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Flüchtlingsfeinde in ThüringenDrohungen gegen Bodo Ramelow

Morddrohungen per Post und Mail wegen Unterkünften für Asylbewerber: Der thüringische Ministerpräsident ist schweren Anfeindungen ausgesetzt.

Ministerpräsident Bodo Ramelow wird offen bedroht Bild: dpa

WEIMAR/ERFURT dpa | Im Zusammenhang mit der Diskussion über die Unterbringung von Flüchtlingen hat es Morddrohungen gegen den thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke) gegeben. „Ich habe drei Morddrohungen erhalten“, sagte Ramelow der Thüringischen Landeszeitung. Sie seien schriftlich, unter anderem per E-Mail eingegangen.

Ihm sei auch ein Brief mit weißem Pulver zugeschickt worden, der kriminaltechnisch untersucht wurde. Angefangen hätten die Drohungen mit der Auseinandersetzung um eine mögliche Außenstelle für eine Flüchtlingserstaufnahme in Gera-Liebschwitz.

In einer Erfurter Gaststätte habe man ihm zudem „offen Schläge angedroht“. Wegen der erhöhten Gefährdungslage wurde der Regierungschef nach eigenen Angaben in der vorvergangenen Woche mit einer schwerer als üblich gepanzerten Limousine chauffiert, wie das Blatt weiter schrieb.

Thüringen verfügt bisher über zwei Erstaufnahmeeinrichtungen in Eisenberg und in Suhl, in denen gegenwärtig rund 1.500 Flüchtlinge untergebracht sind. Eine neue Außenstelle von Eisenberg in einer ehemaligen Berufsschule in Gera-Liebschwitz soll weiteren 200 Flüchtlingen Aufnahme bieten.

Die rot-rot-grüne Landesregierung prüft derzeit, ob Gera-Liebschwitz neben Immobilien in Rudolstadt und Erfurt-Waltersleben infrage kommt. An diesem Montag soll der Landesregierung eine Prüfung der drei Standorte vorliegen. Am Dienstag will sich nach bisherigen Planungen das Kabinett damit befassen.

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14 Kommentare

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  • Das ist wieder mal die altbekannte Einschüchterungsmasche, die leider viel zu oft erfolgreich verläuft. Man muss das sehr ernst nehmen. Das sind gewiss keine Streiche oder Kleinigkeiten, das ist blanker Terror. Zunächst einmal muss man diese Leute intensiv ausermitteln, notfalls auch mit Spezialisten aus anderen Bundesländern. Dann muss man den Sumpf dahinter konsequent trockenlegen.

    • @Rainer B.:

      Nach den Erfahrungen mit den Ermittlungsbehörden nicht erst im Fall NSU habe ich da wenig Hofnung.

  • Die beste Verteidigung ist bekanntlich der Angriff.

    Wie lange will man die braune Pest noch gewähren lassen?

  • Und der thüringer VS gibt die Aufenthaltsdaten Ramelows an die Nazis weiter.

    • @nzuli sana:

      Dürfen die das denn?

      • @Werner W.:

        Gute Frage. Haben Sie da eine belastbare Antwort?

  • Herr Ramelow hat es geschafft, sich zwischen alle Stühle zu setzen.

     

    Für die Leute am rechten Rand ist er als prominenter Linker automatisch ein Feind; das wundert niemand. Aber auch bei den DDR-Nostalgikern in seiner eigenen Partei hat er sich sehr unbeliebt gemacht: Nämlich, als er das für sie Undenkbare nicht nur dachte, sondern auch aussprach: „Die DDR war ein verbrecherisches System“.

     

    Auch, dass er versprach, die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit verstärkt fortzusetzen. Und das, während seine (linken) Gegner in der Partei immer lauter fordern, mit dieser „Aufarbeiteritis“ müsse endlich mal Schluss sein!

     

    Bin gespannt, wie er aus diesem Spagat herauskommt!

    • @Pfanni:

      verbrecherisches System“

       

      Wo steht das, bitte?

       

      In der Präambel des Koalitionsvertrages findet sich zur DDR

      "in der Konsequenz ein Unrechtsstaat".

       

      Das klingt deutlich anders.

       

      Und

       

      "zwischen alle Stühle zu setzen".

       

      Was soll das in diesem Kontext?

       

      Sie wollen doch nicht ernsthaft unterstellen, die Morddrohungen kämen aus Ramelows Partei.

      • @Eilige Intuition:

        Betr.: „Verbrecherisches System“: Diese Formulierung gebrauchte Ramelow zu Beginn des Wahlkampfes, später allerdings dann die Formulierung, die Sie aus dem Koalitionsvertrag zitiert haben (nachdem vermutlich im innerparteilichen Streit dieser Kompromiss gefunden wurde).

         

        Betr.: „Morddrohungen“: Ich unterstelle niemand etwas, ich könnte es weder beweisen, noch widerlegen.

         

        Unabhängig davon melden sich aus der Linkspartei immer wieder Leute zu Wort, die den Untergang der DDR bedauern und Ramelows Meinung zur DDR heftig kritisieren. Wenn einer von diesen ewig Gestrigen MP geworden wäre und nicht der „Realo“ Ramelow, dann kämen wir wohl bald auf den Weg zu einer DDR 2.0. Dann bliebe Herrn Ramelow nur noch der Parteiaustritt, um glaubwürdig zu bleiben!

        • @Pfanni:

          Keine Frage mit den alten Seilschaften, IM und Ewig-Gestrigen, die nach wie vor das Hohe Lied der DDR singen.

           

          Das macht die Linke leider auch immer wieder zu einer demokratiefernen Kaderpartei (Nicht, dass die Anderen das nicht auch wären), obwohl sie andererseits als politisches Regulativ nahezu unerlässlich ist, nachdem die Grünen ihre seinerzeitigen Prinzipien nahezu restlos über Bord geworfen haben und die Piraten nichts als eine herbe dilettantische Enttäuschung waren.

           

          Fast mein gesamtes Leben lang stand ich politisch vor der Entscheidung Pest oder Cholera?

           

          Aber Nicht-Wählen ist halt keine Alternative.

  • Ich möchte nicht über Herr Ramelow urteilen, was seinen Umgang mit Flüchtlingen angeht. Was man ihm vorwerfen kann, dass er die Themen vor der Wahl nicht angekündigt oder thematisiert hat. Mutig wäre es gewesen vor der Wahl damit zu werben dass er im Winter keine abgelehnten Asylbewerber ausweisen will oder die neuste Schlagzeile, dass er illegale Asylbewerber einbürgern will. Wie gesagt ich sage nicht dass seine Ideen schlecht sind, aber er hätte dass auch so vor der Wahl vorbringen können!

    • @Tobias Müller:

      "Jene gegenüber Migrantinnen und Migranten vollzogene Politik, die von ihnen eine einseitig zu erbringende Leistung erwartet, lehnen wir ebenso ab wie wir uns einer selektiven Einwanderungspolitik widersetzen werden." s.50

      "Für uns ist ein humanitärer Umgang mit verfolgten und zu schützenden Menschen Gradmesser für die Menschlichkeit einer Gesellschaft und damit Voraussetzung für den Abbau von rassistischen Einstellungen in der Gesellschaft. Wir planen daher, alle landesgesetzlichen und -rechtlichen Regelungen dahingehend zu überprüfen, ob Flüchtlinge durch diese benachteiligt und diskriminiert werden und in der Folge entsprechend ändern." s.51 Wahlprogramm Die Linke Landtagswahl Thüringen 2014 http://www.die-linke-thueringen.de/fileadmin/LV_Thueringen/dokumente/ltw_2014/LinkeTHU_LTW_Langwahlprogramm_web.pdf

    • @Tobias Müller:

      Solch ein kryptisches Geschreibsel muss man nicht verstehen.

       

      Wo Bodo Ramelow in der Asylfrage steht, war vor und nach seiner Wahl völlig klar: auf der Seite der Menschlichkeit.

       

      Seitdem hat sich die internationale Lage und damit auch die der Flüchtlinge erheblich verschärft.

       

      Da ist schlicht, rasches Handeln angesagt.

       

      Solche vertrackten dügidahaften Denkspielchen zu fabulieren, um vom Thema Morddrohungen von Naziseite abzulenken oder diese gar begründbar erscheinen zu lassen, halte ich für gefährlich perfide, wenn nicht gar faschistoid.

  • Manche Leute verhalten sich, als wären sie bereits (wieder) an der Macht und hätten das entsprechende Monopol an der Gewalt. Vermutlich hoffen sie, damit eine selbsterfüllende Prophezeihung auszusprechen. Ich bin gespannt, wie Ramelow mit ihnen umgeht. Wird er ihnen den gefallen tun und sich als Opfer inszenieren? Ich hoffe nicht, dass er das tut.