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Flucht aus der UkraineFeldbetten als Notlösung

Fast 200.000 Flüchtlinge aus der Ukraine hat Deutschland bisher erfasst. Die Registrierung läuft schleppend, Finanzfragen sind ungeklärt.

Auch in der Messe Magdeburg sollen Feldbetten erst einmal Schutz bieten Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Berlin taz | Die weißen Zelte auf dem Grasboden erinnern auf den ersten Blick an ein Jugendferienlager. In jedem der Zelte stehen zehn Feldbetten, auf denen dunkelblaue Schlafsäcke liegen. Wie lange man denn Menschen in einem solchen Zelt unterbringen könne, fragt Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). „Bis zum nächsten starken Regen“, antwortet Oliver Oswald, Koordinator beim Technischen Hilfswerk, trocken. Beim Ortstermin der Ministerin am Freitag im Ankunftszentrum für Geflüchtete in Berlin-Reinickendorf wird klar: Dies ist ein Ort der Notlösungen. Und er kann wohl auch nichts anderes sein.

Fast 200.000 Geflüchtete aus der Ukraine sind bisher in Deutschland registriert. Da sich Ukrai­ne­r:in­nen in den ersten drei Monaten nach der Einreise ohne Visum oder Registrierung frei bewegen können, dürfte die tatsächliche Zahl der Eingereisten erheblich höher sein. Faeser wies am Freitag Kritik zurück, die Verteilung der Flüchtlinge in Deutschland verlaufe auch nach mehr als drei Wochen teilweise planlos. Sie arbeite „engstens mit den Ländern und Kommunen zusammen, um schnell für Entlastung und Verteilung zu sorgen“, sagte Faeser.

Die behördliche Registrierung als Kriegsflüchtling nach der sogenannten Massenzustrom-Richtlinie der EU ist die Voraussetzung, um eine Aufenthaltserlaubnis, Sozialleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und eine Arbeitserlaubnis zu bekommen. Bund und Länder haben nach der Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstag noch mal bestätigt, dass es den Vertriebenen ermöglicht werden soll, mit der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis unmittelbar eine Arbeit in Deutschland aufzunehmen. Die Arbeitsagenturen sollen die Geflüchteten „beraten, vermitteln und Leistungen der aktiven Arbeitsförderung anbieten“, heißt es im Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz.

Wegen der Überlastung der Ämter ist aber eine Registrierung vielerorts nicht möglich. In Berlin kommen pro Tag nach Angaben der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) 10.000 Menschen an, die Stadt trägt mit die Hauptlast der Flüchtlingsbewegung. Dort ist derzeit über die erforderliche Onlinebuchung kein Termin für eine Registrierung beim Ankunftszentrum zu bekommen. Alle Termine sind ausgebucht.

Stundenlanges Anstehen

Marina G., 40 Jahre alt, Mutter zweier Kinder, kommt aus dem zerbombten Charkiw und ist schon seit zwei Wochen in Berlin. Sie hoffe, durch persönliche Vorsprache beim Ankunftszentrum doch noch registriert werden zu können, erzählt sie im Gespräch mit der taz. Dies ist aber kein offizieller Weg.

Auf einem Sozialamt in Berlin bekam G. nach Vorlage ihres ukrainischen Passes zur Überbrückung eine Abschlagszahlung von 50 Euro pro Person. „Ich musste schon um 6 Uhr kommen und mit vielen anderen Familien drei Stunden in der Schlange vor dem Sozialamt anstehen“, erzählt sie, die in Charkiw als Buchhalterin arbeitete und ihren Mann in der Ukraine zurücklassen musste.

Wer für die Kosten der Unterbringung, der Sprachkurse, der Arbeitsmarktintegration und Beschulung der Kinder aufkommt, ist zwischen Bund, Ländern und Kommunen noch nicht geklärt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach in der Ministerpräsidentenkonferenz von einer „Mitverantwortung“ des Bundes für die Finanzierung der Flüchtlingsaufnahme. Eine Arbeitsgruppe soll bis zum 7. April Lösungen für die Finanzierungsfragen erarbeiten.

Zukunft hängt vom Kriegsgeschehen ab

Man erwarte vom Bund eine „klare Zusage zur Übernahme der Finanzierung bei Unterbringung, Versorgung und Integration sowie Unterstützung und Vereinfachung der Verfahren bei der Registrierung und Verteilung“, sagte Gerd Landsberg, Hauptgeschäftführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes am Freitag der Rheinischen Post.

