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Flüchtlinge im LibanonVertriebene Syrer sind rechtlos

Als Flüchtlinge sind die Menschen aus Syrien nur geduldet. Die Befürchtung ist groß, dass sie bleiben. Annehmbare Unterkünfte sind daher selten.

Syrische Frauen bei der Zwiebelernte: Flüchtlinge in Bar Elias in der Bekaa-Ebene. Foto: ap

Bar Elias taz | Mohammed packt frischen Blumenkohl in die Auslage. Sein Gemüsesortiment ist nach Farben geordnet – Rot zu Rot, Grün zu Grün. Auf das vielfältige Angebot ist der 66-Jährige stolz, denn selbstverständlich ist das in seinem Laden nicht. Mohammed ist einer von 1,2 Millionen syrischer Flüchtlinge im Libanon.

Einst war er Bezirksbürgermeister im Midan-Viertel in Damaskus. Vor über drei Jahren floh er mit seiner Frau in den Libanon. Ihre damals vierjährige Tochter kam während eines Luftangriffs ums Leben. Nachdem sie in provisorischen Zeltstätten im Libanon gelebt hatten, ergatterte Mohammed eine der begehrten Unterkünfte in der Inmaa-Anlage der libanesischen Flüchtlingsorganisation Urda. Sie liegt im Bar-Elias-Flüchtlingslager in der Bekaa-Ebene, knapp eine halbe Autostunde von der syrischen Grenze entfernt.

Dort wohnen knapp 350 Familien in zwölf Quadratmeter großen Wellblechcontainern. „Das Lager hat eine gute Infrastruktur. Wir haben Wasser, Elektrizität und ein medizinisches Zentrum mit einem Allgemeinmediziner, Kinder-, Augen- und Frauenarzt, Physiotherapie und Psychiatern“, sagt der libanesische Lagerverantwortliche Ajman Habasch.

Seit Kurzem gibt es hier auch einen Marktplatz mit einem Friseur, Metzger, Bäcker und Mohammads Gemüsegeschäft. „Ich bin froh über jeden Cent, den ich mit meinem Laden verdiene. Aber mir geht es nicht um Profit, sondern darum, endlich wieder zu arbeiten“, sagt Mohammed.

Die Inmaa-Anlage und einige andere Flüchtlingslager bilden eine Ausnahme im Libanon. Knapp die Hälfte der syrischen Flüchtlinge lebt in den über 1.700 sogenannten informellen Zeltstätten. Dazu zählen Garagen und Rohbauten. Jene, die in Lagern von Hilfsorganisationen unterkommen, finden dort meist nicht einmal das Nötigste. Für Besorgungen müssen sie weite Strecken in die nächste Stadt zurücklegen – im Winter sowie im Sommer ein kräftezehrendes Unterfangen. Eine gute Infrastruktur würde das Leben in den Lagern immens erleichtern.

Selbst verwaltete Camps unerwünscht

Doch nur selten fördern die Hilfsorganisationen autarke Anlagen. Sie befürchten negative Reaktionen seitens der Regierung in Beirut, die offizielle Flüchtlingslager im Libanon strikt ablehnt. Auch gut organisierte und teils selbst verwaltete Camps sind vor diesem Hintergrund nicht gewollt. Ein Mammutprojekt wie das Zaatari-Lager des UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR in Jordanien wäre im Libanon undenkbar.

Man wolle nicht noch einmal die Fehler der Vergangenheit wiederholen, heißt es in libanesischen Regierungskreisen. Die Befürchtung ist groß, dass die syrischen Flüchtlinge ähnlich den Palästinensern, die vor über 60 Jahren in den Libanon flohen, das Land nicht mehr verlassen.

„Das ist ein sehr schwaches Argument. Denn im Gegensatz zu den Palästinensern haben die Syrer noch ein Land, in das sie zurückkehren könnten“, sagt der libanesische Menschenrechtsanwalt Nabil Halabi. Seine Organisation Libanesisches Institut für Demokratie und Menschenrechte (Life) beschäftigt sich mit der Diskriminierung von syrischen Flüchtlingen im Libanon. „Der libanesische Staat hat die Genfer Flüchtlingskonventionen von 1951 nicht unterschrieben. Deshalb haben die Syrer hier keinen legalen Flüchtlingsstatus. Als sogenannte Vertriebene sind sie im Libanon so gut wie rechtlos.“

Sicherheit ist gefährdet

Um den Flüchtlingen zumindest einen minimalen Schutz zu gewährleisten, fordert Life den Aufbau von offiziellen Lagern. Denn nicht nur, dass die Syrer in den informellen Zeltstätten und Lagern gesellschaftlich und wirtschaftlich marginalisiert sind, auch ihre Sicherheit scheint gefährdet.

„Die Flüchtlinge leiden unter den Razzien der libanesischen Armee, die die Camps nach Waffen und Terrorverdächtigen durchsucht. In offiziellen Lagern könnte die Armee direkt kontrollieren, wer ein- und ausgeht, und es bräuchte keine brutalen Durchsuchungsaktionen mehr“, argumentiert Halabi.

Andere Menschenrechtsorganisationen warnen davor, dass sich militärisch abgeriegelte Lager schnell zu gigantischen Freiluftgefängnissen entwickeln. Trotz der Kontroverse ist man sich in einem Punkt einig: Die Regierung kann nicht länger tatenlos zusehen. Denn nur wenige sind so „privilegiert“ wie die Flüchtlinge in der Inmaa-Anlage.

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