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Finanzminister zur Lage in Zypern„Am Ende wird es Hilfen geben“

Zyperns Finanzminister Vassos Shiarly über die Gründe für die Schieflage der Banken in seinem Land, Solidarität und die Hoffnung auf Hilfe.

Alltag in einem Café in Nikosia Bild: rtr

taz: Herr Shiarly, was würde passieren, wenn Zypern den beantragten Rettungskredit von EU, Zentralbank und Internationalem Währungsfonds nicht erhält?

Vassos Shiarly: Wir könnten natürlich Szenarien entwickeln, was dann los wäre. Aber es ist noch nie passiert, dass ein EU-Mitglied finanzielle Hilfe beantragt und dann nicht erhalten hat. Wir haben ein Recht dazu, diese Hilfe zu beantragen. Was die Bedingungen angeht, so müssen diese natürlich verhandelt werden. Dass es am Ende des Tages Hilfen geben wird, das halte ich für sicher.

Viele deutsche Politiker beklagen die auf Zypern angeblich bestehende Geldwäsche im großen Stil. Die EU-Finanzminister hatten jüngst beschlossen, dass das von einer privaten Firma untersucht werden soll. Jetzt aber heißt es, dass Zypern dem nicht zustimmt. Warum?

Das hat juristische Gründe. Das wäre eine Verletzung unserer Verfassung und auch unserer Gesetzgebung. Es entspräche auch nicht der europäischen Menschenrechtskonvention. Wir möchten sehr gern kooperieren – aber nur nach unseren und den europäischen Gesetzen. Ich bin sicher, dass wir eine gemeinsame Lösung finden werden.

Ein anderer Vorwurf lautet, dass Zypern nur sehr geringe Firmensteuern von 10 Prozent erhebt. Die Opposition in Deutschland möchte das ändern. Wäre Zypern bereit, diese Steuern zu erhöhen?

Es ist tatsächlich ein niedriger Steuersatz, aber es ist unsere Basis, nach der der Finanzsektor auf Zypern strukturiert ist. Als wir im Jahre 2004 Mitglied der EU wurden, war das bekannt. Es wurde untersucht und akzeptiert. Die Behauptung einiger EU-Mitgliedstaaten, dass es hier Steuerschlupflöcher und Geldwäsche gebe, ist nicht mehr als eine Behauptung. Was die Vorwürfe der Geldwäsche betrifft, sind wir von europäischen und internationalen Institutionen überprüft worden. Wir haben da bessere Noten erhalten als viele andere EU-Mitglieder. Wir haben nichts dagegen, überprüft zu werden, aber bitte immer auf derselben Basis wie jedes andere EU-Mitglied auch. Behauptungen lassen sich leicht aufstellen. Aber diese können sehr schädlich und unfair werden.

Bild: dpa
Im Interview: Vassos Shiarly

wurde 1948 in London geboren. Der Zyperngrieche machte als Banker Karriere und leitete die Bank of Cyprus. Von 2009 bis 2010 war er Vorsitzender der zypriotischen Bankenvereinigung. Seit März 2012 ist der Parteilose Finanzminister der Republik Zypern.

Aber diese Steuerquote von 10 Prozent gilt vielen europäischen Politikern als unfair. Das sei Dumping, lautet der Vorwurf. Nochmals: Wäre Zypern zu einer Änderung bereit?

Diese Quote ist ein fundamentaler Bestandteil unseres Finanzsektors. In dem Bereich sind wir gut. Andere EU-Länder sind in anderen Bereichen besonders gut, zum Beispiel Deutschland beim Automobilbau. Warum soll es uns nicht möglich sein, in unserem Bereich – und das ist die Finanzindustrie – ebenso gut zu sein wie Deutschland?

Warum lehnen Sie eine Einführung der Finanztransaktionsteuer ab?

Zypern hat sich entschieden, die Steuer vorläufig nicht einzuführen. Große Teile unseres Bruttosozialprodukts erwachsen aus dem Servicesektor. Normalerweise möchte man keine Steuer auf Bereiche einführen, die den Großteil der Einnahmen ausmachen. Ich bin sicher, dass andere Länder ebenso argumentieren würden, wenn es beispielsweise um die Einführung einer Sondersteuer für die Autoproduktion ginge.

Wie konnte es dann aus Ihrer Sicht überhaupt zu der Bankenkrise auf Zypern kommen? Warum haben zypriotische Banken derart auf griechische Staatsanleihen gesetzt?

Durch den Schuldenschnitt in Griechenland mussten an einem einzigen Tag insgesamt 105 Milliarden Euro abgeschrieben werden. Das betraf viele Staaten. Die Beziehungen zwischen Griechenland und Zypern sind alt, und die Investments liefen über 20 und mehr Jahre. Zypern wurde gebeten, Solidarität zu zeigen, indem sie den Schuldenschnitt akzeptieren. Wir haben akzeptiert. Aber ist es fair, so wie jetzt mit Zypern umgegangen wird? An diesem Abend des 26. Oktober 2011 war Zypern gezwungen, plötzlich 4,5 Milliarden Euro abzuschreiben. Das entspricht 25 Prozent unseres Bruttosozialprodukts. Weil wir damals solidarisch waren, soll das ein Grund sein, um Zypern jetzt zu bestrafen?

Es gibt Forderungen, dass die Kontenbesitzer an der Rettung der zypriotischen Banken beteiligt werden sollen. Was halten Sie davon?

Ich bin geschockt und überrascht, dass jemand auf so eine Idee kommt. So etwas hat es in Europa noch nie gegeben. Das wäre undenkbar. Wir lehnen eine solche Vorstellung strikt ab.

Wenn Zypern den Rettungskredit erhält: Wie soll denn diese kleine Insel das jemals zurückzahlen?

Genau so, wie es dieser Insel immer gelungen ist, alle Schulden zu zahlen, selbst zu Zeiten, als 1974 türkische Truppen 40 Prozent des Landes eroberten. Wir könnten zudem von Gott begünstigt sein – durch die Gasvorkommen, die entdeckt worden sind. Wir haben aber bei unseren Gesprächen mit der Troika niemals die Gasvorkommen bei unseren Möglichkeiten, die Schulden zu begleichen, mit eingerechnet. Aber wenn Einnahmen aus dem Gasgeschäft erfolgen sollten, wird das erheblich bei der Rückzahlung der Schulden helfen. Die derzeitigen Prognosen lauten, dass 2019 Gas exportiert werden kann.

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