Finanzkrise in Griechenland: IWF leht Zahlungsaufschub ab
Die Geldgeber erhöhen den Druck auf Athen. IWF-Chefin Lagarde hat nun deutlich gemacht: Eine spätere Rückzahlung der Kredite könne nicht gewährt werden.
WASHINGTON dpa | Griechenland gerät wegen der schleppenden Fortschritte an seinen von den Geldgebern verlangten Reformen zunehmend unter Druck. Die EU-Kommission erklärte am Donnerstag, sie sei mit den bisherigen Fortschritten nicht zufrieden. Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, lehnte einen Aufschub für Athen bei der Schuldenrückzahlung ab.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bekräftigte, Euro-Hilfen für Krisenländer könne es nur bei Gegenleistungen geben. Der griechische Finanzminister Gianis Varoufakis kritisierte am Rande der IWF-Frühjahrstagung in Washington erneut die strikten Forderungen der Geldgeber.
Schäuble erwähnte Griechenland nicht ausdrücklich. Es war aber klar, wen er meinte: „Wir haben in Europa gute Gründe, ohne entsprechende Gegenleistungen keine Finanzhilfen bereitzustellen“, sagte er in einer Rede beim renommierten Institut Brookings in der US-Hauptstadt. „Und wir stellen keine Hilfe bereit, wenn ein Land diese nicht nutzt, sich selbst zu helfen.“
Varoufakis sprach bei der Thinktank-Veranstaltung direkt im Anschluss an Schäuble. Der Grieche nannte es einen Fehler, jetzt ein Abkommen mit Zusagen zu unterschreiben, die der griechischen Wirtschaft schaden würden. Er erklärte, dass Athen eine schnelle Verhandlungslösung sehr wichtig sei. „Wir sind absolut vorbereitet, dafür Kompromisse einzugehen.“ Es werde jedoch keinen Maßnahmen zugestimmt, die „die Fehler der Vergangenheit“ wiederholen würden.
Eine verbindliche Vereinbarung für ein Reformpaket ist Voraussetzung für die Auszahlung der auf Eis gelegten Milliardenhilfen an Griechenland. Athen hat den Geldgebern zwar Vorschläge unterbreitet, doch die gehen ihnen nicht weit genug. Beim Treffen der EU-Finanzminister am 24. April im lettischen Riga werde es wohl „eine Bestandsaufnahme“ geben – also keinen Beschluss, sagte ein Sprecher der EU-Kommission. Damit würde die Entscheidung über weitere Hilfen erneut verschoben.
Derweil reagierte Lagarde auf einen Bericht der Financial Times, demzufolge Athen den Krisenhelfer jüngst informell gebeten habe, fällige Raten später begleichen zu dürfen, was abgelehnt worden sei. Einen Zahlungsaufschub zu gewähren „wäre sicher kein Vorgehen, das in der aktuellen Situation zu empfehlen wäre“, sagte sie. Allein im Mai und Juni müsste Griechenland Überweisungen an den IWF in Höhe von rund 2,5 Milliarden Euro tätigen.
Die Griechenland-Krise überschattet die Tagung des IWF und der Weltbank, die an diesem Freitag offiziell beginnt. Finanzminister und Notenbankchefs aus 188 Mitgliedsländern sind in Washington, um über die Entwicklung der Weltwirtschaft zu beraten. Varoufakis wollte am Donnerstag auch US-Präsident Barack Obama im Weißen Haus treffen. Jedoch wurde nur eine sehr kurze Begegnung am Rande eines Empfangs zum griechischen Unabhängigkeitstages erwartet.
Die bisherigen Hilfen für Griechenland belaufen sich auf 240 Milliarden Euro. Um eine Pleite abzuwenden, muss Athen am 12. Mai knapp 770 Millionen Euro an den IWF zurückzahlen. Zudem muss Athen am 8. und am 15. Mai jeweils 1,4 Milliarden Euro an Papieren mit einer drei- bis sechsmonatigen Laufzeit refinanzieren. Im April war es Athen mit Hilfe von Geldeinlagen von Rentenkassen gelungen, Verpflichtungen gegenüber dem IWF zu erfüllen und einen Zahlungsausfall abzuwenden.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen