Flüchtlinge in Österreich: Polizei rettet Kinder aus Lastwagen
Insgesamt befanden sich 26 Flüchtlinge in dem Fahrzeug. Ein Mann wurde festgenommen. Die mutmaßlichen Schlepper eines Lkw mit 71 Toten bleiben in U-Haft.
Die Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan und Bangladesch kauerten demnach in dem stickigen Wagen auf engstem Raum zusammen. Die Kinder seien wegen Wassermangels benommen gewesen. Sie wurden mit ihren Eltern ins Krankenhaus Braunau gebracht. Ein 29 Jahre alter mutmaßlicher Schlepper wurde festgenommen.
Unterdessen hat ein ungarisches Gericht für vier mutmaßliche Schlepper Untersuchungshaft bis zum 29. September angeordnet. Falls die Anklageschrift bis dahin nicht vorliege, könne die Dauer der Untersuchungshaft weiter verlängert werden, sagte ein Gerichtssprecher in Kecskemet am Samstag. Die Männer waren nach der Entdeckung von 71 toten Flüchtlingen am Donnerstag in einem Lkw in Österreich am Freitag im Nachbarland Ungarn gefasst worden.
Mit der Anordnung der U-Haft für die drei Bulgaren und einen Afghanen kam das Gericht einer Forderung der Staatsanwaltschaft nach. Diese hatte auf die „außergewöhnliche Schwere des Verbrechens“ verwiesen, dem die Flüchtlinge zum Opfer gefallen seien, und hatte den Männern „geschäftsmäßig“ organisierten Menschenhandel vorgeworfen. Unter den Festgenommenen sind der Besitzer des Lastwagens und zwei Fahrer.
Der Kühllastwagen mit ungarischem Kennzeichen und dem Logo eines slowakischen Geflügelhändlers war am Donnerstag in einer Pannenbucht an der Autobahn 4 im Burgenland entdeckt worden. In dem Fahrzeug wurden 71 Leichen gefunden. Die Ermittler gehen davon aus, dass es sich um Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien handelt.
Die vier festgenommenen Männer sind nach Einschätzung der Polizei Handlanger eines bulgarisch-ungarischen Schlepperrings. Die Staatsanwaltschaft im österreichischen Burgenland kündigte an, sie werde voraussichtlich eine Auslieferung der Verdächtigen beantragen. In Österreich könnte ihnen dann wegen Mords der Prozess gemacht werden.
Beileidsbekundigung von Ban Ki Moon
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte eine „gemeinsame politische Antwort“ auf die Flüchtlingskrise. Er äußerte sich „entsetzt und tieftraurig“ über den Tod der Flüchtlinge in Österreich. Angesichts dieser Tragödie und eines neuerlichen Bootsunglücks im Mittelmeer forderte er die betroffenen Staaten auf, mehr für den Schutz von Flüchtlingen zu tun und „mit Menschlichkeit, Mitgefühl und im Einklang mit ihren internationalen Verpflichtungen“ zu handeln. Den Flüchtlingen müssten unter anderem „sichere und legale Wege“ der Einwanderung ermöglicht werden.
Ban kündigte für den 30. September ein Sondertreffen zum Thema Flüchtlinge während der jährlichen Generaldebatte der UN-Vollversammlung in New York an. „Es ist eine Krise der Solidarität, nicht eine Krise der Zahlen“, erklärte der UN-Generalsekretär.
Die sogenannte Balkanroute, die auch über Ungarn und Österreich führt, steht derzeit im Fokus der Flüchtlingsdebatte. Im Norden Griechenlands passierten am Samstag erneut zahlreiche Flüchtlinge die Grenze zu Mazedonien, um ihre Reise nach Nordeuropa fortzusetzen. Etwa 1.500 Grenzübertritte pro Tag würden derzeit registriert, sagte eine Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks.
Weiterhin versuchen auch täglich hunderte Menschen, über das Mittelmeer von Afrika nach Europa zu gelangen. Am Donnerstag war vor der libyschen Küste erneut ein Flüchtlingsboot gekentert. Bis zum Samstag seien 111 Leichen geborgen worden, sagte ein Sprecher der Hilfsorganisation Roter Halbmond der Nachrichtenagentur AFP. Es würden noch dutzende Menschen vermisst. Die Zahl der Geretteten lag unverändert bei 198.
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