Festivals in Neukölln: Leidenschaft auch ohne Geld
Das Festival Pop-Kultur fand in dieser Woche zum ersten Mal in Neukölln statt. Ein Gegenfestival protestierte gegen den Ausverkauf des Kiezes.

So viel Festival wie in den letzten drei Tagen war selten in Neukölln. Die mit Senatsgeldern veranstaltete Pop-Kultur gastierte hier in diversen Locations vom Huxleys bis zum SchwuZ, parallel dazu fand als kurzfristig organisierte Gegenveranstaltung auf eher No- als Low-Budget-Niveau das Off-Kultur-Festival in Läden wie der Expatkneipe Same Heads oder der Schwulenbar Ficken 3000 statt. Die Kleinen schienen damit den Großen zurufen zu wollen: Wir wollen unsere Subkultur nicht durch euer Standortmarketing missbraucht wissen.
Das Pop-Kultur-Festival hat die Aufgabe, den Ruf Berlins als führender Popstadt zu mehren, und zu diesem Zweck eignet sich das angesagte Neukölln natürlich besonders gut. Neu ist, dass es gegen solche Umarmungsstrategie nun tatsächlich so etwas wie Widerstand gibt. Das sich sonst so widerständig gebende Berghain hat im letzten Jahr immerhin noch sehr gerne den Senats-Event beherbergt.
Es lässt sich nun trefflich darüber streiten, ob die Pop-Kultur sich wirklich wie ein Krake in der Neuköllner Subkultur festsaugt, ob das Gegenfestival am Ende nicht sogar der Pop-Kultur erst die Aufmerksamkeit verleiht, die dieses mit seinem eigenen, wirklich sensationell mauen Programm niemals bekommen würde, und ob die Neuköllner Indieband, die in irgendeiner Kaschemme spielt, nun eher den Kiezgeist verkörpert als der Auftritt einer internationalen Band im Huxleys.
Aber immerhin haben die Macher der Off-Kultur gezeigt, dass es in Neukölln immer noch subkulturelle Leidenschaft genug gibt, um auch ohne große finanzielle Mittel etwas Eigenes auf die Beine zu stellen. Und das ist heute, wo in Berlin auch Popmusiker erst einen Förderantrag stellen, bevor sie ein Instrument erlernen, schon einiges.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!