Flüchtlinge in der EU: Deutschland bleibt Spitzenreiter
Zwei Drittel aller Anträge in den EU-Staaten wurden 2016 in Deutschland eingereicht. Bis Flüchtlinge ihre Dokumente abgeben, vergeht viel Zeit.
Die von Eurostat veröffentlichen Antragszahlen sagen nichts darüber aus, wie viele Menschen Asyl bekommen. Sie zeigen aber eine extreme Ungleichverteilung. 16 von 28 EU-Staaten haben weniger als je ein Prozent aller Anträge zu verzeichnen. Darunter sind, ähnlich wie in den Vorjahren, neun osteuropäische Staaten.
Österreich und Ungarn entledigten sich des Problems: Nachdem die beiden Länder die Grenze nach Slowenien beziehungsweise Serbien schlossen, gingen die Anträge zwischen dem ersten und dritten Quartal 2016 um jeweils rund 40 Prozent zurück. In den Nachbarländern stiegen die – bis dahin extrem niedrigen – Zahlen danach an: In Bulgarien um 57 Prozent, in Rumänien um 107 Prozent, in Kroatien gar um 172 Prozent.
In Südeuropa machten sich die Verfahrensänderungen bemerkbar, die die EU hier durchgesetzt hat. Dazu gehört vor allem die Einrichtung der „Hotspots“ genannten Registrierungszentren, in die alle Ankommenden zur biometrischen Registrierung gebracht werden, sowie die Internierung der Flüchtlinge auf den Ägäis-Inseln. Dies hat offenbar die Zahl jener Flüchtlinge gesenkt, die versuchen, die Dublin-Regelung zu umgehen, und vor einer aussichtslosen Antragstellung in Griechenland in andere EU-Staaten weiterziehen.
So stieg die Zahl der Anträge in Griechenland zwischen dem ersten und dritten Quartal 2016 um 139 Prozent. Auch in Italien richtete die EU Hotspots ein, dazu kam ein starker Anstieg der Flüchtlingszahlen im zentralen Mittelmeer. Hier stieg die Zahl der Asylanträge um etwas mehr als die Hälfte, bis September waren es 83.940, Platz zwei hinter Deutschland.
Hierzulande sind die hohen Zahlen dadurch zu erklären, dass sehr viele Flüchtlinge, die 2015 ankamen, lange warten mussten, um beim überlasteten Bamf ihren Asylantrag abzugeben. Dies führte zu der vermeintlich paradoxen Situation, dass die Zahl der neu in Deutschland ankommenden Flüchtlinge stark zurückgeht, die der Asylanträge aber steigt.
Bis Ende November kamen nach Schätzungen der Bundespolizei rund 200.000 Menschen. Im November gab es wegen Schutzsuchenden aus der Türkei erstmals wieder einen leichten Anstieg. Nachdem zuvor monatlich rund 15.000 Ankommende gezählt wurden, waren es im November rund 17.000.
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