Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt: Scholz will effizienter abschieben
Bund und Länder haben sich eine Milliarde Euro für die Länder geeinigt. Kanzler Scholz redet aber vor allem über beschleunigte Asylverfahren.
Der Beschluss formuliert zudem Maßnahmen für beschleunigte Asylverfahren und konsequentere Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber. Unter anderem verspricht die Bundesregierung, einen Gesetzentwurf vorzulegen, um Georgien und Moldau zu sicheren Herkunftsstaaten einzustufen.
Der Bundeskanzler hat sich mit der Atmosphäre des Flüchtlingsgipfels mit den Ministerpräsidenten zufrieden gezeigt. Das Treffen sei „konstruktiv und gut“ gewesen, sagte Scholz am Mittwochabend nach den Beratungen im Kanzleramt. „Ich finde, das ist ein guter Tag des deutschen Föderalismus, den wir heute haben.“ Es sei gut für die Demokratie, gemeinsam Lösungen zu entwickeln.
Dann widmete er sich ausführlich den geplanten Änderungen bei der Abschiebungen. Die große Aufgabe sei es, „die irreguläre Migration zu steuern und zu begrenzen.“ Deshalb werde Deutschland ganz neue Arten von Migrationspatenschaften abschließen. Man werde sich mit anderen Ländern verständigen über den Zuzug von Fachkräften treffen, aber auch über die Rücknahme der Staatsbürger, „wenn sie hier nicht bleiben können“.
Bund und Länder seien sich auch einig, dass man den Schutz der EU-Außengrenzen voranbringen müsse, erklärte Scholz. Es sei aber auch „wichtig, dass wir unsere eigenen Grenzen gut bewachen“, sagte Scholz am Mittwochabend nach dem Flüchtlingsgipfel mit den Ländern. Er verwies dabei auf die bestehenden Kontrollen zu Österreich und sagte: „Wir werden lageabhängig auch bei weiteren Anrainerstaaten ähnliche Schritte ergreifen beziehungsweise die Intensivierung von Schleierfahndung vornehmen.“
„Wir brauchen alle Möglichkeiten, Asylverfahren zu beschleunigen“, erklärte der Kanzler. Dazu diene zum Beispiel die Deklaration von Staaten mit EU-Beitrittsperspektive wie Georgien und Moldau zu sicheren Herkunftsstaaten.
Verlängerter Ausreisegewahrsam
Um Ausreisepflichten auch durchzusetzen, werde man unter anderem die Informationsmöglichkeiten zwischen Justiz- und Ausländerbehörden verbessern. Zudem hätten sich Bund und Länder darauf verständigt, die maximale Dauer des Ausreisegewahrsams von derzeit 10 auf 28 Tage zu verlängern, sagte Scholz. Es gehe um ein „effizientes System“, das gewährleiste, dass Schutzbedürftige Asyl beantragen können, aber auch dass diejenigen, die nicht bleiben können, zurückkehren.Über solche Verschärfungen war bereits im Vorfeld des Gipfels diskutiert worden. Sie waren bei den Grünen auf Ablehnung gestoßen.
Erst ganz am Ende sprach der Kanzler über die von den Ländern geforderte finanzielle Unterstützung.
In den ersten vier Monaten des Jahres wurden in Deutschland laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) 101.981 Erstanträge auf Asyl gestellt. Das waren 78 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Viele Kommunen sehen sich bei der Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge an der Belastungsgrenze.
Die Regierungschefs und -chefinnen der Länder waren mit großer Einigkeit in die Beratungen über die Folgen der zuletzt deutlich gestiegenen Zahl von Flüchtlingen und Asylbewerbern gegangen. Länder und Kommunen wollen eine stärkere und dauerhafte Beteiligung des Bundes an der Finanzierung der Unterbringung, Versorgung und Integration der Schutzsuchenden. Der Bund hatte vor Beginn des Treffen auf seine bereits geleisteten Beiträge in Milliardenhöhe verwiesen.
Vor dem Hintergrund steigender Flüchtlingszahlen hatten die Regierungschefs der Länder bei dem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ihre Forderung nach einer dauerhaften zusätzlichen finanziellen Unterstützung durch den Bund bekräftigt.
Nach Angaben aus Teilnehmerkreisen war am Mittwoch im Kanzleramt bis zum Abend in unterschiedlich besetzen Runden verhandelt worden. Zwischenzeitlich berieten beide Seiten getrennt voneinander. Die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten hatten vor Beginn des Flüchtlingsgipfels klar gemacht, sie wollten mehr als eine Einmalzahlung.
Der Bund hatte seinerseits auf bereits geleistete Beiträge in Milliardenhöhe verwiesen. Die Länder fordern jedoch ein System, bei dem die Zahlungen des Bundes automatisch steigen, wenn mehr Menschen ins Land kommen, die versorgt werden müssen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Neue israelische Angriffe auf Damaskus
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Umwälzungen in Syrien
Aufstieg und Fall der Familie Assad