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Finanzhilfen für GriechenlandIm Kreisverkehr der Kredite

Wer profitiert von den bisher vereinbarten Programmen für Griechenland? Ausländische Banken, Versicherungen und Hedgefonds.

Alltag in Athen: Rentner im Streit mit einem Bankangestellten, Foto: dpa

Berlin taz | Wo sind die ganzen Hilfsgelder geblieben, die die Griechen von der Eurozone und vom IWF erhalten haben? Diese Frage taucht in jeder Talkshow wieder auf.

So viel ist klar: Die Griechen haben Staatsschulden in Höhe von etwa 320 Milliarden Euro. Von diesen Krediten lagert inzwischen ein großer Teil bei öffentlichen Institutionen wie der EZB, dem IWF und dem europäischen Rettungsschirm EFSF.

Diese öffentlichen Gelder flossen im Rahmen von zwei Hilfsprogrammen. Das erste Rettungspaket wurde im Mai 2010 beschlossen und umfasste 73 Milliarden. Das zweite Hilfspaket betrug dann 163,6 Milliarden Euro, wovon inzwischen 130,9 Milliarden ausgezahlt sind.

Diese Hilfsgelder gingen jedoch kaum nach Griechenland, wie oft unterstellt wird. Stattdessen profitierten Banken, Versicherungen und Hedgefonds.

Der Hintergrund: Im Frühjahr 2010 stellte sich die Frage, ob Griechenland einen ungeordneten Staatsbankrott hinlegen würde. Denn Griechenland war von einem Kreisverkehr der Kredite abhängig. Alte Darlehen konnte es nur zurückzahlen, indem es neue Schulden machte. Dieser Kreisverkehr ist übrigens kein Skandal: Auch Deutschland zahlt seine Schulden nicht zurück, sondern nimmt neue Kredite auf, um die alten abzulösen.

Panische Gläubiger

In Griechenland brach dieser Kreisverkehr im Frühjahr 2010 jedoch zusammen, weil die privaten Gläubiger panisch wurden. Sie verweigerten neue Darlehen, da ihnen plötzlich dämmerte, dass Griechenland überschuldet ist. Also sprangen die Eurozone und der IWF ein, die damals fürchteten, dass ein griechischer Staatsbankrott die gesamte Eurozone sprengen würde.

Mindestens zwei Drittel der Hilfsgelder sind seither an Banken und Versicherungen geflossen, die meist in Deutschland und Frankreich saßen.

Es ist kein Zufall, dass vor allem ausländische Banken profitierten. Denn wenn man die griechische Volkswirtschaft als Ganzes betrachtet, dann diente die Staatsverschuldung letztlich dazu, Einfuhren aus dem Ausland zu finanzieren.

Als die Eurokrise 2010 ausbrach, hatten die Griechen ein kumuliertes Leistungsbilanzdefizit von etwa 250 Milliarden Euro. Übersetzt: Seit 1980 haben die Griechen immer deutlich mehr importiert als exportiert. Diese Einfuhren konnten sie nur finanzieren, indem sie Kredite bei ausländischen Banken aufnahmen. Letztlich hat die Eurozone also nicht Griechenland gerettet – sondern die eigenen Banken.

Bisher war diese Rettung deutscher Banken für die deutschen Steuerzahler kostenlos. Denn die Griechen müssen für die Hilfskredite Zinsen zahlen.

Teuer würde es nur bei einem Grexit. Falls die Griechen aus der Währungsunion ausscheiden, könnten sie mit einer schwachen Drachme ihre Euroschulden nicht mehr bedienen. Die Deutschen haften für etwa 55 Milliarden Euro aus den Hilfsprogrammen. Dieses Geld wäre bei einem Grexit weitgehend weg.

Bei vielen Deutschen hält sich hartnäckig die Idee, ein Grexit wäre billig. Doch er wäre besonders kostspielig.

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6 Kommentare

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  • ... und es gilt: Zu jedem leichtsinnigen Schuldner gehört auch ein leichtsinniger Gläubiger. Warum hat er sein überschüssiges Geld ausgerechnet in griechische Anleihen gesteckt und nicht in solche von "solideren" Ländern?

     

    Na, weil die riskanteren griechischen Anleihen mehr Zinsen versprachen.

    Die hohen Zinsgewinne sind ja wegen des höheren Risikos berechtigt - oder?

     

    Im Prinzip schon, nur wurden dann bei Eintritt des Risikofalles die Verluste dem Steuerzahler aufgehalst. Das haben aber nicht die Griechen getan, das waren unsere Politiker. Die Rettung der leichtsinnigen Gläubiger wurde fortan in der Öffentlichkeit durch Medien, die derselben Kaste angehören, als "Rettung der Griechen" verkauft.

  • Der ewige Buhmann, die Banken. Es gab mal eine Zeit, da galten Staatsanleihen als konservative Methode zur Wertanlage. 2008 z.B. hat man davon geträumt, dass Banken doch lieber in Staatsanleihen investiert hätten als in ungedeckte Hypotheken. Bis vor kurzen war Griechenland außerdem ein westliches "Industrieland", dessen Staatsanleihen man bedenkenlos kaufen konnte.

