Feministische „Take back the night“-Demo: Wütendes Stop-and-go
Die feministische Walpurgisnachtdemo in Berlin ist so ausdrucksstark wie zäh. Immer wieder kommt es zu Rangeleien mit der Polizei.
„We share the pain. We share the rage“ stand dort neben dem Bild einer mit Sturmhaube Vermummten – „Vereint im Schmerz und unserer Wut“, so hatte auch die Parole gelautet, die zuvor auf der Auftaktkundgebung ausgegeben wurde. Das Motiv Wut – es zog sich durch die Demo: auf die Benachteiligungen, die FLINTA erleben, also das Patriarchat und den Kapitalismus, die Polizei. Nichts wolle man sich gefallen lassen an diesem Abend, keine dummen Sprüche, keine Festnahmen.
Bei so viel zur Schau gestellter Offensivität konnte das riesige Polizeiaufgebot in dieser Walpurgisnacht nicht überraschen. Von Beginn an wurde der erste Block, der sich durch Transparente und einige Schirme so gut wie möglich abzuschirmen versuchte, von einem engen Spalier begleitet. Einigen Teilnehmer:innen war das wohl zu nah: Schon nach wenigen hundert Metern flogen vereinzelte Flaschen in Richtung der Behelmten.
Als die Demo die engen Straßen Prenzlauer Bergs verlassen und in Höhe des U-Bahnhofs Bernauer Straße auf die Brunnenstraße einbiegen wollte, wurde sie zum ersten Mal gestoppt. Minutenlang drückten Polizist:innen gegen die erste Reihe, über einen Lautsprecher erfolgte die Aufforderung, das Abbrennen von Pyrotechnik und das Werfen von Gegenständen zu unterlassen.
Keine normale Demo mehr möglich
Später in den wieder engen Straßen zwischen Rosenthaler Platz und Alexanderplatz wiederholte sich das Schauspiel noch ein halbes dutzend Mal. Meist nur wegen des Gerangels mit jenen Beamt:innen, die auf Zentimeter nah am Zug waren, musste die Demo anhalten. Die Teilnehmer:innen büßten dabei einen Teil ihrer Transparente und auch einige Mitstreiter:innen, die herausgezogen wurden, ein. Von einer normal verlaufenden Demo konnte angesichts dieses Stop-and-go längst keine Rede mehr sein.
Die Demo passierte das ehemalige Wombat's Hostel, das am Morgen besetzt worden war, aus dem nun aber schon wieder Polizist:innen guckten. Nachdem der Eigentümer, eine spanische Hotelkette, Verhandlungen abgelehnt hatte, war das Gebäude am Nachmittag geräumt worden – sechs Besetzer:innen wurden im Haus festgesetzt.
Kurz darauf, als der Alex in Sichtweite geriet, beendeten die Veranstalter:innen sie Demo mitten im Lauf. Das Überraschungsmoment sollte die Teilnehmer:innen wohl motivieren, unkontrollierbar in alle Richtungen auszuströmen. Viele aber waren selbst überrascht. Im hinteren Teil, hunderte Meter entfernt und ohne jede Polizeibegleitung, nutzte ein Teil der Teilnehmer:innen die Möglichkeit, mitgebrachte Steine und Farbbeutel auf die Schaufenster teurer und unliebsamer Geschäfte zu entsorgen, ehe die angesprinteten Polizeieinheiten ihre Übermacht unter Beweis stellten und die Menge zerstreuten.
Empfohlener externer Inhalt
Schon am Sonntagabend werden sich wohl viele der Beteiligten wiedersehen – auf der ähnlich wütend aufgeladenen Revolutionären 1. Mai-Demonstration.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Klimakiller Landwirtschaft
Immer weniger Schweine und Rinder in Deutschland