Flucht nach Berlin: Matratzenlager statt Gottesdienst

Mit der Registrierung werden viele Flüchtlinge aus Berlin in andere Bundesländer umverteilt. Eine freikirchliche Gemeinde will das nicht hinnehmen.

Gebäude mit dem Schriftzug International Gospel Center Lichtenberg

International Gospel Center an der Allee der Kosmonauten in Berlin-Lichtenberg Foto: Uta Schleiermacher

BERLIN taz | Die Gottesdiensthalle als Matratzenlager – das war so eigentlich nicht noch mal geplant. Doch nun hätten sie am Montagmorgen in der Halle und angrenzenden Räumen wieder rund 120 Schlafplätze hergerichtet, sagt Moritz Maier, Gemeindevertreter beim International Gospel Center in Lichtenberg und verantwortlich für den dazugehörigen Hilfsverein.

Seine Gemeinde fühlt sich gerade einer Gruppe von 120 Flüchtlingen aus der Ukraine verpflichtet: Alle seien aus Partnergemeinden vor allem aus Saporischschja und Kiew zu ihnen gekommen. Am International Gospel Center wünschen sie sich, dass diese Gruppe dauerhaft in Berlin bleibt – davon seien sie bisher auch ausgegangen.

Schon wenige Tage nach Kriegsbeginn hatte die freikirchliche und überwiegend russischsprachige Gemeinde in ihrem prominenten Gebäude in der Allee der Kosmonauten Flüchtlinge bei sich aufgenommen – und zum ersten Mal Matratzen ausgelegt. Kurz darauf konnten die Menschen in ein Hostel umziehen. Doch da mussten sie am Montagmorgen wieder raus, weil der Senat die schnell organisierten Hostelplätze wieder aufgibt.

Registrierung bedeutet Umverteilung

„Der Senat hat die Menschen aufgefordert, ins Ankunftszentrum Tegel zu fahren und sich registrieren zu lassen“, sagt Maier. „Das würde aber bedeuten, dass sie in ein anderes Bundesland umverteilt werden.“ Seine Gemeinde habe sich daher an den Petitionsausschuss im Abgeordnetenhaus gewandt. „Wir haben seit langer Zeit intensive Beziehungen zu unseren Partnergemeinden in der Ukraine, weil wir uns dort auch ehrenamtlich engagieren. Außerdem haben wir jetzt persönliche Beziehungen zu den Menschen aufgebaut“, sagt Maier. „Wenn sie nun Berlin wieder verlassen müssen, fühlt sich das ein bisschen so an, als sei das umsonst gewesen.“

Die Gemeindemitglieder bekommen damit gerade ein Problem zu spüren, auf das Freiwilligenorganisationen schon vor einigen Wochen hingewiesen haben: dass die Ankunft in Berlin nicht unbedingt ein wirkliches Ankommen bedeutet. Denn für geflüchtete Ukrainer*innen, die sich schon seit Wochen in Berlin aufhalten, aber noch nicht registriert sind, ist nicht sicher, dass sie auch bleiben können. Ausnahmen gibt es für Angehörige besonders vulnerabler Gruppen. Doch generell hatte sich das Bundesinnenministerium vor knapp zehn Tagen mit den Ländern darauf verständigt, dass die Ukraine-Flüchtlinge nach dem Königsteiner Schlüssel mit festen Quoten auf die Bundesländer verteilt werden. Nur wer einen Mietvertrag oder eine Meldeadresse hat, kann über das neu geschaffene LEA-Verfahren direkt einen Aufenthalt in Berlin beantragen.

In der Gemeinde hoffen sie nun genau darauf – und fordern vom Senat, dass er eine feste Unterkunft für „ihre“ Gruppe schafft. Auf ein paar Tage Matratzenlager seien sie eingestellt, sagt Maier. Doch sie hoffen auf eine schnelle Lösung. Schließlich brauchen sie die Halle am Sonntag wieder für den Gottesdienst.

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