Finanzkrise der Vereinten Nationen: Die Unesco ist klammer denn je
Ein Zahlungsboykott der USA, Kanadas und Israels stürzt die UN in eine tiefe Finanzkrise. Vielen Unesco-Aktivitäten droht das Aus.
GENF taz | Die UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Unesco), die besonders schützenswerten Kulturgütern in aller Welt den Status des „Weltkulturerbes“ verleiht, steckt in der schwersten Finanzkrise ihrer Geschichte. Auf der am Dienstag in Paris beginnenden 37. Generalkonferenz müssen die 195 Mitgliedsstaaten die bereits in den letzten zwei Jahren um die Hälfte reduzierten Programmaktivitäten der Unesco noch weiter zusammenstreichen.
Grund für die Krise ist der Zahlungsboykott, mit dem die USA auf die Aufnahme Palästinas in die Unesco durch die Generalversammlung im November 2011 reagiert hatten. Gemäß dem Finanzierungsschlüssel des UNO-Systems müssen die USA für 22 Prozent des Unesco-Budgets aufkommen. Auch Kanada und Israel hatten nach der Aufnahme Palästinas die Zahlung ihrer Pflichtbeiträge eingestellt.
Doch „anstatt zu beraten, wie der Motor für grenzüberschreitende Anliegen, wie die Bewahrung des Weltkulturerbes, die Friedens- und Menschenrechtsbildung in Unesco-Projektschulen oder Alphabetisierungskampagnen erhalten werden können“, werde die existenzbedrohende Krise „totgeschwiegen“, kritisiert die Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN) in einer Presseerklärung.
Auch hinsichtlich deutscher oder europäischer Konzepte für einen Erhalt der weltumspannenden Kultur-, Bildungs- und Wissenschaftsorganisation" sei „Fehlanzeige zu melden“. DGVN-Generalsekretärin Beate Wagner moniert, dass „weder die Bundesregierung noch die 16 deutschen Länder-Kultusministerinnen und -minister aktiv wurden. Letztere „scheinen jeweils auf die/den andere/n zu warten, anstatt sich für einen Notstandsfonds zur Rettung der Unesco oder eine Umstrukturierung ihrer Arbeit unter den neuen Rahmenbedingungen einzusetzen“.
Aufruf verstaubt im Ausschuss
Ein Aufruf zum Handeln, den die DGVN im Frühjahr 2013 an den Unterausschuss Auswärtige Kulturpolitik des Deutschen Bundestages gesendet hatte, wurde an einen anderen Unterausschuss weitergeleitet. Im Bundeskanzleramt liegt seit Ende Juli 2013 ein unbeantworteter Brief zweier Unesco-Clubs, der nach Handlungsstrategien der Bundesregierung fragt.
„Deutschland trägt besondere Mitverantwortung, die wichtige Arbeit der Unesco zu erhalten“, betont der DGVN-Vorsitzende Detlev Dzembritzki. Es sei „die Unesco gewesen, die als eine der ersten Organisationen des UN-Systems Anfang der 1950er Jahre Deutschland die Tore zu einer Mitarbeit in der internationalen Staatengemeinschaft und zur internationalen Verständigung über Systemgrenzen hinweg eröffnete“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Wahlprogramm der FDP
Alles lässt sich ändern – außer der Schuldenbremse
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil