Filmbiografie von Rolf Eden: Ein alternder Berufsplayboy

Die Doku "The Big Eden" zeigt den dienstältesten deutschen Playboy Rolf Eden als einen sympathischen Mann, der immer geliebt werden will.

Als er noch jung und knackig war: Rolf Eden bei seiner Lieblingsbeschäftigung. Bild: Central Film

Den Arbeitstitel weiß Rolf Eden schon. Als Biografen stellt er sich jemanden vor, der die ganze Zeit über bei ihm war. Zwar fällt ihm niemand ein, der ihn wie der Fotograf Frank Quade fünfzig Jahre lang begleitet hätte und außerdem schreiben kann. Er wird wohl Katja Kessler nehmen, Autorin der Dieter-Bohlen-Biografien.

So etwas wie die beiden Bücher wünscht er auch über sich selbst gedruckt zu sehen, und daher wird der Arbeitstitel zugleich die Moral von der Geschichte sein, "Rolf Eden, das ganze Leben über Glück gehabt". Ein Spielfilm ist ebenfalls geplant, Regie Peter Dörfler, von dem "The Big Eden" ist, ein Dokumentarfilm wie eine Revue, wie Rolf Edens Leben eine Revue zu sein scheint.

Eden hat diesen Charme, er macht jedem Komplimente, dem er begegnet. Es ist seine Art, das Gegenüber für sich zu gewinnen und im selben Moment auf Abstand zu halten, Champagnercharme. Prickelnd der erste Schluck, aufregend, leicht und mit dem Versprechen langen, tiefen Genusses. Aber bitte zügig trinken, wird sonst fade, wird sonst schal.

Ihn zu verachten würde nicht schwerfallen, ein Lustgreis, der jungen Frauen hinterhersteigt und sich harmlos Playboy dabei nennt. Schwer jedoch fiele es, ihm übelzuwollen. Es gäbe keinen Grund dazu.

Immer höflich, immer zuvorkommend, immer geht es ihm gut, bestens, ja, danke, alles wie immer, wie gehabt, alles in Ordnung, und mit dem Sex und den Frauen sowieso. Bloß keine schlechten Nachrichten, bloß kein Schwarz, kein Schatten, keine Schwäche, keine Krankheit oder Not und schon gar keinen Tod. Dort, wo er ist, ist es immer hell, sorgenfrei, immer Sonne, immer heiter, und das schon, solange er da ist, seit über achtzig Jahren.

Er will ein Mythos sein

Es gibt die Arschkimmen-Geschichte. Drei soll Eden davon haben, drei Arschkimmen. Uschi, seine blonde große Liebe von vor dreißig Jahren, erzählt die Geschichte in "The Big Eden". Arschfalten, sagt sie zärtlich mit bayerischem Akzent. Als sie ihn zum ersten Mal unbekleidet vor sich hatte, sah sie, dass er dort drei Kimmen hat, wo für gewöhnlich nicht mehr als eine ist. Die drei Falten hat er immer noch, erzählt sie in die Kamera hinein. Wie herzlich sie darüber lacht.

Zu sehen ist erst einmal nichts. An dem Vormittag um elf kommt Eden von oben aus dem Schlafzimmer und hat einen Straßenmantel über der Pyjamajacke an. Die wenigen Schritte über die Diele zum Erker mit der Essecke hin geht er vor, nichts Verräterisches an seinem Gang. Am Tisch dann ist wieder nichts Außerordentliches zu beobachten. Eden sitzt auf dem Stuhl, wie jeder andere mit nur einer Kimme auch auf ihm sitzen würde.

Die Trinität bei sich hinten bestätigt Eden nicht, er tut einfach so, als wäre die Frage nicht gestellt worden. Bald wird er ein Bein über das andere schlagen und sich am Knöchel kratzen. Die Schöße des Mantels werden zurückfallen und die Sicht auf einen Minislip und zwei streichholzdünne Oberschenkel freigeben.

Auf Filmaufnahmen, die Eden in jüngeren Jahren am Pool und am Strand zeigen, ist zu erkennen, dass er nie kräftige oder muskulöse Schenkel hatte, und immer schon hatte er einen Kugelbauch, schmale Oberarme und eine eingefallene Brust. Auch ist es nicht so, dass er durch seine Stimme an Anziehungskraft gewönne, es ist keine Stimme, die etwa aufgrund ihres Wohlklangs Aufmerksamkeit auf sich lenken würde.

Nichts vom Mythos, der er sein will, findet sich in der Realität wieder. Er will der sein, den die Frauen lieben, er will genau der Mythos sein und will ihn auch leben. Aus der Nähe wahrgenommen, ist er wie ohne Geschmack und wie ohne Geruch, ein Neutrum, zum Vorzeigen jedes Mal teuer verpackt und zurechtgemacht.

Die Monotonie der Komplimente, die seine Umgebung unterschiedslos trifft, erklärt Eden damit, dass jeder stets größer und wichtiger gemacht werden muss, als er es in Wahrheit ist. So macht man sich Freunde, so geht man Konflikten aus dem Weg, sagt er und verweist auf Dale Carnegies Buch, "Wie man Freunde gewinnt. Die Kunst, beliebt und einflussreich zu werden".

