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Flüchtlinge in NiedersachsenChristen bevorzugt

Niedersachsens Landtagspräsident Bernd Busemann will christlichen Flüchtlingen „unbürokratisch helfen“ – und die Marine gegen Schlepperboote einsetzen.

Bernd Busemann will gern helfen: Christen sind ihm in Niedersachsen willkommen Bild: dpa

HANNOVER taz | Niedersachsens Landtagspräsident Bernd Busemann (CDU) muss für seinen Vorschlag, aus dem Bürgerkriegsland Syrien bevorzugt Christen aufzunehmen, heftige Kritik einstecken. „Eine Unterscheidung in Flüchtlinge erster und zweiter Kategorie widerspricht meinem Verständnis von Nächstenliebe“, sagte der Sprecher für Migration der SPD-Landtagsfraktion, Christos Pantazis, der taz.

Busemann habe „seine Rolle als Landtagspräsident überschritten“, findet auch die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Filiz Polat. In Niedersachsens Parlament sei es „immer Konsens“ gewesen, bei der Aufnahme Schutzsuchender nicht auf die Religionszugehörigkeit zu schauen: „In Syrien sind Jesiden und Muslime genauso bedroht wie Christen.“

Zuvor hatte Landtagspräsident Busemann in einem Interview mit der Neuen Presse gefordert, „ein humanitäres Zeichen zu setzen und 1.000 verfolgte Christen aus Syrien unbürokratisch aufzunehmen“.

Auch einen Seitenhieb auf seinen innerparteilichen Intimfeind Christian Wulff, der als Bundespräsident gesagt hatte, der Islam gehöre „zu Deutschland“, konnte Busemann nicht unterdrücken: „Andere mögen diskutieren, ob der Islam zu Deutschland gehört, das Christentum gehört jedenfalls zu uns, wir müssen für diese Christen etwas tun.“

„Zutiefst zynisch“

Außerdem solle auch die deutsche Marine eingesetzt werden, um zu verhindern, dass in Nordafrika unsichere oder überladene Schiffe mit Flüchtlingen ablegten, so Christdemokrat Busemann. Vorsichtige Kritik kam daraufhin selbst vom Ex-Koalitionspartner FDP. „Ausschlaggebend“ solle die „individuelle Gefährdung und nicht die Religionszugehörigkeit“ sein, meint Fraktionschef Christian Dürr.

„Zutiefst zynisch“ sei besonders die Idee des Militäreinsatzes zur See, findet der Geschäftsführer des Flüchtlingsrats Niedersachsen, Kai Weber: Im Libanon sei jeder vierte Mensch ein Flüchtling, in Deutschland sind es nur zwei von 1.000. „Trotzdem hat Europa Schutzsuchenden schon die Flucht auf dem Landweg an der griechisch-bulgarischen Grenze mit Stacheldraht verbaut.“

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2 Kommentare

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  • Ja, zu unterscheiden zwischen den Verfolgten und ihren Verfolgern, denen ihre Freunde, mit denen sie bisher verfolgten, nun zu radikal geworden sind, wäre wirklich menschenverachtend. Schließlich muss man den Verfolgern doch die Möglichkeit geben, das Verfolgen in Deutschland fortzusetzen (wie vierlerorts geschehen).

  • Wäre ich Christos Pantazis, hätte ich womöglich nicht so eine große Klappe. War es denn nicht eine rot-grüne Bundesregierung, die gemeint hat, im Interesse der darbenden IT-Branche müsse dringend wieder etwas mehr Selektion sein hierzulande? Wer hat denn die Idee der Greencard anno 2000 aus den USA nach Deutschland importiert? Seither darf jedenfalls wieder gesiebt werden. Sogar ganz ohne schlechtes Gewissen. Nicht unbedingt nach Religionszugehörigkeit, dafür aber nach ökonomischer Verwertbarkeit.

     

    Man sollte bei Gelegenheit den ungewohnt gesprächigen Ex-Nazi Oskar Gröning fragen, ob das irgendwelche Flashbacks auslöst bei ihm. Vermutlich nicht. Ein Bahnsteig ist ja schließlich weder Hafen noch Flugplatz.

     

    Ansonsten kann man natürlich nur heilfroh sein um jeden, dem ein guter Grund einfällt, Flüchtlingen beim Überleben zu helfen. Immer noch besser, jemand ist überzeugt, alle Christen (also auch die schwarzen) würden zu und also nach Deutschland gehören, als dass ein angeblicher Christdemokrat "Deutschland den Deutschen!" in die Mikros röhrt.