Filmstart "1 1/2 Ritter": Die Ein-Mann-will-alles-Show
Genug geschmollt: Til Schweiger lässt seine neue Komödie "1 1/2 Ritter" aufs Publikum los. Die Witze stammen aus dem Mittelalter. Einen Filmkunstpreis wird er damit nicht gewinnen.
Tilman Valentin Schweiger aus Freiburg im Breisgau ist ein erfolgreicher deutscher Filmstar. Steht sein Name auf dem Plakat, stimmen die Tageseinnahmen und das erfreut Produzenten und Kinobesitzer. Er stand auch schon in Hollywood vor der Kamera, also dort, wo die meisten seiner Kollegen hin wollen und die wenigsten jemals landen werden. So richtig endgültig durchgestartet ist er jenseits des Atlantik zwar auch nicht, aber immerhin. Seit langem erprobt Herr Schweiger zudem sein Talent nicht nur als Darsteller, sondern auch als Produzent und Regisseur. Das trauen sich ebenfalls nur wenige.
Wenn er im Regiesessel Platz nimmt, dann, um sich selbst zu inszenieren. Dieses Sichselbstinszenieren beherrscht er abseits der Leinwand auch ganz gut. Jedenfalls gibt es in den Medien genügend Abnehmer seiner privaten Geschichten und Ansichten. Er hat es in die Liga derjenigen Promis geschafft, die die Trennung von ihrer Frau per Bild-Zeitung bekannt geben können.
Gibt er gerade keine Interviews, dreht Til Schweiger Filme. Praktisch am laufenden Band. In den vergangenen zwei Jahren war er in nicht weniger als zehn Produktionen zu sehen. Er war Lucky Luke bei den Daltons, der fliegende Wehrmachtsoffizier in "Der Rote Baron", ein vom Schicksal gebeutelter Werbefachmann in "One Way" und der adrenalingesteuerte Ex-Soldat Jack Carver in der Video-Game-Verfilmung "Far Cry". Keine Frage: Til Schweiger ist ein echtes Arbeitstier und keiner, der sich auf einmal Erreichtem ausruhen würde. Er will noch ganz woanders hin.
Was er will, ist bekannt: die Anerkennung als Filmkünstler. Und zwar durch die Deutsche Filmakademie. Als die seinen Film "Keinohrhasen" - Hauptdarsteller, Drehbuchautor, Produzent, Regisseur: Til Schweiger - bei der Vorauswahl zum Filmpreis nicht berücksichtigen wollte oder konnte, erklärte er beleidigt seinen Austritt aus derselben. Natürlich via Focus. Denn es könne ja nun wirklich nicht angehen, dass er vor einer Institution kuscht, die Filme prämiert, "die keine Sau kennt". Dass der Witz einer künstlerischen Auszeichnung gerade darin liegt, Unbekanntes bekannter zu machen, hatte er offenbar nicht begriffen. Ohnehin war er mit der filmkritischen Öffentlichkeit schon lange über Kreuz. "Keinohrhasen" startete in den Kinos ohne reguläre Pressevorführung, nach dem Motto: Keine Presse ist besser als eine schlechte Presse. Und wenn die Filmkritik ihn nicht mag, mag Til Schweiger sie eben auch nicht.
In die Filmakademie hat er inzwischen zurückgefunden. Gegenüber der Presse schmollt er immer noch. Denn auch für seine neueste Ein-Mann-Show, die Mittelalter-Buddy-Komödie mit dem extralustigen Titel "1 1/2 Ritter - Auf der Suche nach der hinreißenden Herzelinde", hat der Produzent, Regisser und Hauptdarsteller Schweiger die Parole ausgegeben: Vorabvorführungen nur für handverlesene Journalisten, vulgo: Hofschreiber. Passt ja zum Thema.
Wenn man den Film dann in einer regulären Kinovorführung besucht hat - Filmkritiker sind mitunter ja auch knallharte Arbeitstiere - begreift man, dass einem nur Übles erspart werden sollte. Das Ganze ist so, wie sich das deutsche Fernsehen eine Kinokomödie vorstellt: Ein fehlgezündeter Klamauk nach dem anderen wird wie die Sau durchs Dorf gejagt, Dutzende von TV-Gesichtern geben einander die Klinke in die Hand, nach zehn Minuten sehnt man sich nach der erlösenden Werbeunterbrechung. In einer Szene soll Schweiger als Ritter Lanze auf einer Folterbank zum Lachen gebracht werden. Das kann man mitfühlen.
"1 1/2 Ritter - Auf der Suche nach der hinreißenden Herzelinde" R.: Til Schweiger. Mit Til Schweiger, Rick Kavanian, Julia Dietze
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!