Farc-Rebellen in Kolumbien: Einigung auf neuen Friedensvertrag

Zweiter Anlauf: Nach dem gescheiterten Referendum über das Abkommen zwischen Regierung und Farc versuchen beide erneut, eine Einigung zu finden.

Zwei Männer geben sich die Hand

Luciano Marin, Unterhändler der Farc, und Regierungsvertreter Humberto de la Calle begrüßen sich in Havanna Foto: dpa

SãO PAULO epd | In Kolumbien haben sich Regierung und Farc-Guerilla sechs Wochen nach dem gescheiterten Referendum auf einen neuen Friedensvertrag geeinigt. Der Text enthalte Änderungen und berücksichtige Vorschläge verschiedener gesellschaftlicher Gruppen, teilten beide Seiten am Samstagabend in Havanna der Zeitung El Tiempo zufolge mit.

„Wir haben einen neuen Vertrag für alle erreicht“, sagte Kolumbiens Staatspräsident und Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos. Zu den wichtigsten Änderungen gehöre eine bessere Entschädigung der Opfer. Der über vier Jahre verhandelte Friedensvertrag war in einer Volksabstimmung am 2. Oktober mit hauchdünner Mehrheit abgelehnt worden. Er sollte mehr als 50 Jahre Bürgerkrieg in Kolumbien beenden.

Der neue Vertrag solle die Kolumbianer vereinigen und nicht auseinandertreiben, sagte Santos. Dafür traf er sich auch mit dem Anführer des „No“-Lagers, dem konservativen Ex-Präsidenten Álvaro Uribe, um ihn zur Zustimmung zu bewegen. Uribe bat nach der Übereinkunft um Zeit, um den neuen Vertrag prüfen zu können.

Santos betonte, dass die Verhandlungsparteien mehr als 500 Änderungsvorschläge von allen gesellschaftlichen Gruppen bekommen hätten. Einer der Hauptkritikpunkte der Gegner war die vereinbarte Sondergerichtsbarkeit und die ihrer Meinung nach zu geringen Strafen für die Farc-Kämpfer.

Neue Entschädigungsregelung

Künftig soll zwar eine Sonderjustiz beibehalten werden, die maximal acht Jahre Haft für schwere Verbrechen vorsieht. Aber die Verbüßung der Strafen soll verschärft werden. Außerdem soll eine Revisionsmöglichkeit gegen Entscheidungen der Sondergerichte vor dem Verfassungsgericht geschaffen werden. Neben einer Landreform sieht der Vertrag auch eine Entschädigung der Opfer und eine politische Beteiligung der Rebellenorganisation vor.

Nach dem geänderten Vertrag muss die Guerilla jetzt ihr gesamtes Vermögen offenlegen, das dann für die Entschädigung der Opfer herangezogen wird. Die Kritiker lehnen weiter ab, dass Farc-Kämpfer künftig als Abgeordnete im Kongress vertreten sein sollen. „Ich sage es mit aller Offenheit. In diesem Punkt haben wir keine Einigkeit erreicht“, gab Santos zu.

Regierungsunterhändler Humberto de la Calle sagte in Havanna: „Wir sind davon überzeugt, dass dieses Dokument realisierbare Wege enthält.“ Farc-Verhandlungsführer Ivan Márquez betonte, die Guerilla habe im Interesse des Friedens Zugeständnisse gemacht. „Das neue Friedensabkommen ist ein Sieg für Kolumbien“, fügte er hinzu.

Santos, der eine Einigung vor Verleihung des Nobelpreises am 10. Dezember angestrebt hatte, kann das Abkommen nun vom Parlament absegnen lassen. Das ursprüngliche Abkommen war am 26. September im Beisein vieler Staats- und Regierungschefs sowie von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in Cartagena unterzeichnet worden, wurde dann aber entgegen allen Prognosen von der Bevölkerung abgelehnt.

In dem seit 1964 andauernden Bürgerkrieg in Kolumbien sind mehr als 340.000 Menschen ums Leben gekommen. 45.000 Menschen gelten noch als verschwunden und etwa sieben Millionen Kolumbianer wurden vertrieben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.