Heißt das nicht Beliebigkeit im Umgang mit Menschen, alle gleich, alle eins? Sind dann die Personen im intimen Umkreis nicht auch grundsätzlich fern und bedeutungslos? Er begreift die Frage nicht, was meinen Sie damit. Womöglich ist sie tatsächlich überflüssig, er ist, wie er ist, es ist sein Gemüt, seine Gefühlswelt.

Blondinen bevorzugt

Er ist bestrebt, alles das von sich fernzuhalten, das ihn bedrücken könnte, und meist sind es Menschen, die bedrückend sind, und die Dinge, die sie tun. Er sagt immer nur nette Sachen und möchte als Gegenleistung immer nur ebensolche Sachen hören. Danke, sagt er, sobald er sie vernommen hat, das ist sehr nett von Ihnen, dass Sie das sagen, und freut sich dann ganz unverbindlich.

Marco, 42 Jahre alt und Edens ältester Sohn, klagt in "The Big Eden" folgendermaßen an: "Er würde wahrscheinlich immer zu einem sagen, du bist der Beste, Tollste, heißt, du bist mir wurscht".

Frisch müssen sie sein, unter dreißig, und blond. Eden versteht was von Frauen, Frauenversteher. Noch jede hat er dahin bekommen, wohin er sie wollte, bis dass sie dachte, dass sie es selbst will, sagt er. Woran die Frauen in Wirklichkeit dachten, wusste er, an einen neuen Busen, an eine neue Nase, einen neuen Hintern. Kriegten sie alles von ihm, das war sein Verführertrick. Und, logisch, ein Kind, wenn sie auch das von ihm wollten.

Er ist sich dessen bewusst, dass die Frauen seines Geldes wegen mit ihm zusammen waren, und er weiß darüber hinaus, dass einige von ihnen deshalb ein Kind von ihm wollten, weil sie dann versorgt wären.

Zehntausende Euro zahlt er monatlich an die Mütter seiner Kinder und hat sie zudem alle mit Haus und mit Wohnung bedacht. Vielleicht ist die Höhe der Zahlungen sein Weg, Verantwortungsgefühl zu zeigen, es wäre nicht der übelste Weg. Zumindest lässt sie den Schluss zu, dass das Entgegenkommende an ihm nicht immer bloß Attitüde ist.

Ob er mal Liebeskummer hatte? Einmal ein paar Tage lang, ja.

Genau genommen aber hat ihm nur ein einziges Mal etwas richtig wehgetan. Schläge vom Vater mit der Schaufel, sechs war Eden da. Nie wieder hat er solche Schmerzen und solche Demütigung aushalten müssen. Bei dem Eingeständnis ist es, als täte sich nun eine andere Welt des Rolf Eden auf, die Welt einer Kindheit, in der er Misshandlung durch den Vater ausgeliefert war.

Als würde er jetzt den Hintergrund für das zwanghaft Harmonisierende seines Auftretens liefern, der Chaos, Kälte und Gewalt im Elternhaus ist. Doch er beharrt darauf, dass es nur das eine Mal war, sonst immer sonnenhell, und lenkt auf eine Angelegenheit, die ihm wichtig ist.

Er möchte ein Kind mit der Frau, die seit einem Jahr bei ihm ist. Es wäre das achte. Brigitte ist oben im Bett und wird nachher runterkommen, wenn der Besuch fort sein wird, und wie jeden Tag nach dem Aufstehen Frühstück für sie beide machen. Sie hat eine Eigentumswohnung von Eden, Einnahmen aus einem seiner Mietshäuser und ist im Testament erwähnt.

Immer wieder haben sie es probiert, sagt er, aber Brigitte will nicht schwanger werden. Es muss an ihm liegen, sagt er, vielleicht ist er dafür nun doch schon zu alt, er ist nun doch schon Urgroßvater. Ein Augenblick, in dem er hilflos wirkt, ein Augenblick, der für ihn einnimmt.

Eden ist wie ein Kind

Brigitte ist praktisch an Frank Quades Stelle getreten, seit der vor Jahren gestorben ist. Sie nimmt jetzt alles auf, sie filmt Eden, wo immer er hintritt, was immer er tut, sie ist sein Filmbiograf, das bereitet ihm Vergnügen. Er ist in der Pubertät steckengeblieben, sagt sie über ihn. Er sagt, dass bislang nicht klar ist, wer der Schauspieler sein wird, der ihn im Spielfilm über sein Spaßleben spielt. Klar ist nur, wie er aussehen soll. Er soll aussehen wie er.

Gereift durch etwas ist Eden nie, Fährnisse des Lebens entwaffnet er mit Einfalt, Naivität. Liebenswürdigkeit nennt er selbst es. Bestaunenswert an ihm ist der Wille, jung auszusehen und als jung dazustehen. Möglich, dass er sich als Gegenstück zum It-Girl sieht, doch ohne dessen übliche verhaltensauffällige Extras.

Er ist milde, er bewegt sich in Luxusautos und mit seiner Luxusfreundin an der Seite durch die Gegend und wartet ansonsten am Handy auf Interviewanfragen, Fototermine und Einladungen zu Restaurant- und Diskothekeneröffnungen.

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