diana Henniges von der Initiative „Moabit hilft“ und Canam Bayram (Grüne) über den Umgang mit den Flüchtlingen in der Hauptstadt gestritten.
In der Novemberausgabe war nun Klaus Lederer zu Gast, der von seiner Partei erst am vergangenen Wochenende als Spitzenkandidat für die Abgeordnetenhauswahl 2016 designiert wurde.
Empfohlener externer Inhalt
Brinkmann & Asmuth & Lederer 1
„Wenn ich mir die Zustände vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales anschaue, wo beheizte Zelte im Innenbereich stehen und die Geflüchteten trotzdem vor der Tür warten müssen, wenn ich erlebe, dass Turnhallen von heute auf morgen requiriert werden, aber die banalsten Sachen nicht geregelt sind, dann ist die Willkommenskultur von Seiten des Staats keine besonders gute“, schimpfte Lederer.
Der Senat benötige Monate, um die Probleme anzugehen - und dass obwohl in Zukunft absehbar weiter Flüchtlinge kommen werden. „Deshalb wünsche ich mir, dass der Regierende Bürgermeister nicht nur mit den Backen bläst, sondern auch pfeift.“
Empfohlener externer Inhalt
Brinkmann & Asmuth & Lederer 2
Kritisch sieht Lederer hingegen die Pläne des Senats, Flüchtlinge auf dem Flugfeld Tempelhof unterzubringen, obwohl per Volksentscheid beschlossen worden war, dass das Feld nicht bebaut werden darf. „Für mich gibt es überhaupt keinen Anlass, dem Senat zu trauen, dass es hier nur um eine provisorische Lösung geht“.
Lederer gab zu, dass die unbedingte Willkommenskultur auch in der eigenen Wählerschaft auf Zweifel stößt. Umfragen hätten gezeigt: „Unsere Wählerinnen und Wähler sind da skeptischer als die der Grünen“. Aber wenn es um Hilfe für Benachteiligte gehe, dann müsse eine linke Partei konsequent bleiben, auch beim im nächstes Jahr anstehenden Wahlkampf: „Ganz ehrlich: wenn uns das zwei oder drei Prozent kostet, dann ist das eben so.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe