Flüchtlinge vor Griechenland: Luft raus, Motor weg
Flüchtlinge berichten von Übergriffen teils maskierter griechischer Spezialeinheiten: Sie hätten in der Ägäis ihre Boote geentert und den Motor ausgebaut.
Zuletzt gingen vier Meldungen aus der Ägäis ein. Flüchtlinge berichteten, dass teils maskierte Spezialeinheiten der Küstenwache zwischen dem türkischen Festland und den griechischen Inseln an Bord gekommen seien. Die Boote seien zu der Zeit nicht in Seenot gewesen.
Am 27. Juli etwa meldete sich ein Insasse eines Bootes vor der Insel Lesbos, auf dem sich 54 Flüchtlinge aus Afghanistan befanden. Er berichtet, dass gegen 7.40 Uhr früh griechische Küstenwächter an Bord gekommen, die Insassen bedroht und den Motor ausgebaut und mitgenommen hätten. Das Boot trieb auf dem Meer umher, bis die türkische Küstenwache die Insassen rettete und in die Türkei zurückbrachten. Türkische Medien berichteten über den Vorfall.
Am Vorabend war Insassen eines Bootes vor der Insel Chios dasselbe widerfahren, auch sie hatten sich telefonisch beim Alarmtelefon gemeldet.
Benzin von Bord geklaut
Am 31. Juli berichteten Flüchtlinge, Angehörige der Küstenwache hätten vor der Insel Samos ihr Boot zerstochen. Auch sie seien von den Türken gerettet worden. Am 1. August meldeten sich Flüchtlinge, denen von Unbekannten das Benzin von Bord gestohlen wurde. Die türkische Küstenwache habe sie schließlich nach Izmir gebracht.
Die griechische Küstenwache war lange verschrien, in großer Zahl sogenannte Pushbacks, illegale Zurückweisungen auf See, durchgeführt zu haben. Amnesty International, Human Rights Watch und Pro Asyl hatten bis 2014 unabhängig voneinander in der Türkei Hunderte Zeugenaussagen hierzu gesammelt. Dabei war klar geworden, dass die Griechen teils schwere Gewalt bis zur Zerstörung der Boote eingesetzt hatten.
Die linke Syriza-Regierung hatte versprochen, diese Praxis zu unterbinden. Tatsächlich hatte es seit Januar keine Berichte von Pushbacks in der Ägäis mehr gegeben. „Wir sind jetzt alarmiert“, sagte ein Sprecher von Watch the Med. Die Gruppe glaubt, die Küstenwache wolle mit ihrem Vorgehen Flüchtlinge von der Überfahrt aus der Türkei abhalten. Die Ankünfte von irregulären Migranten auf den griechischen Inseln haben sich 2015 im Vergleich zum Vorjahr verzehnfacht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies