Finnen kündigen Vertrag: Kein AKW unter russischer Regie
Ein finnischer Konzern kündigt seinen Vertrag mit Rosatom zum Bau des sechsten AKW im Land. Das Unternehmen verliert fast eine Milliarde Euro.
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine wurde zunächst offiziell nicht als eigentlicher Grund für die Vertragskündigung genannt. In einer Pressekonferenz betonten der Fennovoima-Chef Joachim Specht und Esa Härmälä, der Aufsichtsratsvorsitzende des Unternehmens, es habe „kein einzelnes Ereignis gegeben“, das zu der Entscheidung geführt habe. Verantwortlich sei eine „Anhäufung“ von Problemen gewesen.
Das peinliche Bemühen, keinen direkten Zusammenhang zwischen dem Baustopp und dem Krieg herzustellen, dürfte neben juristischen Gründen auch der Eigentümerstruktur von „Fennovoima“ geschuldet sein. Dazu gehört nämlich neben drei Dutzend finnischen Unternehmen und kommunalen Elektrizitätsgesellschaften auch Rosatom selbst. Der russische Atomkonzern hält rund ein Drittel der Anteile.
In einer Presseerklärung wurde „Fennovoima“ deutlicher: „Der Krieg in der Ukraine hat das Risiko für das Projekt erhöht“, heißt es da. Roas, die für den Bau verantwortliche Rosatom-Tochter, sei „nicht in der Lage gewesen, die entstandenen Risiken zu vermindern“.
Es könnte noch teurer werden
Planungs- und vorbereitende Arbeiten sollen bereits fast eine Milliarde Euro gekostet haben. Es könnte noch teurer werden. Unklar sei nämlich noch, ob Rosatom wegen der Kündigung Schadensersatzforderungen stellen würde, erklärte Härmälä: „Wir haben sie am Freitag informiert. Es gab noch keine Reaktion.“ Das Wirtschaftsministerium indes begrüßte die Vertragsauflösung als „gerechtfertigt und konsequent“.
Die Regierung war seit dem Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine kritisiert worden, dass sie nicht von sich aus den Weiterbau sanktioniert hatte. Die Bauarbeiten waren bis Ende April weitergegangen. Bis zu 500 Arbeitern waren zuletzt mit Vorbereitungen für das Fundament des Reaktorgebäudes beschäftigt.
Mehrere „Fennovoima“-Anteilseigner hatten einen sofortigen Baustopp gefordert, als „Rosatom“ Anfang März die Kontrolle über das ukrainische AKW Saporischja übernommen und erklärt hatte, dass dieses nun ein Teil von Rosatom sei. Ministerpräsidentin Sanna Marin und Wirtschaftsminister Mika Lintilä hatten aber lediglich angekündigt, die Kriterien für eine mögliche Betriebsgenehmigung müssten einer neuen Bewertung unterzogen werden.
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