Fleischkonsum in China: Einmal vegetarisch süß-sauer, bitte

Die chinesische Führung will gegen den rasant steigenden Fleischkonsum vorgehen. Wie das gehen soll, verrät sie aber noch nicht.

Rohes Fleisch liegt auf einer Verkaufstheke

Nachholbedarf: Fleischtheke auf einem Markt in Peking Foto: dpa

PEKING taz | An vegetarischen Rezepten fehlt es in der chinesischen Küche nicht. Trotzdem haben es Vegetarier heute schwer in China. Die Mehrheit der Chinesen betrachtet Fleisch als ein Zeichen des Wohlstands.

Jetzt will die chinesische Führung dem Fleischkonsum gegensteuern. Das chinesische Gesundheitsministerium hat angekündigt, den Pro-Kopf-Konsum auf maximal 27 Kilogramm Fleisch im Jahr zu drosseln und damit mehr als zu halbieren. Das deckt sich mit den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation. Sie rät dazu, nicht mehr als 600 Gramm Fleisch in der Woche zu verzehren.

1982 verzehrten die Chinesen im Durchschnitt noch 13 Kilogramm Fleisch im Jahr. Mittlerweile sind es 63 Kilogramm. Das entspricht fast einem Drittel des globalen Fleischkonsums. Der Deutsche konsumiert im Schnitt zwar auch rund 60 Kilogramm im Jahr. Doch während der Fleischkonsum in Europa stagniert oder leicht zurückgeht, haben Experten ausgerechnet, dass ohne Gegenmaßnahmen der Verzehr in China bis 2030 um weitere 30 Kilo pro Kopf ansteigen könnte.

Das chinesische Gesundheitsministerium begründet seine Empfehlung unter anderem damit, dass der exzessive Fleischkonsum für das Klima schlecht ist. Die Keji Ribao (Zeitung für Wissenschaft und Technik) hat in einer ihrer letzten Ausgaben chinesische Umweltexperten zitiert, denen zufolge rund 15 Prozent des in China verursachten Treibhausgases auf die Produktion von Fleisch zurückgehen.

China steht vor einer Diabetes-Katastrophe

Für das Gesundheitsministerium ist der Klimaschutz aber nur ein Nebenaspekt. Sie sorgt sich vor allem um die Volksgesundheit und die daraus resultierenden Kosten. Schon jetzt steht China vor einer Diabetes-Katastrophe. Die Zahl der Erwachsenen, die von dieser Stoffwechselkrankheit betroffen sind, hat sich in den letzten 30 Jahren mehr als verzehnfacht. Die Volksrepublik zählt heute 22 Millionen Menschen mit Diabetes. Fast jeder dritte Diabetiker ist damit ein Chinese. „Wir müssen aktiv etwas tun, um die Fettleibigkeit zu stoppen“, fordert der Mediziner Gao Zhuyi von der Peking-Universität. Die Drosselung des Fleischverzehrs könne einiges bewirken.

Wie die chinesische Führung die Halbierung des Fleischkonsums konkret erreichen will, hat sie nicht bekannt gegeben. Sie wolle verstärkt auf Aufklärung setzen. Auch über die Einführung von Veggietagen an Schul- und Betriebskantinen, wie es etwa die Grünen für Deutschland gefordert haben, wird in chinesischen Staatsmedien diskutiert. Dem Gesundheitsministerium ist es zudem mit der international aktiven Umweltorganisation Wild Aid gelungen, Hollywood-Prominenz für seine Kampagne zu gewinnen. Schauspieler Arnold Schwarzenegger und Filmdirektor James Cameron werben bereits in Online­videos für Fleischverzicht.

Chinas Gesundheitsministerium sorgt sich vor allem um die Volksgesundheit

Von einem Fleischverbot ist keine Rede – zumal es auch in China eine einflussreiche Fleischlobby gibt. „Die Nachfrage nach Fleisch in China wird auch in den kommenden Jahren kräftig steigen“, bedauert der Filmemacher Jian Yi, der einen Dokumentarfilm über die chinesische Fleischindustrie gedreht hat und für fleischlose Kost wirbt. Viele Chinesen hätten es erst in den letzten Jahren geschafft, der Armut zu entfliehen, sagt Jian Yi. Der Nachholbedarf sei einfach noch zu groß.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.