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Film „Un été comme ça“ auf der BerlinaleViel Sex um nichts

Denis Côté verlässt sich in seinem Filmdrama „Un été comme ça“ um drei hypersexuelle Frauen auf den Tabubruch ihrer Erzählungen.

Austern als Aphrodisiakum? Foto: Lou Scamble/Metafilms

„Dies ist eine Reise, keine Therapie“, erklärt Mathilde (Marie-Claude Guérin) den drei Frauen, die in diesem Sommer zu ihren Schützlingen werden sollen. Wobei sie genauer gesagt unter der Obhut ihrer deutschen Kollegin Octavia (Anne Ratte-Polle) stehen werden, mit der sie ein eigenartiges Konkurrenzverhältnis verbindet, das – wie die meisten Beziehungsdynamiken in „Un été comme ça“ („That Kind of Summer“) – nur angedeutet, aber nicht näher ergründet werden soll.

Mathilde selbst ist nämlich schwanger, wie die Kamera nach ihrem einführenden Monolog mit einem Schwenk auf ihren Bauch enthüllt. Ansonsten bleibt diese meist nah an den Gesichtern der wenigen Figuren, die sich in einem ruhigen Haus am See in der Nähe von Montréal eingefunden haben. Mit insistierendem Blick haftet sie an Personal wie Patientinnen, sofern man sie denn als solche bezeichnen mag, gleichermaßen.

Denn „krank“ ist hier niemand, wie immer wieder betont wird. Léonie (Larissa Corriveau), Eugénie (Laure Giappiconi) und Geisha (Aude Mathieu) leiden an Hypersexualität, über die sie während ihres 26-tägigen Aufenthalts reflektieren sollen.

Der kanadische Filmemacher Denis Côté („Ghost Town Anthology“), der bereits zum vierten Mal im Wettbewerb der Berlinale vertreten ist, rückt in seinem kammerspielartigen Drama vor allem die Zeugnisse, die die Frauen von ihrer sexuellen Historie ablegen, ihre Zwangsgedanken und Minderwertigkeitsgefühle, in den Fokus.

Streifzüge auf der Suche nach Sex

Mit dokumentarischem Stilwillen zeigt er seine Protagonistinnen in therapeutischen Zwiegesprächen, auf Streifzügen durch die Umgebung auf der Suche nach Sex oder beim gemeinsamen Abendessen.

So rückt auch immer wieder die Belegschaft, zu der außerdem Sozialarbeiter Sami (Samir Guesmi) und Haushälterin Diane (Josée ­Deschênes) gehören, ins Blickfeld. Durch sie werden die üblichen Reaktionen auf die extremen Begierden in den Film eingeflochten. Sie changieren zwischen Verständnis und Mitleid, Ekel und Faszination.

Termine

15. 2., 11 Uhr, Cubix 9

16. 2., 14 Uhr, Friedrichstadt-Palast

17. 2., 11 Uhr, Cubix 5

17. 2., 11 Uhr, Cubix 6

20. 2., 20 Uhr, Urania

Darauf, derlei Reaktionen auch bei den Zuschauenden hervorzurufen, verlässt sich „That Kind of Summer“ spürbar. Côté lässt fortlaufend von Tabubrüchen berichten, zeigt sie selten auch. Allerdings ohne sie zu einer aussagekräftigen Charakterstudie zu verbinden oder sie anderweitig fruchtbar zu machen, weswegen sie den Film nicht über seine gut zweistündige Spielzeit tragen.

So zieht besagte Reise nicht nur an den Frauen vorbei, die während ihr keinerlei Transformation durchmachen. Auch als Publikum nimmt man von ihr nicht viel mehr mit als das ein oder andere schöne Bild und ein paar drastische Geschichten.

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1 Kommentar

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  • Die meisten Côté-Filme sind schlecht. Warum er ein Berlinale-Abo hat, versteht niemand in der Szene. Nun beschreibt er aus männlicher Sicht weibliche Sexualität. In Bildern für männliches Publikum. Aber selbst letzteres - zumindest der empathische Teil - schlägt die Hände über dem Kopf zusammen.

    Leider sind aber auch weibliche Filmemacherinnen bis jetzt nicht besser. Alle gehen auf Nummer sicher und schaffen und bedienen Männerinhalte. Haben sie Angst, eine Hälfte des Publikums zu verlieren?