     

    Darüber hinaus wird es immer so dargestellt, als ob die Banken irgendwoher Geld haben mit dem sie wild rumspekulieren. Dass die Banken hier aber Geld im Auftrag von Großinvestoren wie Versicherungen, Rentenfonds oder eben konservativen Kleinanlegern anlegten, wird bei der Sache wohl übersehen. In den Köpfen vieler Menschen scheinen Banken so etwas wie raffgierige Parasiten zu sein, die unser Geld gewaltsam absaugen und dann damit machen, was sie wollen. Meines Wissens vertrauen wir ihnen unser Geld aber freiwillig an.

     

    Auf der anderen Seite, wenn die Banken keine gr. Anleihen gekauft hätten, wäre ihnen vorgeworfen worden die gr. Staatspleite zu provozieren, da Griechenland dann ja auch ohne Kredite dagestanden hätte.

  • Ich verstehe die passive bzw. unterschwellig einseitige Haltung des Kommentars nicht: Europa hat NUR die eigenen Banken gerettet. "Profiteure" sind die ausländischen Banken....

    Fakt ist, wie es eben nur teilweise richtig formuliert ist:

     

    Nicht Banken haben Kredite gegeben, sondern die Kunden der Banken und Versicherungen aus dem Rest Europas haben ihr Gespartes Geld in Form von Lebens-Rentenversicherungen, Sparplänen den Banken und Versicherungen anvertraut. Die haben das in griechsicche Staatsanaleihen gesteckt.

     

    Die Staatsanleihen sind auf griechischer Seite Schulden.

     

    Griechenland hat das Geld letztlich konsumiert; ohne Chance auf Rückfluss sprich Rendite: Beamtengehälter, öffentlicher Dienst, Projekte (Militär, Infrastruktur). Das Geld war weg... in die allgemeine Lebenhaltung eingeflossen wie Mieten , Lebensmittel, Handys, Autos, und sind jetzt eben Gewinne bei Firmen bzw. als Arbeitslohn in Fernost oder Rest EU gelandet; für die nach Griechenland gelieferten Waren!

     

    Die Banken wurden also gerettet, damit die Einlagen von uns allen nicht flöten gegangen sind. Unser ERspartes wurde gerettet.

     

    Blöd, dass wir davon jetzt wohl einen Teil dennoch abführen bzw. darauf verzichten müssen da unserer Renditen abstürzen und ggf. bei uns höhere Schulden gemacht werden müssen um Griechenland zu retten.

     

    Fazit: Die hat zu Firmengewinne einzelner geführt, sowie hat es ein lockeres Leben in den letzten Jahren in Griechenland ermöglicht, da viele uneffizienten aber staatliche, oft überbezahlte Jobs ohne Rendite für das Gesamtsystem entstanden und finanziert wurden.

    • @Tom Farmer:

      So funktionieren moderne Geldsysteme nicht. Banken sind nicht davon abhängig, Einlagen zu haben, um Kredite zu geben. Banken geben Kredite an kreditwürdige Akteure und besorgen sich das Geld zum Bilanzausgleich bei der Zentralbank oder anderen Banken. Das läuft so lange, wie es kreditwürdige Kunden gibt und der Zins, den man diesen Kunden abverlangen kann, höher ist, als der Zins, den die Zentralbank will.

       

      Versicherungen, andererseits, spekulieren mit den Beiträgen ihrer Kunden, legen diese an, um mit den Kapitalerträgen die Ausschüttungen zu finanzieren. Da staatliche Schuldverschreibungen normalerweise bombensicher sind (die Zentralbank kann diese IMMER in der Währung bedienen, die sie herausgibt), sind sie beliebte Ziele, solange sie Erträge bringen (also nicht wie in Japan oder, für eine Weile, Deutschland). Aber im Endeffekt ist das Spekulation: der Zins ist Ausgleich für möglichen Zahlungsausfall.

  • Verstehe ich das richtig: Wenn ich einem Freund Geld leihe damit er seine Bankschulden zahlen und weiterhin mit der Bank arbeiten kann dann habe ich nicht meinem Freund geholfen sondern der Bank?

     

    Und viel spannender: Wenn die Hilfskredite nicht geflossen wären und Griechenland gleichzeitig einen strukturellen Importüberschuss aufweist, womit hätte Griechenland dann notwendige Importe finanziert?

    • @Questor:

      Die Bank deines Freundes hat ungeachtet seiner Kreditwürdigkeit kontinuierlich weiter an Ihn Kredite gezahlt, damit er weiter kontinuierlich in der der Bank gehörenden Einkaufsstrasse einkaufen konnte. Nun ist dein Freund arbeitslos und pleite und all das Geld, was du Ihm gibst kann nicht in die Miete, Essen oder Versicherung gehen, es geht sofort an die Bank. Beide haben Fehler gemacht, aber in dieser Variante gibt es nur einen, der diesen bezahlt!