Fast Food gefährlich für Wildtiere: Auch Vögel lieben Burger
Essensreste von Fast Food landen oft im Müll und werden dann von Wildtieren gefressen. Die Menschennahrung kann sie allerdings krank machen.
Wer den Vögeln wirklich helfen wolle, müsse das ganze Jahr über Nahrung bereitstellen – nicht nur im Winter, meint Berthold, der sich über diese Frage mit „seiner“ Naturschutzorganisation zerstritt; sie hielt die Winterfütterung für ausreichend, das war noch vor dem „Insektensterben“.
Bei den Vögeln gibt es ein Kommen und Gehen. Der Biologe der Humboldt-Universität, Rolf Schneider, hat den Eindruck, dass die Dohlen in Berlin und im Umland langsam verschwinden, dafür kommen immer mehr Elstern und Eichelhäher.
Die größte Dohlen-Kolonie befand sich in Köpenick, wo es ab 2003 eine Kooperation der HUB-Biologen mit dem Nabu gab, der Nistkästen für sie aufhing. Laut Schneider bekommen die Dohlen in der Stadt weniger Nachwuchs als auf dem Land: „Das Futterangebot ist problematisch. Zwar gibt es genug Kohlehydrate (Brot z. B.), aber sie brauchen für die Aufzucht Eiweiß (Insekten, Würmer etc.). Die Sterberate der in der Stadt geborenen Jungen beläuft sich auf 70 bis 100 Prozent, auf dem Land betrifft es nur 25 Prozent. Viele der Köpenicker Jungvögel erreichten das Ausfliegegewicht nicht, wir fanden Anzeichen von Pilz- und Nierenerkrankungen.“
Fütterungsverbote in Städten
In Berlin ernähren sie sich quasi vegetarisch, weil es hier als Ersatz für Würmer und Insekten nicht genug Fleischabfälle gibt, die vor allem ihre Jungen brauchen. Zwar haben sich hier die türkischen Schnellimbisse extrem vermehrt, aber ihre Döner werden zumeist aufgegessen und nicht weggeworfen. In den USA ist das anders, denn dort ergaben Untersuchungen an Krähen in New York, dass sie sogar zu viele Hamburgerreste fressen, weswegen sie einen zu hohen Cholesterinspiegel haben. Die Oberhessische Presse schrieb über die Studie: „Fast Food macht krank – diese Warnung können Tiere ihrem Nachwuchs nicht mit auf den Weg geben. Nötig wäre es durchaus.“
Wildvögeln die richtige Nahrung zu geben, kann in einigen Städten aber viele Menschen verärgern. Wie der Gelsenkirchener Jurist Guido Rohrer, der etwa einen Zentner Körnerfutter im Monat kauft, um damit die Tauben zu füttern.
Dafür erntet er „Hasskommentare“ wie: „Das ist verboten!“ „Ich rufe die Polizei“, „Du gehörst eingesperrt“. In der Lokalausgabe der WAZ wurde nicht nur das Fütterungsverbot als „ethischer Tierschutz“ bezeichnet und auf die „Zerstörung von Eigentum“ durch die Taubenscheiße hingewiesen, sondern auch dazu aufgefordert, Taubenfütterer polizeilich zu melden. Guido Rohrer meint: „Das ist ein Aufruf zur Denunziation von Leuten, die die Tauben nicht langsam verhungern lassen wollen. Hier werden Tierfreunde wie Verbrecher behandelt.“
Guido Rohrer, taubenfütterer
Artgerechtes Füttern
Es gibt allerdings mehr Taubenfütterer als man denkt – auch in Gelsenkirchen: „Die meisten tun das jedoch heimlich – abends oder frühmorgens. Und selbst da gibt es Leute, die sie mit Taschenlampen verfolgen.“ Man muss sich die Taubenfütterer vielleicht so ähnlich vorstellen wie das internationale Netzwerk alter Damen, die auf den städtischen Friedhöfen verwilderte Katzen und nebenbei auch noch Füchse und Krähen füttern. Diesen Frauen, schreibt Eva Demski (in „Katzentreffen“ 2015) „sieht man auf den ersten Blick nicht an, dass sie im großen Spiel des Lebensgleichgewichts eine besondere Rolle spielen. Sie erscheinen regelmäßig auf den Friedhöfen der Welt, ob in Berlin oder in Rom, Wien, London, Frankfurt, Tübingen oder in Paris.“
Auch die Stadttauben müssten gefüttert werden, sonst ernähren sie sich falsch: Sie müssen zwar kein tierisches Eiweiß für die Aufzucht ihrer Jungen finden, weil sie die einzigen Vögel sind (neben den Flamingos), die Milch produzieren, „Kropfmilch“, mit der sie die Jungen füttern, aber sie brauchen dafür Körnerfutter, kein Weißbrot.
In Berlin gibt es kein Fütterungsverbot. Auch die Taubenexpertin Almut Malone ist strikt dagegen, dass sich 7.000 Jahre domestizierte, verwilderte Haustauben von unseren Abfällen ernähren, denn die Tauben brauchen artgerechtes Futter (Körner mit Kalkzusatz). Das, und auch frisches Wasser, gibt man ihnen am Besten in Taubenschlägen, wo sie auch brüten – und man ihnen dann die Eier durch Attrappen ersetzen kann. Wenn man wollte, hätte man in diesen Taubenschlägen auch gleich noch wertvollen Guano-Dünger.
Tauben-Population eindämmen
Die Tiermedizinerin Malone hat drei Volieren im Garten und versorgt verwaiste und verletzte Jungtauben. Täglich bekommt sie zehn bis 30 Notrufe, mehrheitlich zu den ganzjährig brütenden Straßentauben. Die gesundgepflegten Tauben werden als kleiner Schwarm im Schlag freigelassen. So sind ihre Überlebenschancen größer, sie hatten alle keine Eltern, die ihnen zeigten, wer Freund und wer Feind ist.
Tauben können sieben Mal im Jahr jeweils zwei Küken ausbrüten, nach vier Wochen sind sie flügge und nach vier Monaten geschlechtsreif. In zwei Jahren wären das theoretisch fast 200 Tauben, aber sie haben große Verluste: Etwa 80 Prozent der Küken und 50 Prozent der Jungtauben sterben, schätzt Malone, da die Population gleich hoch bleibt. Sie richtet Taubenschläge, z. B. in der Nähe von Bahnhöfen ein, an denen die Deutsche Bahn Tauben brüten lässt. Die meisten Schläge werden dann von einem Umwelt- und Sozialprojekt mit Jobcenter-Maßnahmen betreut – der von Malone finanzierte ehrenamtlich.
In Augsburg hat man es bereits stadtweit geschafft, dass die Tauben weniger und gesünder werden – mit 13 Taubenschlägen und ohne Fütterungsverbot. Für Berlins etwa 10.000 Tauben bräuchte man rund 50 Taubenschläge, bisher gibt es nur sechs. Aber mit solch einem Programm, das etwa drei Millionen Euro kosten würde, „könnte man alle Tauben von den Bahnhöfen und Brücken wegbekommen“. Noch scheut die Deutsche Bahn mit ihren 160 Bahnhöfen in Berlin und der für die Brücken verantwortliche Senat die Ausgaben dafür.
Wildtierjagd in der DDR
Das war in der DDR anders, jedenfalls bei den jagbaren Tieren. Die Jagd gehörte dem Volk – bis auf die „Sonder-“ und „Staatsjagdgebiete“. 1953 sicherten sich die Politbüromitglieder die interessantesten Jagdgebiete: 129 insgesamt, sie wurden immer mehr erweitert, stärker geschützt und eingezäunt.
Gleichzeitig wurden ihre „Jagdhütten“ immer üppiger ausgebaut. Zusammengenommen umfassten diese Gebiete schließlich rund 1.200 Quadratkilometer. Im Gegensatz zur BRD hatte dort „die Wildbewirtschaftung absoluten Vorrang gegenüber der Waldbewirtschaftung“, wie der Jagdhistoriker Helmut Suter schreibt (in „Honeckers letzter Hirsch“ – 2018). „Um die Jagd interessant zu gestalten und den Erfolg nicht nur dem Zufall zu überlassen, wird in Zukunft von der Möglichkeit, das Wild zu locken, mehr Gebrauch gemacht“, nahm man sich vor.
Den Staatsmännern ging es dabei um die Trophäen – wofür sie sich je nach deren Größe Bronze-, Silber- und Goldmedaillen verliehen. Erst einmal musste wegen des zu dichten Wildbestandes zugefüttert werden: mit Hafer, Mais, Kartoffeln, Rüben und einer Silage aus Süßlupinen und Sonnenblumen. Da die Hirsche damit aber nicht schnell genug auf „die gewünschte Geweihmasse“ kamen, wurde das Rotwild auch im Sommer mit Kraftfutter versorgt, „das aus Erdnuss-, Hafer-, Lein- und Sojaschrot sowie einem Mineralstoffgemisch bestand. Jeder Hirsch sollte täglich drei Kilogramm bekommen.“
Für 1972 plante die Jagdwirtschaft laut Helmut Suter einen Bedarf von 1.087 Tonnen Kraftfuttermischung ein, dazu 650 Tonnen Mais und 14 Tonnen Hafer. „Diese Menge lag schon im Jahr darauf bei 1.141 Tonnen. Ähnliches vollzog sich bei den Wildschweinen, wo eine tägliche Zufütterung von einem Kilogramm Mais eingeplant war, hinzu kamen noch Rüben und Raufutter.“ Darüber hinaus brauchte es „neue Äsungsflächen“, deren Fruchtbarkeit man mit Düngung und Beregnungsanlagen verbesserte. Für letztere wurden 14 Tiefbrunnen angelegt. Und das alles, schreibt Helmut Suter, nur wegen des zunehmenden „Wahns nach stärkeren Trophäen“.
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