Scholz, Giffey und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst kündigten an, dass die ukrainischen Kriegsflüchtlinge möglichst schnell in den Alltag in Deutschland integriert werden sollten. „Integration durch Normalität“ sei wichtig, sagte Giffey. Sowohl Wüst als auch Giffey verwiesen darauf, dass Arbeitskräfte gesucht würden und deshalb auch die Integration in den Arbeitsmarkt möglich sei.

Wer von den Geflüchteten aber überhaupt in Deutschland bleiben und die jahrelange Mühe des Spracherwerbs auf sich nehmen will, ist noch nicht abzusehen, ebensowenig, ob und wie die Männer zu den geflüchteten Frauen und Müttern nachkommen werden. Vieles hängt davon ab, wie sich das Kriegsgeschehen entwickelt. Marina G. etwa will unbedingt in die Ukraine zurück, sagt sie, deren Wohnung ausgebombt wurde: „Das ist doch meine Heimat.“

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2 Kommentare

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  • Die Digitalisierung ist ein Alptraum in Deutschland. Eine Ukrainerin auf der Flucht erzählte gestern im Fernsehen, wie unkompliziert bei ihnen die Registrierung elektronisch erledigt wird, seit Jahren. Nichts haben die Regierenden hier gelernt seit 2015. Nach 3 Wochen Krieg fangen sie an zu beraten, wie alles finanziert werden soll. Aber die atomwaffenfähigen Flugzeuge sind schon bestellt, das ging schnell. Und wieder sind es wir Ehrenamtlichen, die es stemmen. Habt Ihr schon geklatscht da oben? Und wieder sind die MitarbeiterInnen in den Ämtern völlig überlastet und müssen mit kübelweise Papieren hantieren. Ja, auch die Faxgeräte stehen noch. Gebe @Peter Krantz völlig recht. Die Prioritäten müssen anders gesetzt werden. Lasst doch mal eine/n erfolgreiche/n Geschäftsmann/frau an die Organisation. Ich werde solange niemanden in meinem Haus aufnehmen, bis die Regierung verbindliche Ansagen für Länder und Kommunen macht, wie die Finanzierung erfolgen soll. Wird ja mindestens noch bis zum 7. April dauern - "nur" noch 3 Wochen ohne Lösung und mit Geflüchteten in Turnhallen. Ich kann garnicht so viel essen, wie ich k... möchte.

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    Die zu bewältigenden Dimensionen sind in der Tat andere. Aber das hier schon wieder aufblitzende Von-Pontius-zu-Pilatus--Schlange-Stehen erinnert an schlimme Vorbilder 2015. Jede Kreisstadt, jedes Viertel jeder Großstadt im Land bräuchte sowas wie ein ukrainisch-bundesdeutsches Konsulat-cum-Anmelde-cum-Sofortzahlung-Zentrum.. Ukr. Ersatz-Papiere ausstellen , erste Unterkünfte organsisieren, Arbeitserlaubnis, unbürokratisches Ankunftsgeld, Veranlassen der weiteren regelm. Zahlungen zum Lebensunterhalt, Sparkassen-Konto (Gebühren zahlt Kommune), Info zu Impf und Testangeboten. Erledigt in ner Stunde. Neu rekrutierte ukrainische Konsularangestellte (+sicher viele der täglichankommenden Ukrainer:innen) wissen, wie man mit Дія, der ukrainischen App für Online-Dokumente, umgeht. en.wikipedia.org/wiki/Diia Erst is Ankommen. Füße auf den Boden, Essen kaufen, Dach überm Kopf..



    DANN, in den Folgetagen, können Jobcenter Wohnungsämter Sprachkursanbieter peut -a-peut in Aktion treten - wenn da dann mal was hakt, isses nich so schlimm. Die neugeschaffenen örtlichen Konsulatsstellen können dann wo nötig reguläre neue Pässe, Berufs-Diplome usw. ausstellen.



    Personal rekrutieren für den ukrainischen Teil der Arbeit könnte mensch wohl auch gleich: Wieviele Angestellte von Melde-, Arbeits-, sonstigen Ämtern der Ukraine, wieviele Anwältinnen und Rechtsreferendarinnen sind wohl unter den Fliehenden ? Und es hat wohl nicht jede, die ankommt, prioritär Kinder zu betreuen. Zunächst braucht der ukrainische Konsulardienst mal ein paar dutzend Millionen €, um sich zu organisiseren (Lindner, Baerbock, Faeser !). Infrastruktur für die Arbeit gemeinsam mit den kommunalen Mitarbeitern stellt die Stadtverwaltung.



    Klingt wie Schlaraffenland - aber was NICHT so oder ähnlich umfangreich organsisert wird, fällt allen Beteiligten subito auf die Füße. Um das heraufziehen zu sehen, muss mensch kein Fachleut sein. Kann das Land sich dann wieder paar Jährchen für schämen ....